66. Rosige Weihnacht ✔

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Love all, trust a few, do wrong to none. - William Shakespeare

Song: Ghosts - Laura Marling

"Wir fahren jetzt nicht mehr!"

„Clive, ich...-"

„Nein. Nichts. Wir fahren jetzt nicht mehr. Es schneit jetzt schon schlimmer als deine Rede eben war. Was denkst du ist in zwanzig Minuten los?!"

Unruhig klopfe ich mit dem Zeigefinger gegen die Kommode. Allmählich beginne ich meine Entscheidung zu bereuen, mich von Clive überreden zu lassen dieses Lebkuchenhaus zu basteln.

Mein Kleid ist jetzt übersäht mit Zuckergussflecken und hier und da klebt noch immer eine Zuckerperle oder Glitterstern. Nicht zu vergessen die feinen Streusel getrockneten Eischnees in meinem Haar – Clive fand es lustig...

Und jetzt scheint der Wettergott es endgültig ungut mit mir zu meinen.

Zugegeben, unter diesen Bedingungen ins Auto zu steigen ist verrückt. Schlichtweg wahnsinnig, aber es ist Heiligabend und ich wäre wirklich gerne bei meiner Familie.

Ich habe am Telefon auch nicht wirklich aus Moms Stimme etwas lesen können, glücklich klingt anders, aber sauer war sie auch nicht... es war seltsam.

Jetzt weiß ich, dass Clive recht hat. Wir können bei diesem Wetter wirklich nicht fahren. Bei Dunkelheit zu fahren ist ekelhaft, bei Kälte im Winter und Glatteisgefahr zu fahren noch schlimmer, aber bei Dunkelheit, Kälte, Winter und so einem Schneefall... nein!

Jedes entgegenkommende Licht fühlt sich dann an als würde man direkt in einen gigantischen Laserpointer schauen. Die Schneeflocken tanzen so dicht vor deiner Nase wie Menschen sich in Japan vor den U-Bahnen drängen und es braucht nur einen winzigen Schlenker, wegen des Glatteis – Zack, bist du verunsichert.

„Dann sollen wir hierbleiben?"

Er zuckt mit den Schultern, wiegt den Kopf hin und her. Das ist seine Art von Ja, schätze ich.

„So hab ich mir das nicht vorgestellt.", seufze ich und lasse die Schlüssel zurück auf die Kommode wandern.

„Ich auch nicht."

Clives Lippen sind zu diesem unverschämten Grinsen verzogen. Egal wie sehr er sich bemüht sehnsüchtig zu klingen, seine Freude über... naja, die jetzige Situation ist nicht zu überhören.

„Okay Mister... was hattest du dann für dich heute geplant?"

„Mister?"

„Klappe."

„Ich dachte ich sollte dir meinen Plan mitteilen."

„Clive!"

„Okay, okay. Der Plan war Käse-Macaroni und auf Einbrecher warten."

Ich werfe ihm einen warnenden Blick zu, doch er scheint das nur äußerst amüsant zu finden, was mich wiederum fuchsig macht.

„Ich wollte Lasagne machen und mir dann 'Kevin allein zuhause' reinziehen."

„Was?"

„Was was?"

„Du wolltest den Film anschauen?"

„Ähm ja? Klassischster Weihnachtsfilm ever?"

„Nein!"

„Doch!"

„Nein, das ist ja bitte 'Der Grinch'."

„Der Grinch? Wo lebst du denn, den schaut man am Tag vorher."

Clive | Original | √Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt