"Elena, du solltest dir wirklich überlegen ihn anzuzeigen, was ist wenn er nochmal wieder kommt?" fragte mich Roman besorgt. Er stellte die zwei Gläser Wasser die er gerade aus der Küche besorgte leise auf meinem Couchtisch ab und setzte sich danach neben mich. Keine zwei Sekunden später legte er eine große, weiche Wolldecke über unsere Beine. Hinter meinem Kopf spürte ich, wie sein Arm sich auf die Sofalehne legte. Ich fühlte mich geborgen in seiner Nähe. "Ehrlich gesagt habe ich ihn schon einmal angezeigt, kurz bevor ich nach Rumänien gegangen bin aber habe die Anzeige wieder zurück gezogen." murmelte ich beschämt. Als ich ihn das erste mal im richtigen Licht betrachtete, stellte ich schockiert fest, dass sein Auge rötlich-blau gefärbt war. "Oh nein Roman!" krächzte ich wehleidig mit heiserer Stimme. Ohne zu überlegen rutschte ich näher an zu ihm und streichelte behutsam mit meinem Daumen über sein angeschwollenes Auge. Er schloss es mit schmerz verzogenem Gesicht und zog währenddessen scharf Luft ein. "Du musst das sofort kühlen! Man das tut mir so leid! Ich hätte da niemanden mit reinziehen dürfen!" ärgerte ich mich traurig und wollte gerade aufstehen, um ihm ein Kühlpad zu holen, da zog er mich an meinem Handgelenk zurück und drückte meinen Rücken, mit seinen plötzlich um meine Mitte geschlungenen Armen, gegen sich und seine trainierte Brust. Leise murmelte er mir ins Ohr: "Du kannst da nichts für. Wie gesagt, ich hatte so ein Bauchgefühl. Dir braucht nichts leid tun." Sein warmer Atem der meinen Nacken streifte und seine plötzliche Nähe erzeugten bei mir eine derbe Gänsehaut. Ich versuchte aber, es zuzulassen. Weil es unglaublich gut tat. Meine zunächst angespannten Muskeln lockerten sich also mit jeder verstreichenden Sekunde. "Würdest du morgen mitkommen zur Polizeiwache?" fragte ich nach einigen Sekunden nachdenklicher Stille. Ich spürte wie er hinter mir nickte und lächelte erleichtert. Unglaublich, wie zusammengeschweißt wir inzwischen waren. Es wunderte mich ein bisschen und ich konnte mich kaum daran zurückerinnern, wie es dazu kam.
Roman schlug vor noch irgendeine Serie zu schauen, um herunter kommen zu können. Ich vergaß, dass er morgen noch zum Training musste.
Deshalb wachte ich am nächsten morgen, stöhnend vor Schmerzen auf und rieb mir den Nacken. Roman und ich sind doch tatsächlich auf der Couch eingeschlafen. Draußen schien die Sonne gerade erst aufzugehen, der leichte Lichteinfall schien direkt auf Roman. Ich beobachtete ihn beim Schlafen. Sah zu, wie seine Brust sich in regelmäßigen Abständen auf und absenkte. Sein Gesichtsausdruck war, abgesehen von seinem blauen Auge, sehr zufrieden und friedlich. Behutsam legte ich meine Hand auf seinen Bauch und streichte darüber: "Roman aufstehen!" flüsterte ich, um ihn nicht zu erschrecken. Es half aber nicht, er schreckte direkt auf und schaute mich dann perplex an: "Oh, wir sind ja eingeschlafen." murmelte er und rieb sich den Hinterkopf. Ich nickte zustimmend. "Sag mal, musst du eigentlich zum Training?" fragte ich vorsichtig. Er schüttelte entspannt seinen Kopf: "Zum Glück erst am späten Nachmittag.". Ich nickte. Es war noch früh, kurz überlegte ich ihn schon zu fragen, ob wir direkt zu Polizei wollten, aber Roman nahm mir die Entscheidung ab. Er stand auf und machte mir einen Tee. Danach legte er die Decke unter der wir heute Nacht gemeinsam lagen um mich und drückte mich kurz vorher zurück in die Couch: "Ruh dich noch etwas aus. Ich gehe fix duschen. Okay?","Ja, okay. Aber-","Keine Sorge ich finde schon alles im Bad." räumte er meine Zweifel aus und verschwand kurz darauf im Flur. Ich lächelte während ich ihm hinterherschaute. Irgendwie bereute ich, dass ich vor einigen Wochen so fies über ihn geredet hatte und ihn unsensibel nannte. Er war total sensibel und es war ihm total wichtig sich um mich zu kümmern. Ich war ihm unglaublich dankbar. Meine Gedanken kreisten plötzlich um den gestrigen Abend. Ich begann, das erlebte revu zu passieren und versuchte es zu verarbeiten. Es gestaltete sich aber als etwas schwierig. Moritz wusste nun wo ich wohnte. Das machte mir unglaubliche Angst. So etwas wie gestern, das wollte und konnte ich nicht noch einmal erleben. Ich wollte mir nicht vorstellen was passiert wäre, wenn Roman nicht gekommen wäre. Ich war ihm für immer dankbar und er hatte recht. Ich musste Moritz nun Anzeigen. Ich durfte nicht zulassen, dass er meinen Neuanfang hier un Dortmund zerstörte. Es war zwar ein schwieriger Start hier, aber ich war mir sicher, es konnte nur noch besser werden. Es musste.
Sobald ich mich aus meinen Gedanken reißen konnte, zog ich mich in meinem Schlafzimmer um und machte mich frisch, als Roman fertig mit dem Duschen war. Als ich aus dem Bad kam, stand ein wunderschön angerichteter Tisch vor mir und Roman hatte sogar Pancakes gemacht. Mein Herz ging auf und meine Augen leuchteten: "Wow, vielen Dank." grinste ich und setzte mich direkt zu ihm. Roman winkte ab: "Gerne." und wir frühstückten gemütlich vor uns hin.
Irgendwann wurde es jedoch wieder ernst und das war wichtig und vor allem richtig so. Roman und ich begaben uns zur Polizeiwache. Sein blaues Auge sah schrecklich aus, doch er wollte es einfach nicht kühlen. Ich fragte mich, was er den anderen später sagen würde, warum es so aussieht. Kurz vor der Tür blieb ich abrupt stehen und atmete tief ein und aus. Roman streichelte mir sanft über den Rücken: "Ich habe angst." murmelte ich. "Brauchst du nicht, ich bin ja da. Das ist wichtig ihn jetzt anzuzeigen." erklärte er mir nochmal. Ich nickte und schaute ihn geknickt an. Er lächelte mich warm an. Sein optimistischer Blick traf mich direkt, als ich zu ihm hoch sah. Er schenkte mir irgendwie kraft. Dennoch konnte ich nur wie angewurzelt davor stehen bleiben. Dies ging so lange, bis Roman willensstark nach meiner Hand griff und unsere Finger sich automatisch ineinander verschränkten. Etwas, das sich anfühlte wie ein kleiner Stromschlag bahnte sich seinen Weg von meiner Hand, zu meinem Arm bis in mein Herz. Es war jetzt wohl so weit. Ich musste mich endlich diesem Problem stellen und diesmal wirklich. Es durfte kein zurück mehr geben, wie beim letzten mal. Aber jetzt, mit Roman an meiner Seite, würde es bestimmt nicht passieren und es fiel mir im Endeffekt leichter als gedacht.

DU LIEST GERADE
Der Keeper
FanfictionDer Erfolg eines mit Diplom abgeschlossenem Journalismus-Studiums reichte ihr nicht aus. So suchte die 24-Jährige Hamburgerin Elena nach Antworten. Sie wollte wissen, warum ein erfolgreicher Start ins Berufsleben ihr nicht ausreichte. Genau deshalb...