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"Wie ich sehe, hast du gearbeitet." ertönt eine dunkle Stimme und während ich innerlich panisch zusammenzucke, bleibe ich äußerlich ruhig. "Und wie ich sehe, hat sich dein Bezug auf die Privatssphäre nicht geändert." erwiedere ich und drehe langsam meinen Kopf. Alucard steht in der Ecke meiner Wohnung und nimmt seine Brille ab. Die roten Augen sehen mich an, als wäre ich etwas lang verlorenes, dass nun endlich wieder zurück gekehrt ist. Und anhand SEINER Gefühle kann ich sagen, dass er mehr als nur erleichtert ist, mich an einem Stück und wohl auf zu sehen. Obwohl ich dachte, dass unser Band zerbrochen wäre.

Alucard kommt zu mir hinüber und stellt sich dann leicht schräg hinter mich. Ich sehe wieder auf die Tafel, die mir am meisten Kopfzerbrechen bereitet. Die, für den Aufbau des Viruses. An sich ist es klar. Du hast etwas und musst es zerstören. Aber so einfach ist es leider nicht, ansonsten wären so manche Dinge anders abgelaufen. "Es muss die Hölle selbst sein, wenn ihr mich braucht." sage ich, um die Stille ein wenig zu vertreiben. "Wir hätten beinahe Seras verloren. Und sie kämpft noch immer gegen den Virus." erwiedert er und ich halte die Luft an, während ich mich blitzschnell zu ihm umdrehe. "Bitte? Hab ich grad richtig gehört?!"

Seras Victorias. Die direkte Untergebene von Alucard und mit seinem Blut aufgezogen wordene. Alucard sieht mich ernst an und nickt. "Was ist passiert?" Auch wenn ich es will... die Sorgen um meine ehemalige Familie kann ich nicht unterdrücken. Es entsteht eine Pause und ich greife den schwarzhaarigen an seine Schultern, ehe ich ihn durchschüttle. "Verdammt! Alucard! Sag, was los ist! Spucks aus!" Es ist, als wäre ich keine sieben Jahre von Hellsing weggewesen. Ich merke, dass ich sie nie aus meinem Herzen habe rausschmeißen können. Ich habe sie vielleicht in das hinterste Eck verbannt, aber nie ganz losgelassen.

Alucard sieht mich kalt an. "Was hat das dich zu interessieren? Du bist kein Teil von Hellsing." Ich erstarre und schlucke, ehe ihn zögerlich los lasse und wie damals einen Schritt zurück gehe. Wieder habe ich den Drang, abzuhauen. Den Drang, ihn wieder zu vergessen. ALLES wieder zu vergessen! Aber ich schüttle den Kopf und funkle ihn mit einem Augen an. "Das endet nicht so wie vor sieben Jahren, Alucard! Du verletzt mich nicht wieder so!" knurre ich und trete wieder einen Schritt nach vorn. Dann lege ich ihm einen Finger auf die Brust und sehe ihn aus zusammengekniffenen Augen an.

"Du hast mich einmal so sehr verletzt, dass ich abgehauen bin. Und ich habe es fünf der sieben Jahre verdammt noch eins bereut!" Wut und Frustration. Diese beiden Gefühle überwiegen. Vor allem aber wegen mir selbst bin ich so wütend und frustriert. Dass ich das alles einfach so zugelassen habe. Ich hebe meinen Finger von seiner Brust und gehe an ihm vorbei. Ihn anzusehen ist, als würde man Öl in das Feuer kippen. "Verschwinde." flüstere ich, spüre ihn aber immer noch in meiner Wohnung. Er bewegt sich keinen Millimeter. Warum kann er nicht einfach verschwinden? Wieso... Wieso zieht er das alles in die länge?

Die Wut und die Frustration werden so stark und vermischen sich mit Schuldgefühlen, dass sich Tränen in meinen Augen bilden und diese an meinen Wangen hinab laufen. Ich beuge mich nach vorn und das Handtuch, genau wie meine langen Haare die mich jetzt nerven, fallen nach vorn. Wobei das Handtuch auf den Boden fällt. Immer noch spüre ich ihn hier und ich drehe mich zu ihm um. Mit einem Tränenüberströmten Gesicht. "Verschwinde endlich!" rufe ich mit zitternder Stimme und ich kann sehen, wie verblüfft er ist. Er hat mich noch nie weinen sehen. Niemand hat das.

Mir wird alles zu viel und ich breche auf dem Boden zusammen. Meine Haare fallen vor mein Gesicht und verdecken es. Es dauert einen moment, ehe die Präsenz Alucard's endlich verschwindet. Stumm heulend lasse ich mich auf die Seite fallen und lasse es raus. Die Trauer. Die Wut. Die Frustration. Die Schuld. Die Selbstzweifel, die wieder aufgetaucht sind. Alles, was ich an negativen Gefühlen habe. Aber auch die positiven, wie Sorge, wird ein Teil davon und alles vermischt sich zu einem Gefühlschaos der extra-Klasse. Und auch fremde Gefühle eines gewissen Schwarzhaarigen mischen sich dazu. Auch er hat Frustration. Wut. Trauer und Sorge.

Ich scheine auf dem harten Holzboden eingeschlafen zu sein, denn auf jenem erwache ich. Meine Wangen Salzverkrustet und mein Kopf schmerzend. Die Augen ausgetrocknet. Langsam stehe ich auf und muss gähnen, ehe ich mich strecke. Das morgendliche Sonnenlicht strahlt durch die vergilbten Fenster in die Wohnung und lässt alles irgendwie friedlich erstrahlen. Als wäre alles nur ein schlechter Traum gewesen. Einer, den ich sofort wieder vergessen habe. Aber als ich auf die Tafel mit dem Virus sehe weiß ich, dass es kein Traum war. Das Bild mit allen der Hellsing-Organisation hängt dort und erinnert mich an gestern. Trotzdem stehe ich auf und gehe ersteinmal auf die Toilette.

Ein schnelles Frühstück aus Eiern, Reis und Orangensaft und schon gehe ich zu meinem Schrank, um mich auf eine meiner eigenen Missionen vorzubereiten. Ich brauche neue Blutproben für die Experimente der Vampirpest. Und dazu möchte ich so wenig Risiken wie nur irgend möglich ausgesetzt sein. Meine Haare binde ich mir zu seinem strengen Zopf zusammen, sodass sie mir nicht im Weg umgehen. Hier kann ich mir keine Verletzung leisten. Eine Gasmakse kommt über mein Gesicht und meine Kleidung ist lang und weiß.

Weiß auch nur, damit ich das kontaminierte Blut auf der Kleidung sehen kann. In einem kleinen Rucksack habe ich alles dabei, was ich brauche. Probenröhrchen. Spritzen. Messer. Etwas zu trinken und Kekse, was mich menschlicher Hunger überkommen sollte. Ich esse zwar eh weniger als sonst, aber immer etwas dabei zu haben ist beser, als dann am ende ohne etwas da zu stehen. Meine Pistole kommt an die rechte Hüfte und mein Katana und das Chokuto an die linke. Erst dann gehe ich zur Wand und springe wie immer so ersteinmal auf das andere Dach, ehe ich mich auf den Weg auf das Land mache.

VampirpestWhere stories live. Discover now