8.

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Mein Kopf hämmerte so sehr, dass ich mich dazu entschloss meine Augen noch geschlossen zu halten obwohl ich schon länger wach war. Die Zeit währenddessen nutzte ich dafür, um meine Erinnerungen zusammen zu kratzen, jedoch war das gar nicht so leicht. Ich wusste weder wie ich nach Hause gekommen war, noch wo meine Schwester überhaupt abgeblieben ist. Eigentlich war es aber kein Wunder, denn mein Hirn schien zu pochen als ob es bald den Geist aufgeben würde. Irgendwann dann traute ich mich endlich und rieb mir erst durchs Gesicht, bevor ich mit einem lauten Grummeln die Augen öffnete. Als ich erst realisierte, dass ich gar nicht im Gästezimmer meiner Schwester war setzte ich mich ziemlich hastig auf und schaute hektisch in alle Richtungen, bis ich direkt in Romans Gesicht vor mir guckte. Ich lag auf einem riesigen Sofa, eingepackt in eine dicke, kuschelige Decke und meine Beine lagen quer über seine, da er am Fußende saß und Fußball guckte. Entsetzt schaute ich an mir herunter und betete gleichzeitig nicht nackt zu sein. Dann bemerkte er, dass ich wach war und begann mich anzulächeln. Ich hatte ein viel zu großes Shirt an, das wohl von ihm sein musste. Verlegen kratzte ich meinen Hinterkopf: "Äh" machte ich mit ziemlich kratziger Stimme. Er zeigte auf ein großes Glas Wasser das neben mir auf dem Beistelltisch stand: "Aspirin auch?" fragte er fürsorglich. Meine Hände umschlossen das Glas zitternd wie einen heiligen Gral. Ich schüttelte leicht den Kopf: "Noch nicht." krächzte ich. Roman musste kichern: "Soll ich die Heizung anstellen du Zitteraal? Ist total kalt geworden über Nacht. Ich glaube der Spätsommer ist jetzt auch zu Ende." nuschelte er vor sich hin. Es schien mir als hätte er ein wenig sein Hochdeutsch währenddessen verloren und musste grinsen. Trotzdem wollte ich wissen, warum zur Hölle ich überhaut hier war und hackte nach. Roman kratzte sich nachdenklich am Hinterkopf: "Naja, ich glaube wir haben irgendwann die anderen verloren und da haben wir uns gedacht es sei besser einfach zusammen ins Taxi zu steigen." erklärte er lückenhaft. Alle Versuche mich daran zu erinnern scheiterten. Mein Kopf tat noch nie so weh: "Kann ich doch 'ne Aspirin bekommen?" fragte ich also kleinlaut. Ich entlockte Roman ein amüsiertes Lächeln. Er stand sofort auf und war innerhalb weniger AUgenblicke schon wieder da und warf mir das Pulvertütchen auf den Schoß. "Ich muss gleich laufen gehen, wenn du willst kannst du dann in Ruhe duschen." erklärte er. Ich nickte wortlos, war irgendwie angespannt. "Lass uns danach frühstücken gehen!" grinste er dann euphorisch. Schon wieder nickte ich wortlos. Diesmal aber lächelte ich dabei. Es vergingen keine fünf Minuten, da war er weg. Ehrlich gesagt war ich etwas erleichtert und suchte direkt das Bad in seiner ziemlich großen, modernen Wohnung und schmiss mich unter die Dusche. Schon als die ersten Tropfen des heißen Wassers meine Haut berührten ging es mir besser und ich fühlte mich nicht mehr ganz so hundeelend. Danach wickelte ich ein Handtuch um meinen Körper und föhnte meine langen blonden Haare trocken, mit dem Föhn der zufällig auf der Armatur lag. Als ich fertig war hörte ich Schlüssel, die auf eine Ablage geholt wurden und stapfte so wie ich eben war in Richtung Flur. Perplex blieb Roman stehen, durchlöcherte mich zunächst, bevor er sich räusperte. "Du hast nicht zufällig irgendwelche Klamotten hier herum liegen, von einer Ex-Flamme oder so?" grinste ich. Schließlich konnte ich ja nicht in meinem Kleid von gestern Abend frühstücken gehen. Zum Glück hatte ich noch Sneaker in meine Handtasche gefummelt, ich kannte mich schließlich und wusste, dass ich es nicht lange auf Pumps ausshalten würde. Er sollte sich mal nicht so anstellen, schließlich hat er am Meer in Rumänien wohl mehr von mir gesehen als in diesem dämlichen Handtuch. "Du siehst ja ohne verriebene Schminke unter den Auge viel gesünder aus als eben." scherzte er um die Situation aufzulockern. Daraufhin verschwand er und kam kurz darauf mit einer Jeans und einem Langarmshirt auf dem Arm wieder. Ich lachte: "Das ist ja echt super!". Er wurde rot: "Das gehört aber keiner Ex von mir. Die Klamotten hat die Freundin meines Bruders mal hier vergessen." erklärte er schnell. Mit einem amüsierten Kopfschütteln schloss ich mich im Bad ein, zog mich an und wartete danach bis Roman mit dem duschen fertig war und wir endlich etwas essen konnten. Obwohl diese ganze Situation äußerst bizarr war, fühlte ich mich ziemlich wohl. Nur durfte ich keinesfalls das Wesentliche aus den Augen verlieren: meinen Bericht. Wie ich das noch in der kurzen Zeit hier in Dortmund schaffen sollte wusste ich nicht. "Ich finde es echt lustig, dass Vera deine kleine Schwester ist. So klein ist die Welt." grinste Roman, als wir zu Fuß am Phönixsee zu seinem Lieblingscafé spazierten. Er war wirklich schön, aber mit meiner Alster konnte er nicht mithalten. "Ja" lächelte ich "aber zusammen mit Bella ist sie schrecklich nervig.","Achja, Bella hast du ja auch kennen gelernt. Super nett oder?","Naja, ich weiß nicht. Ich kenne sie ja nicht, aber so ganz gesonnen bin ich ihr nicht.","Sag das nicht, aus solchen Aussagen entstehen meistens gute Freundschaften. Das war bei Marco und mir auch so.","Das du alle dem noch so positiv gegenüber trittst wundert mich." murmelte ich. Roman wurde ruhig. Ich wusste nicht, ob das bedeutete dass ich im Recht war oder ob er mir etwas verheimlichte, aber das war mir irgendwie auch egal. Ich hatte genug Stress mit meinem eigenen Leben, dieses hier in Dortmund war das meiner Schwester und ich würde morgen eh wieder nach Hamburg zurückkehren und all diese Menschen nie wieder sehen. Also was soll's. "Ich werde Bella eh nicht näher kennen lernen, Morgen geht's nach Hause." erwähnte ich nach einer kurzen Stille. "Echt?" fragte er enttäuscht. Verwundert schüttelte ich den komischen Gedanken den ich deshalb hatte ab und freute mich auf das Frühstück das auf mich wartete.

Der KeeperWo Geschichten leben. Entdecke jetzt