25.12.2073

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25.12.2073

Es soll Weihnachten sein. Man sollte beieinander sitzen, Geschenke auspacken und einfach nur die Wärme der Familie genießen. Schon lange ist Weihnachten nicht mehr religiös. Es gibt in meiner Zeit auch keine übergeordnete Religion. Das muss ja ein großes Problem von der vergangenen Zeit gewesen sein. Dieser Hass auf alles und jeden, der anders ist. So was kannte ich nicht. Bis jetzt.

Noch immer herrscht der Ausnahmezustand. Wir drei haben Angst, was noch kommen kann. Am tapfersten ist Liz, welche gerade mutig weiter geht. Sie sagt sich, solange wir noch nicht tot sind, heißt es weiterkämpfen und unsere Familie retten. Morgen können wir mit unserer Familie fliehen. Morgen sind wir daheim. Und dann wird Finja in Paris anrufen und alles wird gut. Man darf die Hoffnung nicht aufgeben, denn die Hoffnung stirb zuletzt. Wenigstens ist das Wetter gut. Sonnig, aber nicht warm. Perfekt für eine Wanderung. In dieser Zeit benötigt man den Sarkasmus noch.

Während unserer Wanderung sind wir auch noch in ein, zwei Städte gekommen, wo wir die Hoffnung auf ein Zug oder Bus hatten. Aber da war nichts. Absolut nichts. Als wäre alles schon verwaist. Im Laden, der tatsächlich offen hatte und noch ein paar Reste hatte, erklärte man uns, dass die Regierung aufgrund des Angriffs, jeglichen Verkehr eingeschränkt hat, um eine mögliche Verseuchung zu unterbinden. Kaum zu glauben, aber die meisten Menschen sitzen fest. Es soll auch kaum noch Benzin für Autos geben, weil die meisten schon abgehauen sind. Denn es gab noch einen Angriff, direkt auf Berlin. Dort wo Berlin gewesen war, soll jetzt nur noch ein Krater sein. Wir stecken also mitten im Krieg. Immerhin hilft uns momentan Russland, das nächste Ziel des Präsidenten.

Was ich aber nicht verstehe, ist das England an der Seite Amerikas kämpft. Als hätten die Engländer den Verstand verloren. Wieso tut England das? Ist es wirklich nur weil Amerika soviel von England hat? Weil sie ein gemeinsame Vergangenheit und Sprache haben? Ich versteh es nicht. Wie kann man sich mit Mördern verbünden?

Ich sollte aufpassen, sonst weine ich wieder. Aber ich habe Angst. Was wird noch alles passieren? Wie lange kann ich noch laufen? Meine Füße tun jetzt schon weh. Ich will nicht mehr draußen schlafen. Ich habe keine Lust mehr. Das ist doch so bescheuert. Kann ich die Zeit nicht einfach zurückdrehen? Kann alles nicht einfach nur ein böser Albtraum sein? Ich vermiss meine Eltern, meine Familie, meine Kommilitonen, sogar meine Professoren. Ich will einfach nur noch mein normales Leben zurück.

Finja meinte, ich solle jetzt Schluss machen. Wir müssen morgen den letzten Weg gehen und sollten deswegen schlafen. Wenn ich das überhaupt kann. Ich schreib dann morgen weiter.

Als die Welt verfielWhere stories live. Discover now