2. Wahre Kunst ✔

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It's you, because no one else makes sense.

Lied : Fingertips ~ Tom Gregory

"Du sabberst!", wirft mir Candice unverblümt an den Kopf und ich schrecke auf. Ertappt blinzle ich sie an und wische mir schnelle mit dem Ärmel über den Mund.

Eine Lüge, ich sabbere überhaupt nicht.

Sie grinst kauend und legt ihr Käsebrot weg. Dabei rutscht die Gurke in die grüne Box zurück, was mich zum schadenfrohen Grinsen bringt.

"Was denn?", frage ich unschuldig, als hätte ich Sebastian gerade nicht wie ein naives, verliebtes Mädchen angestarrt.

"Ja genau, was denn?" Sie rollt mit den Augen. "Red doch heute einfach in Kunst mit ihm. Du hast dir das seit einem Jahr vorgenommen und nie mehr als ein Hallo raus bekommen. Wie willst du ihn denn Kennenlernen? Durchs Anstarren?"

Dafür erhält sie einen hilflosen Blick von mir und als Extra noch mein (selbst-)mitleidigstes Seufzen, ehe meine Augen wieder zu Sebastian gleiten. 

"Das hab ich nicht gesagt, ich will nur auf den passenden Moment warten.", wehre ich mich kläglich.

Candice schlägt die Augen nieder und greift, nachdem sie mich letztlich doch noch intensiv und ergebnislos anzusehen versucht hat, nach ihrem Brot. Ein ungerösteter Toast. Ich versteh sie diesbezüglich nicht, wie kann sie nur sowas labbriges essen. Das schmeckt doch nicht... Egal. 

"Wie wars gestern beim Essen? Du hast ihm ja scheinbar nicht die Augen ausgekratzt oder die Haut abgezogen." Mit wackelnden Augenbrauen beißt sie in den Toast und hat erneut meine Aufmerksamkeit errungen.

Ach ja, meine Drohungen...

Gestern noch habe ich mich bei Candice über das Essen beschwert und mich bei ihr ausgeheult, dass meine Mom mich seit sechs Jahren wieder zwingt, dabei sein zu müssen. 

Sprich, ich konnte weder sagen ich wäre mit ihr oder Linda verabredet, noch, dass ich zu meiner Oma wollte.

Wie meine Mom so grausam sein kann? Ganz einfach, sie will nicht akzeptieren, dass ich Clive hasse. Und mein Dad ist nicht besser, denn er grinst darüber nur amüsiert.

"Ich musste mehr oder weniger Babysitter spielen. Die 'Erwachsenen' wollten noch etwas geheimes ohne mich, Benji und das Ekel besprechen.", knurre ich finster. "Einfach nur dumm, sorry, aber ich verstehe nicht, wieso wir überhaupt alle an den Tisch geschleift werden mussten. Ich meine Benji hätte sicher auf Clive aufpassen können und ich hätte... mir eine schicke Ausrede für Eliza und Thomas ausgedacht."

Sie zieht eine Augenbraue empor und kaut weiter.

"Keine Ahnung warum oder was so geheim ist.. Sie sagen mir nichts... Jedenfalls waren wir drei dann in meinem Zimmer oben und, Di, ich wollte sterben! Aber ihn zuerst umbringen." Ich beuge mich ein Stück zu ihr, dass es ja nicht das Mädchen mit der roten Brille aus der Unterstufe hören kann. Ihr wisst schon, die, die sich sowieso nicht für einen Niemand wie mich interessiert, aber man weiß ja nie... "Du weißt ja wo ich meine Unterwäsche habe, also wenn ich sie nicht in die Schublade räume?"

Candice nickt langsam und kraust ihre Stirn. Eine leise Vorahnung schleicht sich auf ihr schmales Gesicht.

"Da lagen noch ein paar Sachen und ER muss natürlich einen Spruch reißen. Ich bin so froh, dass Benji das nicht kapiert hat! Ich hätte ihn töten können.", wetterte ich aufgeregt. Am liebsten hätte ich meinen Kopf gegen die nächstbeste Wand geschlagen oder auf den Tisch... Allein der Gedanke daran lässt meine Gesichtsfarbe eine Nuance rötlicher werden -schwer zu sagen, ob aus Scham oder Wut.

Clive | Original | √Where stories live. Discover now