Zwölf

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- Der Ierona-Wald, der sich an die südlichen Ausläufer der Sentona- Ebene anschmiegt, ist seit jeher Stoff für eine Fülle an Legenden. So erzählt man sich etwa, dass tief in seinem Inneren eine Stadt, erbaut von Elfen jeder Gattung, verborgen liegt. Ich glaube nicht, dass je ein Mensch diese Stadt mit eigenen Augen gesehen hat, jedoch gibt es zahlreiche Berichte von Leuten, die sich weit in den Wald vorgewagt haben und dort vermehrt Elfen auf den Rücken verschiedenster Kleintiere reitend beobachtet haben wollen. Warum Wesen, die dem Fliegen mächtig sind, sich jedoch einem erdgebundenen Reittier bedienen sollten, erscheint mir höchst rätselhaft und ist meiner Meinung nach der Beweis dafür, dass diese Behauptungen allesamt Mumpitz sind.

Gendor, Geschichtenerzähler auf dem Markt von Sentonis

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Der Weg durch den Ierona-Wald ist nur möglich für uns, da er die direkteste Verbindung zwischen der Sentona-Ebene und dem Großteil vom Rest Mathairas darstellt. Deshalb gibt es eine Art Straße, der wir folgen können. Auch wenn ich diese mir so unbekannte Landschaft unaufhörlich bewundere, ist das einzig Spannende, das uns im Wald begegnet, eine Gruppe Wolpertinger, die unseren Weg kreuzt. Die kleinen Wesen sehen auf den ersten Blick aus wie Hasen, jedoch haben sie Flügel, die allerdings nicht funktionstüchtig sind und ein kleines Geweih auf dem Kopf. Ich muss schmunzeln beim Anblick dieser seltsamen Geschöpfe, denn bei uns in Sentona gelten sie als Glücksbringer. Sie sind als Mischwesen aus der Zusammenkunft der verschiedensten Tiere entstanden und sind somit – so glauben die Menschen – der Beweis dafür, dass Liebe alle Grenzen sprengen kann. Mir hat diese Geschichte schon immer gefallen. Wie wohl die Liebesgeschichte meiner Eltern ausgesehen haben mag? Der Gedanke versetzt mir einen kleinen Stich und dieser Gefühlsregung folgend, starte ich meinen ersten Versuch, etwas Licht in die Dunkelheit des Geheimnisses um meine Herkunft zu bringen. Allerdings muss ich schnell feststellen, dass Eerosah, der viel Zeit seines Lebens in Galarad verbracht hat, zwar eine beträchtliche Menge über die Welt der Begabten weiß, jedoch scheinen seine Einblicke nicht so weit zu reichen, dass er meine Hoffnung erfüllen kann.

„Arélia ... der Name sagt mir schon etwas. Ich kann nur nicht sagen, woher. Tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen. Vielleicht hatten wir einmal eine Kundin, die diesen Namen trägt. Aber wer weiß, ob es dann dieselbe Arélia ist, wie die, nach der du fragst? Woher kennst du sie denn?"

Ich bin so entmutigt, dass meine erste Hoffnung verdorben ist, dass ich vorübergehend nicht bereit bin, die Wahrheit mit ihm zu teilen. „Ist nicht so wichtig, danke."

Er sieht mich einen Moment skeptisch an, doch scheint dann zu akzeptieren, dass er vorerst nicht mehr erfahren wird.

„Ich sage dir trotzdem Bescheid, sollte mir noch etwas einfallen."

Am späten Morgen des fünften Tages unserer Reise erreichen wir das Ende des Waldes, an das sich die kleine Stadt Oddva anschmiegt. Haymon beschließt, hier einen kurzen Halt einzulegen, um die Vorräte für das letzte Stück unserer Reise aufzufüllen. Auch, wenn wir heute noch nicht lange unterwegs sind, bin ich nach Tagen in derselben Haltung froh, mir meine Beine ein wenig vertreten zu können. Wir halten auf einem großen Platz, wo an anderen Tagen möglicherweise ein Markt stattfinden könnte und während Haymon in eines der Gasthäuser verschwindet, schlendere ich ein paar Meter im Umkreis um unseren Wagen. Dabei komme ich an einer Hausecke vorbei, hinter der zwei Männer stehen und sich angeregt, aber in gemäßigter Lautstärke unterhalten. Ich bin drauf und dran schnell weiter zu gehen, um nicht so zu erscheinen, als würde ich sie belauschen, als etwas, was einer der beiden sagt, meine Aufmerksamkeit erregt.

„Und das ist schon das dritte Feuer, das in den letzten Tagen hier in der Gegend ausgebrochen ist. Ich sage dir, das ist doch nicht mehr natürlich!"

Schlammbuch - Aufbruch der Elemente [überarbeitet, abgeschlossen]Hikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin