Experimente Teil 3

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Jan pov

Ich zog mich erschrocken zurück und rutschte etwas von Tim weg.
Beinahe hätte ich mich in dem Kuss verloren.
Defensiv verschränkte ich meine Arme, stellte ein neugierig, gleichgültiges Gesicht her und sah zu Tim.
Er saß gerade da.
Lippen geteilt, Atem schnell, seine Augen waren dunkel mit und die Pupillen erweitert.
Dann schüttelte er den Kopf und blickte mich an.

Mein Herz geriet kurz ins Stocken, seine Lippen waren vom Küssen leicht geschwollen und rosa.
In seinen Augen spiegelte sich Verlangen.
Kurz überlegte ich mir ob ich ihn zurück ziehen sollte, doch sofort wollte ich mich schlagen. Es war bloß körperliche Anziehung, die hatte ich bei Tim, im Laufe unserer Freundschaft schon öfter gesehen.
Da allerdings nur auf Mädchen.
Als er mir letzte Woche von seinem Kuss mit dem Typen erzählt hatte, war zuerst etwas Eifersucht durch mich geschossen.
Weil nicht ich diese einmalige Gelegenheit bekommen hatte.
Doch als er von den Gefühlen erzählt hatte, die der Kuss in ihm ausgelöst hatte, musste ich mich sehr zusammen reißen um den erfreuten Jubel für mich zu behalten.
Schließlich könnte das eine  unglaubliche Chance für mich sein unsere Freundschaft in etwas mehr zu verwandeln.

Heute morgen allerdings war alle Hoffnung von mir gewichen.
Egal wie sehr ich Tim liebte, ich konnte mir nicht leisten eine Beziehung mit ihm einzugehen und ihn dann zu verlieren wenn wir uns trennten.
Außerdem hieß ja, dass er einen Kuss von einem Jungen toll fand nicht, dass er genauso über einen von mir denken würde.
Es gab niemanden der mit Gisela so gut zurecht kam wie Tim und ich konnte nicht ohne ihn.
Also beschloss ich meine Gefühle weiter zu ignorieren und Tim einfach zu helfen.
Egal wie die Konsequenzen für meine Gefühlswelt  aussehen würden. Außerdem liegen mir Beziehungen sowieso nicht.

Wenn ich das laut gesagt hätte wüsste jeder Zuhörer dass ich eigntlich nur mich selbst davon überzeugen wollte.

Als ich meine Gedanken wieder mehr oder weniger beisammen hatte drehte ich mich zu Tim und fragte vorsichtig: „Und? War das okay?“
Er nickte vorsichtig.
„Ich denke schon.“
In diesem Moment beschloss Gisela wieder ein lautes „SCHWUCHTEL!“ Von sich zu geben.
Tim grinste. „Ne, Gisela. Schwul bin ich nicht. Dafür aber bi, denke ich mal.“
Dann drehte er sich zu mir um und lächelte mich breit an.
„Danke Jan. Ich weiß, dass nicht sehr viele sowas einfach mal machen würden. Aber...“
Bevor Tim seinen Satz beenden konnte slappte Gisela ihn einmal gegen den Arm beugte sich nah an ihn und rief laut: „Ich hab dich angeschwult!“

Wir mussten wie so oft beide lachen und beschlossen dann eine Runde Gassi mit Henry zu gehen.

In den folgenden Tagen  konnte ich fühlen wie sich die Dynamik zwischen meinem besten Freund und mir veränderte.
An manchen Tagen war Tim fast wie immer.
An anderen, oft nach Nächten in denen wir feiern gewesen waren, war er still.
Und an noch anderen war er praktisch die ganze Zeit in meinem persönlichen Raum.
Nicht dass das früher anders gewesen war aber das hier war stärker.
Es waren nicht immer nur die üblichen Berührungen, die knapp an der Grenze zwischen besten und festen Freunden kratzten, sondern welche die definitiv drüber lagen.
Diese Tage waren die an denen wir feiern gingen oder Zeit mit mehreren unserer anderen Freunde verbrachten.
Es war einfach nur seltsam.
Früher konnte ich Tim wie ein offenes Buch lesen aber im Moment gab sein Verhalten mir Rätsel auf.

Noch etwa eine Woche später gingen wir feiern.
Tim hatte mir erzählt dass er sich später mit einem Freund treffen wollte und ich musste noch Bewerbungen schreiben. Also verabredeten wir nicht zu lange zu bleiben und gingen tanzen.

Nach kürzester Zeit riss die sich bewegende Menge uns auseinander und ich konnte, obwohl ich die Menge mehrfach durchsuchte, Tim für mehrere Minuten nicht sehen.
Als ich ihn wieder sah, wäre ich am liebsten sofort aus dem Club gerannt.
Tim tanzte mit einem Kerl der vieleicht zwei Jahre älter war als er.
Doch was mir diese immer stärker werdende Übelkeit in den Magen trieb war wie sie tanzten.
Die Hände dieses Typen lagen auf Tims Arsch, Tim hatte seine eine Hand in den schwarzen Haaren des anderen vergraben und lehte sich nah an ihn.

Meine Brust tat weh.
Schon in einer anderen Nacht im Club hatte ich gemerkt wie viel schlimmer es war, Tim jetzt mit einem Kerl tanzen zu sehen als mit einem Mädchen.

Bei einem Mädchen hatte ich mir immer sagen können: Gut er steht halt nicht auf Kerle.
Aber jetzt hatte ich die traurige Gewissheit dass Tim mich nicht, nicht wollte weil ich das falsche Gescecht hatte, sondern weil ich, ich war und das war ungefähr hundert mal schlimmer.

Vieleicht tue ich Tim hiermit Unrecht, ich meine er mag mich offensichtlich.
Er ist schließlich mein bester Freund, aber er wird mich nie so mögen, nein lieben, wie ich ihn liebe.

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(Ich habe mich heute morgen übrigens mega gefreut als ich gesehen habe dass diese Story inzwischen mehr als 200 votes hat.
Also danke fürs Voten, lesen, kommentieren ich freue mich da wirklich total drüber.)

Ich hab das oben mal in Klammern gesetzt weil es ja nicht mehr ganz aktuell ist.
Ich hab mich damals aber so sehr gefreut dass ich das hier jetzt nicht löschen will

GiK - Tian ONESHOTSWo Geschichten leben. Entdecke jetzt