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George mochte Rory nicht. Nicht das er jemals zu ihm unfreundlich gewesen wäre,  er mochte ihn schlicht nicht. Den jungen Musiker hatte er vor kurzem in Hamburg kennen gelernt, als die Beatles und die Hurricanes zusammen musiziert hatten. Schon damals hatte George sich nicht wirklich für die einzelnen Bandmitglieder interessiert. Ausserdem hatte er Rory und seine Band immer schon als Konkurrenz gesehen. Sie waren ebenfalls aus Liverpool, sie waren bekannter und verdienten mehr. Aus Gründen die George nicht verstehen konnte, verstand sich John äusserst gut mit Rory. Und so kam dieser bei ihren abendlichen Barbesuchen mit. Genau wie heute.
George nahm etwas verbittert einen Schluck seines Bieres und hörte Paul gelangweilt zu, der, während er von irgend einem Mädchen erzählte, wild mit den Händen gestikulierte. 
Am Ende dieser eher mässigen Geschichte, zuckte George bei Rory's lautem Lachen, das schon mehr einem Brüllen ähnelte, zusammen. Hasserfüllt blickte er Rory an. George wollte ihm schon zurechtweisen, hielt aber den Mund und nahm schnell noch einen Schluck. Er war nicht besonders erpicht drauf, einen Streit anzufangen.
«Was ziehst du denn für ein Gesicht, Georgie?»
Georges Gesicht brannte als er zu seiner Rechten schaute.
Pete schaute ihn amüsiert an. Seine Wangen waren vom Alkohol gerötet und seine Augen funkelten.
George schaute auf seine Hände und mied den Blickkontakt.
«Rory», murmelte er.
Pete blickte zu Rory und zog unbeeindruckt eine Augenbraue nach oben. Doch auch er schüttelte nur den Kopf und sagte nichts. Stattdessen rückte er zu George näher und beugte sich vor um Georges etwas ins Ohr zu flüstern.
«Geo, ich-», doch George unterbrach ihn mit hochrotem Kopf indem er sich zu Rory wendete und laut fragte: «Wieso bringst du eigentlich nie deine Bandmates mit?»
Die Frage interessierte George kein bisschen, im Gegenteil, doch es war das erst Beste, was ihm eingefallen war.
Etwas verwundert, dass George mit ihm sprach, runzelte Rory die Stirn.
«Ich weiss nicht so recht... Wärt ihr Cool damit?», er kratze sich verlegen am Kopf.
John lachte laut auf.
«Auf jeden Fall, Mann! Kanns kaum erwarten!«
Innerlich ohrfeigte sich George selbst. Rory's Bandkollegen waren sicherlich ein Abbild seiner Selbst. Er konnte wirklich auf mehr Rorys verzichten.
«Ach, ich bin so vergesslich! Wie hiessen deine Mates nochmals?», fragte Paul interessiert und beugte sich etwas vor. Gut kennengelernt hatten die vier die Hurricanes nie. Es hatte  entweder an Zeit, um nach den Proben zusammen etwas zu unternehmen, gefehlt, oder, in Georges Fall, die Lust.
«Also da ist noch Lou, Ty und Johnny. Ach ja, und natürlich unser Drummer, Ringo»
George schüttelte den Kopf. Ringo, was für ein bescheuerte Name.
«Wieso habt ihr alle eigentlich Künstlernamen?», fragte Pete und griff nach dem Knabberzeug, das auf dem Tisch lag.
Rory lachte darauf und meinte: «Wir haben einfach zu beschissene Namen. Obwohl ich ja keinen trage...»
Überrascht platzte aus George heraus: «Du heisst wirklich Rory Storm?»
«Ja, Kleiner», zwinkerte er ihm zu. Genervt verdrehte George die Augen. Kleiner. Er war immer der Kleine. Der von niemandem ernst genommen wurde. George blickte vorsichtig zu Pete. Er hatte zur Abwechslung ein freundliches Lächeln auf den Lippe statt das neckende Grinsen. George wurde abermals rot und blickte stattdessen zu John, der gerade dabei war, eine Zigarette anzuzünden.
«Kann ich auch eine haben?», keuchte er und John hielt ihm Seine lässig hin. George nahm die bereits glühende Zigarette und nahm einen Zug. Er entspannte sich etwas und lehnte zurück.
«Was ist denn mit dir los?», fragte John lachend und zündete sich eine neue an.
George blickte etwas genervt zu Pete. Dieser Junge machte ihn wahnsinnig! «Nichts. Gar nichts»
Pete funkelte ihn beleidigt an und rutschte zu George hinüber sodass sich ihre Beine berührten.
«Gar nichts?», Pete hatte wieder sein Grinsen gefunden. George wollte wegrücken, doch Pete hatte seinen Arm um Georges schmalen Hüften gelegt und zog ihn nur noch näher zu sich. Panisch blickte George zu John, doch der hatte sich einem Gespräch mit Paul gewidmet.
Pete beugte sich zu Georges Ohr.
«Weißt du, du kannst mir nicht ewig aus dem Weg gehen»
George wurde heiss und gab es auf, sich zu befreien.
«Offenbar nicht», sagte er und versuchte dabei ruhig zu klingen.
Pete lächelte und George merkte wie seine Hand von seiner Hüfte ihren Weg zu seinem Oberschenkel fand. Er atmete laut aus und blickt sich um. Alle waren mit sich beschäftigt und könnten natürlich nicht sehen was unter dem Tisch war.
George hoffte inständig, dass er nicht allzu rot war.
«Lass das!», zischte er und wollte Pete's Hand von sich nehmen, doch diese wanderte nur weiter nach oben und George hatte alle Mühe, kein Geräusch von sich zu geben. Schweratmend packte er Petes Hand und riss sie gewaltvoll weg.
«Mach das nie wieder wenn wir in der Öffentlichkeit sind!», fauchte George.
Pete lachte leise.
«Und wenn wir nicht in der Öffentlichkeit sind?»
Langsam reichte George Petes unverschämte Art.
«Dann auch nicht!»
Er schüttelte grinsend den Kopf und beugte sich vor.
«Ach, Georgie», flüsterte Pete und küsste ihn unauffällig am Hals. Georges Nackenhaare stellten sich auf.
«Du kleiner Bastart», hauchte er.
Pete kicherte belustigt. George wollte etwas erwidern doch Pete starrte plötzlich an ihm vorbei. Als er seinem Blick folgte blieb ihm der Mund offen stehen. Rory hatte wohl ein Mädchen gefunden, denn er sass mit ihr eng umschlungen und knutschend zwei Tische weiter. Aber das war nicht das Seltsame. John und Paul... Sie sassen näher als nötig bei einander und Paul spielte kichernd mit Johns Haaren während dieser behutsam Pauls Hand streichelte. Und dies äußerst Auffällig.
«Wieviele Drinks hatten die Beiden schon?!», fragte George entsetzt und schaute sich um, ob die Leute ihnen schon angewiderte Blicke zuwarfen.
«Zu viele», lachte Pete und machte keinen Anstand um die beiden zu unterbrechen.
«Best!», zischte George,«Es ist illegal!»
Pete's Miene verdüsterte sich. Sein Lächeln war verschwunden.
«Denkst du so darüber?», sagte Pete leise und meinte eindeutig nicht Paul und John. George wurde Rot.
«I-Ich...»
«Du hast recht, wir sollten Sie nach Hause bringen», unterbrach Pete ihn kalt.
George wollte etwas sagen, wusste aber nicht was.
Nach dem George und Pete lange auf die Turteltauben eingeredet hatte, standen diese endlich auf. Händchen haltend und grinsend. Pete und George schoben sich zwischen die beiden und legten ihnen jeweils einen Arm um die Schulter. So machten sie sich auf den Weg zu ihrer gemeinsamen Wohnung. Sie wohnten nicht weit und so hatten sie ihr Heim nach einer Viertelstunde Fussmarsch schon erreicht. Als Pete dabei war, die Tür aufzuschliessen, schluchzte Paul plötzlich laut auf.
«Ich hab euch lieb, Jungs»
George lachte und schüttelte den Kopf.
«Ich auch», sagte er und Pete hob verwundert eine Augenbraue. George verdrehte grinsend die Augen.
«Ich auch», brüllte John viel zu laut und die Beatles brachen in Gelächter aus.
Sie betraten die Wohnung und jeder ging in sein Zimmer um sich bettfertig zu machen.
In Gedanken versunken zog George sich die Klamotten aus und schlüpfte ins Bett.
Versuchend, seine Gedanken ordnen, wälzte er sich hin und her.
Nach einer Weile, George war schon fast eingeschlafen, hörte er seine Tür aufgehen.
Paul stand in seinem gestreiften Pyjama im Türrahmen.
«Kann nicht einschlafen...», murmelte er verlegen und starrte zu Boden.
George seufzte und hob seine Bettdecke. Paul wurde im betrunkenem Zustand immer zurück ins Kindesalter versetzt, das hiess: er brauchte mehr Aufmerksamkeit und Zuwendung als sonst. Grinsend schlüpfte er zu ihm ins Bett und umklammerte Georges Arm als wäre er ein Teddybär.
Nur wenige Augenblicke später erschien auch John in Georges Schlafzimmer.
«Will nicht allein schlafen», flüsterte er und gesellte sich ohne Georges Zustimmung zu den Beiden ins Bett. Paul besetzte die linke Seite des Bettes und so nahm John die rechte ein und schloss George so in die Mitte.
«Super...», stöhnte er und hoffte inständig, dass nicht auch noch Pete hinzukommen würde. Natürlich war dies aber der Fall.
«Gruppenkuscheln, he?», lachte er und setzte sich an dem Bettrand.
«Sieht ganz so aus», George blickte weg.
«Kommst du auch, Petey?», fragte Paul halb schlafend. Pete blickte zu George. Er wartete wirklich auf Georges Erlaubnis. Dieser seufzte abermals und nickte ihm zu. «Komm»
Grinsend schmiss sich Pete neben Paul.
Lange Zeit blickten die Beatles schweigend zur Decke. Alle vier hatten viel zum nachdenken.
Irgendwann dann flüsterte John:
«Good Night, fellas»
«Bitte schnarcht nicht», jammerte George mit schon geschlossenen Augen.
«Golden Slumbers», gähnte Paul.
George grinste in sein Kissen.

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