"Willst du mit mir frühstücken?"

Überrascht hob ich meinen Kopf an und erkannte ein leichtes Lächeln auf seinen vollen Lippen. Er wirkte einladend, und der Geruch von frischen Brötchen zog von der Papiertüte in seiner Hand in meine Nase.

"D-das ist nicht nötig, aber danke..."
Von dem ganzen schreien tat mein Hals weh. Er atmete hörbar aus, als ich meinen Blick wieder meinen Fingern zuwand. Er schien nett zu sein, aber eigentlich war es mir etwas unangenehm, so gesehen zu werden.

"Wirklich nicht? Ich wohne gleich da vorne, und es wird auch sonst keiner da sein. Und ein zwei Brötchen schaden doch nie, oder?"
"... Okay, danke..."

Dankbar nickte ich und zeigte ihm ein leichtes Lächeln. Tatsächlich fühlte ich mich etwas schwach, also konnte ein wenig essen nicht schaden.

Ich hob meinen Rucksack vom Boden auf und nahm schnell mein Handy in die Hand. Meiner Mutter schrieb ich eine Nachricht, dass ich in einem Cafe frühstücken würde und danach direkt in die Schule ging. Dabei fiel mir die Uhrzeit am oberen Rand des Displays auf. Ich saß etwa eine halbe Stunde lang auf dieser Brücke.

"Kanns losgehen?", fragte der ältere, was ich mit einem nicken bestätigte. Auf dem Weg sagte niemand etwas. Eine entspannte Atmosphäre lag über uns.

Meine Schritte waren klein und langsam. Ich hatte echt keine Kraft mehr. Mein Kopf schmerzte und mein gesamter Körper zitterte an Kälte und Schlaflosigkeit. Nach ein paar Minuten schweiften meine Gedanken ab.

Wieso war dieser Typ überhaupt so früh schon draussen? Er musste erwachsen sein, denn ansonsten würde er ja nicht alleine leben. Aber... Wieso hatte er mich angesprochen? Sah ich etwa so verzweifelt aus, dass man mich schon auf der Straße anspricht?... Sagen alle nicht immer, man soll nicht mit fremden Leuten mitkommen?

Kurz zweifelte ich daran, dass meine Entscheidung mitzukommen so schlau war. Fragend blickte ich auf den Hinterkopf des jungen Mannes vor mir. Seine Haare waren hellbraun, höchstwahrscheinlich gefärbt, und sahen weich aus. Seine Schultern waren breit und seine Jacke sah warm aus. Insgesamt machte er den Eindruck, ein guter Kerl zu sein.

Scheiß drauf, was alle sagen.

"Und da sind wir auch schon..."
Er zog einen Schlüsselbund aus seiner Hosentasche und schloss die Tür zu dem großen Gebäude vor uns auf. Drinnen war es kalt, und der Geruch erinnerte mich an einen verstaubten Aschenbecher.

Wortlos lief ich ihm hinterher ein paar Treppen hoch. Schließlich hielt er vor einer der Wohnungen an und schloss die Tür zu ihr auf. Nach ihm trat ich ein und lief durch den schmalen Flur.

Die Wände waren weiß gestrichen, und die Möbel waren aus dem gleichen dunklen Holz wie der Boden. Ein paar schmutzige Sneaker standen hinter der Tür. Neben sie stellten ich und der braunhaarige unsere Treter.

Es gab drei Zimmer. Links ein Badezimmer, rechts eine kleine Küche und am Ende des kurzen Ganges ein Schlaf- und Wohnzimmer. Alle Türen standen offen, also konnte ich sehen, dass die Zimmer alle relativ klein waren.

"Ich weiß, es ist keine Villa, aber es ist ein Zuhause."
"Also ich finde es schön hier... So beruhigend."

Ich lächelte ihn zum ersten mal richtig an. Kurz darauf trat er durch die Tür am Ende des Ganges und schmiss seine Jacke auf das Bett, das in der hintersten Ecke stand. Ich tat es ihm gleich. Ausser diesem Bett gab es nicht sehr viel mehr Einrichtung. Eine Kommode stand gegenüber von dem Bett, auf ihr ein kleiner Fernseher. Am anderen Ende des Zimmers stand ein Esstisch mit vier Stühlen. Drei von ihnen sagen so aus, als ob sie schon lange nicht mehr berührt wurden.

Er sah mir dabei zu, wie ich das Zimmer betrachtete, und ließ sich dabei auf den rausgezogenen Stuhl fallen. Ein schiefes Grinsen zog über sein Gesicht, als ich zufrieden ausatmete und mich erst einmal gegen die Heizung, die an der Wand zwischen Bett und Kommode unter einem Fenster war, lehnte. Ich war komplett unterkühlt und genoss die Hitze.

Wir sahen -eher starrten- uns quer durch den Raum an. Es war irgendwie seltsam, aber gleichzeitig erwischte ich mich selbst dabei, wie ich anfing zu Lächeln. Langsam wurde mir wieder warm und das Gefühl kehrte in meine Finger und Zehen zurück. Schließlich stand ich auf und setzte mich gegenüber von ihm.

"Kim Seokjin.", gab er schmunzelnd von sich. Ich wusste nicht wieso, aber ich musste auch leicht lachen, als ich ihm meinen Namen sagte.
"Lee Minah."

Er legte die Tüte mit Brötchen auf den Tisch und verschwand kurz in der Küchen. Man hörte eine Schranktür auf und zuklappen, und kurz darauf tauchte er mit Tellern, Besteck, Honig und Marmelade wieder auf. Gierig schmierte ich mir etwas Honig auf eines der Brötchen und biss hinein. Es schmeckte göttlich.

"Wie kommt es dazu, dass eine Schülerin um halb sieben bei null Grad auf einer Brücke sitzt und halbtot auf das Wasser starrt?"
"Das ist eine gute Frage, auf die ich keine Antwort habe.", nuschelte ich mit vollem Mund, ohne zu stottern. Hätte ich nicht dieses Brötchen in meiner Hand bewundert, hätte ich vielleicht sogar Augenkontakt hergestellt.

Mein Gegenüber lachte leise. Es hörte sich fast so an, als ob er mich ärgern wollte. Es war so, als ob wir beide für immer hier sitzen und essen konnten, ohne dass die Welt etwas bemerkt.

"Und wieso warst du schon so früh da draussen?"
"Das ist eine gute Frage, auf die ich keine Antwort habe." Er stellte seine Stimme hoch und machte mich nach. Lachend biss ich erneut in das Honigbrötchen und sah ihm beim kauen zu.

"Oh mein Gott, wieso schmeckt das auf einmal so gut?!"

Begeistert schmierte ich mir noch ein Honigbrötchen und knabbert daran herum. Währenddessen führten wir beide etwas Smalltalk.

"Aber Newt hat das ja mal überhaupt nicht verdient."
"Eben! Welcher Autor denkt sich denn 'ach ja, ich gebe dem Liebling von jedem einfach mal die Arschkarte'?"

𝗟𝗲𝘁'𝘀 𝗻𝗼𝘁 𝗳𝗮𝗹𝗹 𝗶𝗻 𝗹𝗼𝘃𝗲 | 𝐁𝐓𝐒Unde poveștirile trăiesc. Descoperă acum