Mein Leben war perfekt. Ich durfte mein Traumjob studieren, meine Familie war das was man eine Idealfamilie nennen würde und ich hatte zwei gute Freundinnen. Es schien auch als hätte die Welt endlich aus ihren Fehlern gelernt. Kurz um: es schien all...
Wenn man dauernd von den Kriegen der letzten Jahren gehört hat, war es klar, dass die Menschheit bald einen dritten Weltkrieg beginnen würde. Es schien doch immer, dass die Menschen nicht aus ihren Fehlern lernen würde. Irgendwann würden sie sich wieder auslöschen. Doch ich dachte nicht, dass es heute soweit ist. Ich dachte nicht, dass ich den dritten Weltkrieg erleben würde. Leider habe ich falsch gedacht. Noch am gestrigen Tag wurde der dritte Weltkrieg in Deutschland bekannt gegeben. Der Feind: die USA. Der Verbündete: Frankreich. Und wir drei sitzen im Auto und wissen nicht wie es unserer Familie geht. Ob die noch leben oder nicht. Wir wissen nicht einmal wo sie sind, denn es könnte sein, dass sie schon gestern geflohen sind. Oder sie sind am Ort geblieben, da niemand denkt, dass sowas passiert. Würde meine Uroma heute noch leben, sie würde lachen ehe sie es begreifen würde. Sie würde sagen, dass es doch verwunderlich wäre, jetzt plötzlich ein Krieg zu haben, wo doch ihre Generation, die Generation Kriegsurenkel, erst am Aussterben ist.
Ich wollte aus diesem Logbuch ein Reiselogbuch machen, doch jetzt wird es ein Zeugnis von dem was passiert. Ich kann nicht viel zu heute schreiben, da wir drei eine Krisensitzung gemacht haben. Und wir haben uns entschlossen, erstmal wieder heim zu fahren. Und dann zu schauen, wer da noch lebt. Deswegen sind wir heute über Feldwege immer weiter hochgefahren. Leider ging es nicht weit hoch, da mein geliebtes Auto mitten auf dem Weg liegen blieb. So wie ich die Sache sehe, hat es ein Motorschaden erlebt. Nur weiß ich nicht, wieso. Es war vor dem Urlaub noch in der Werkstatt. Wir haben dann in jeder Werkstatt angerufen, nur leider nie jemand erreicht. Es scheint als würde die Gegend zu einer Geistergegend werden. Deswegen haben wir nur unsere wichtigsten Sachen zusammengepackt und sind los gegangen. Das Auto holen wir später. Wir sind soweit gegangen wie wir konnten. Nun sind wir irgendwo im nirgendwo. Zum Glück haben wir vorsorglich ein Zelt eingepackt, weswegen wir nun ein Dach überm Kopf haben. Und unsere Schlafsäcke sind auch nicht schlecht, weswegen es schön warm ist.
Ich muss ehrlich gestehen: ich habe Angst. Ich habe schreckliche Angst. Was ist, wenn ich daheim ankomme und meine Eltern sind tot? Was ist, wenn sie gar nicht da sind? Mir schwirren tausend Fragen im Kopf rum. Ich weiß nicht einmal, ob ich dadurch schlafen kann. Den anderen beiden ergeht es genauso. Kein Mensch kann nachvollziehen, was wir jetzt erleben müssen. Die Menschen, die die ersten beiden Kriege erleben mussten, sind tot. Die anderen haben nur die Nachwehen erlebt. Und wir, wir erleben jetzt den Krieg hautnah. Was ist, wenn wir bald sterben müssen? Wenn die nächste Bombe uns trifft? Wieso tut ein Mensch nur sowas? Wir sind doch alle gleich. Warum haben die Menschen nichts gelernt? Ich muss jetzt aufpassen, sonst fällt bei mir bald die Tränen. Hätte ich nicht Pite, mein Braunbär-Kuscheltier, dabei, ich weiß nicht was ich tun würde. Pite gibt mir gerade viel Kraft und vor allem die Hoffnung, dass alles gut wird. Ich drück jetzt einfach die Daumen, dass alles gut wird. Hoffentlich. Ich werde mich morgen wieder melden. Hoffentlich sind wir dann weiter.
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Kurz aber knackig (und bissle spät) geht es weiter. Zur kurzen Erklärung des Wortes "Kriegsurenkel":
Es gibt offiziell drei Generationen, welche durch den Krieg geprägt sind:
- Kriegsgeneration oder auch "Kriegseltern": die Erwachsenen, die den Krieg miterlebt haben oder sogar mitgestaltet haben. Sprich alle die mit dabei waren.
- Kriegskinder: die Kinder der Kriegseltern. Waren zum Zeitpunkt des Krieges relativ jung oder kamen kurz nach Kriegsende auf Welt. Haben ebenfalls Erfahrung durch Flucht, Mithelfen etc.
- Kriegsenkel (neu): dieser Begriff wurde neu mit aufgenommen. Die Kinder der Kriegskinder. Haben den Krieg nicht mehr mit erlebt. Dafür aber die psychischen Schäden der Eltern.
Kriegsurenkel ist kein offizieller Begriff, jedoch denke ich das jene Kinder, die vor der Jahrtausendwende geboren wurden, tatsächlich noch etwas von ihren Eltern vererbt bekommen haben.
