Kapitel 36

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POV Erzähler

Das ist so einfach, dachte Jason. Kinderleicht.

Er konnte ihre Schuhe sehen, die zwischen den zwei Kisten hervorschauten. Sie lag direkt neben dem Wasserbecken. Sie dachte wohl, er könnte sie nicht sehen. Dachte, die Dunkelheit würde sie schützen.

Falsch gedacht.

Langsam kroch er näher und beobachtete seine Beute durch das Nachtsichtgerät. Brachte all seine Fähigkeiten zum Einsatz. Er war lautlos. Unsichtbar.

Er hatte den Rand des Beckens erreicht. Lächelte in sich hinein. Sie hatte sich nicht bewegt, lag reglos zwischen den Kisten. Wahrscheinlich war sie starr vor Angst. Wie gelähmt bei dem Gedanken an ihn. Daran, was er mit ihr machen würde.

Wie recht sie hatte.

Denn jetzt, wo sie es wieder gewagt hatte ihm weh zu tun, seine liebe zu ihr verschmähte, konnte er mit ihr machen was er wollte.

Und es gab viel, was er mit ihr machen wollte. Sie würde kein leichtes, kein schnelles Ende haben. Er würde jede Sekunde auskosten. Die letzten Tage waren voller Wut und Unsicherheit gewesen, und jetzt bot sich die Gelegenheit etwas Spaß zu haben.

Er zog sein Messer, hielt es aber verdeckt. Er wollte nicht, dass sie die rasiermesserscharfe Klinge aufblitzen sah. Sie sollte es erst sehen, wenn es zu spät war.

Während er sich immer weiter heranschlich, überlegte er, von welcher Seite er kommen sollte. Vielleicht von hinten, wo der Generator stand? Ja. So wäre die Überraschung für sie am größten. Und der Schock.

Vorwärts, immer weiter vorwärts.

Gesichter tanzten vor seinen Augen. Frauen. Seine Mutter. Seine Ärztin aus dem Gefängnis. Alles Huren. Jede Frau, der er in seinem Leben begegnet war. Eine Hure.

Alison.

Die Schlange wand sich aufgeregt.

Alison ganz besonders. Wie sie ihm ausgewichen war, ihn verspottet hatte. Zurückgewiesen. Das hatte ihn wütend gemacht. Hatten all die Gefühle von früher wieder an die Oberfläche gebracht. Huren, alles Huren.

Damals hatte er sie sich genommen. Sie hatte sich gewehrt, hatte versucht, ihn wegzustoßen, aber natürlich hatte es nichts genützt. Er war viel stärker als sie. Sein Hunger, sie zu besitzen, war größer gewesen als ihr Wunsch, ihm zu entkommen.

Er hatte sie sich genommen. Auf jede nur erdenkliche Weise. Sie gehörte ihm.

Manchmal hatte er geweint, hatte sich schuldig gefühlt, sich für seine Taten gehasst. Dann war die Wut gekommen. Auf sie, weil sie ihn dazu getrieben hatte. Auf sich selbst, weil er sich dafür hasste. Aber im Grunde war sie schuld. Sie wollte ihn verlassen, sie hatte sich von ihm abgewandt. Sie hatte es nicht anders verdient, hatte ihn und seine Liebe nicht verdient. Das wurde ihm nun klar. Er würde zuerst sich an ihr austoben, und dann diesem Ben einen Besuch abstatten.

Er lächelte. Näher. Fast hatte er sie erreicht...

Er bewegte sich vorsichtig um die Ecke der Kisten. Geduckt, lautlos wie ein Panther. Ein Geschmeidiges, gnadenloses Raubtier.

Jetzt war sie genau vor ihm. Sah immer noch die spitzen von ihren Schuhen, sie hatte sich nicht bewegt. Sie rechnete bestimmt damit das er von vorne kam.

Fast hätte er laut gelacht. Er hatte eine Überraschung für sie...

Er schlich sich ganz dicht an sie heran, das Messer gezückt, den Arm ausgestreckt...

Und blieb stehen. Nein. Vor ihm lag keine sich vor Angst windende Frau, nein. hinter der Kiste waren nur ihre Schuhe, doch keine Alison...

„Du Schwein!"

Ein scharfer Schmerz an seinem Hinterkopf. Seine Knie gaben nach, seine Hände fuhren instinktiv dorthin, wo der Schmerz herkam. Er fiel auf den Boden und ließ dabei das Messer fallen.

„Du verdammtes Schwein!"

Wieder ein Schmerz, diesmal viel stärker. Er spürte, wie sein Schädel brach, hörte in seinem Kopf wie er aufriss.

Es gelang ihm sich umzudrehen. Hinter ihm stand die Frau, die er glaubte zu lieben, Alison. In ihren Händen hielt sie einen der Betonsteine, die er vor die Kisten geschoben hatte.

Sie hatte ihn hereingelegt.

Die Hure hatte ihn hereingelegt. Ihn.

Wut kochte in ihm hoch. Mit einem Schrei versuchte er sich aufzurichten.

Erneut ließ sie den Stein auf ihn heruntersausen, diesmal traf sie ihn im Gesicht. Er spürte, wie Knochen brachen und etwas Warmes in seine Augen lief.

Panisch versuchte er, es wegzuwischen. Er blinzelte. Öffnete die Augen gerade lange genug, um zu sehen, was sie als Nächstes vorhatte.

Sie hatte die zwei Kabel aus dem Wasserbecken in der Hand. Sie waren mit dem Generator verbunden, die feuchten blanken Drahtenden sprühten zischend Funken. Sie hielt sie an der Isolierung und schob sie ihm entgegen.

„Kratz ab! Kratz ab, du verdammtes Schwein!"

Sie hielt ihm die Kabelenden an die Brust, und der Strom schoss durch seinen Körper.

Er konnte nicht mehr weg, konnte nicht mehr die Hände heben, um sie abzuwehren, um die Drähte wegzuschlagen. Der Strom war zu stark.

Sie hielt die Kabel weiter gegen seine Brust gedrückt, die Funken sprühte und sich aufbäumte. Sein Körper zuckte und schüttelte sich.

Er sah ihr ins Gesicht. Sah eine feixende Alison. Grinsend sah sie ihm beim sterben zu. Rachselig und glücklich. Er wollte seine Hand nach ihr austrecken, doch Dunkelheit umhüllte ihn.

„Haben Sie was von ihm gehört?", fragte Wade die gerade angekommene Katrin. Sie schüttelte den Kopf. „Nein, nichts. Sein Letzter Anruf kam von den Docks. Er muss also noch da drinnen sein." Sagte sie, und zeigte auf das alte leerstehende Gebäude der Dock Transit Company. Sie sah zu, wie das bewaffnete Sonderkommando das Gebäude umstellte. Wads Team hatte nicht einmal Zeit gehabt, nach dem vorherigen Einsatz die Schutzkleider auszuziehen „Stehen ihre Männer bereit?" Wade trat einen Schritt auf sie zu. „Natürlich, sie betreten jeden Moment das Gebäude." Katrin Nickte. Doch plötzlich schoss ihr ein Gedanke durch den Kopf. Panisch drehte sie sich zu Wade um.

„Warten sie noch."

„Auf was?" Wade war verwirrt.

Katrin sah ihn mit weit aufgerissenen Augen an. „Sie wissen was er mit dem Boot gemacht hat, wer sagt das er nicht auch Bomben im Gebäude angebracht hat. Sie können da doch nicht einfach mir nix dir nix hineinstürmen." Katrin sah seine Angespannte Mine. Auch Wade schien dieser Gedanke erst jetzt gekommen zu sein. „Ich habe den Zugriff bereits autorisiert." Panik schwang in seiner Stimme mit.

„Sargent Wade", sagte sie. „Sagen sie ihrem Team, sie sollen – „

Zu Spät. Die Rückseite des Gebäudes explodierte in einer Flammenwand.

By your side! - Benedict Cumberbatch FFWhere stories live. Discover now