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"Girl, du siehst fantastisch aus."

Schief grinsend legte Cherry den Duschkopf aus der Hand und half mir, aus meiner knieenden Position vor der Badewanne aufzustehen. Die nassen Haare klebten in meinen Gesicht, was mich aber nicht weiter störte. Ich wollte in den verschmutzten Spiegel sehen, wurde aber gleich wieder umgedreht und in Jin's Schlafzimmer geführt.

Der blasse Koreaner lag auf seinem großen Bett und schaltete gelangweilt auf den kleinen Fernseher umher. Als er die Schritte hörte, blickte er in unsere Richtung. Seine Augen weiteten sich, kurz bevor er sie wieder zusammenzog und breit lächelte. Dieses Lächeln...

"Sieht mega aus, oder?" "Total.", Sprachen die beiden Älteren, während Jin auf mich zukam. Er war schon fast eine Folter, als Cherry extra langsam ihren Föhn rausholte und ein Spray in meinen Haaren verteilte. "Jetzt mach doch mal schneller!", rief ich schließlich lachend.

Nach etwas über fünf Minuten stellten sie sich wieder prüfend vor mich. Als beide begeistert nickten und Daumen nach oben zeigten, rannte ich zurück in das kleine Badezimmer.

"Wow..." Überrascht starrte ich mich selbst im Spiegel an. Meine Haare hatten die Farbe von Erdbeereis. Ein warmes, helles Rosa zog sich vom Ansatz nach unten, wo es an den Spitzen ein wenig heller wurde.

Unfähig, mich zu bewegen starrte ich in den kleinen Spiegel. Ich sah so anders aus. Die Farbe passte perfekt zu meinen Wangen, deren rosane Farbe durch das Make-up schien. Auch die Kürzung der Spitzen meiner Haare ließen diese lebendiger aussehen. Sie glänzten schon fast.

"Cherrycherrycherry"
"Minmin?"

Seit langem wieder breit lächelnd stürmte ich auf die Ältere zu und umarmte sie. Lachend erwiderte sie die Umarmung.

"Wieso überhaupt cherry?", fragte ich nach ein paar Minuten, als ich meine Haare in der Innenkamera meines Handys bewunderte. "Tja...", grinste sie, "Ich bin ein richtiger Serien-Suchti, und in jeder zweiten amerikanischen Serie gibt es eine cherry. Irgendwie ist der Name im letzten Schuljahr hängen geblieben."

Auf einmal wurde das Handy aus meinen Händen genommen. Neugierig blickte ich über Jin's Schulter, um zu sehen, was er damit anfing. Er speicherte seine Nummer ein und rief sich danach selbst an. Das gleiche tat er dann mit Cherry's Nummer.

"Wie spät ist es überhaupt?"
"Kurz nach acht."
"... ICH VERPASSE MEINE SERIE!"

Und schon war die junge Koreanerin verschwunden. Einen letzten Blick auf ihre kunterbunten Haare konnte ich mir noch erhaschen, bevor die Tür hinter ihr ins Schloss fiel.

Kurz war es leise, bis ein Seufzen durch das Zimmer zieht. Das Handy landete auf der hölzernen Tischplatte, als ich meinen Blick zu Jin wandern ließ. Dieser hockte wieder auf seinem großen Bett, die Fernbedienung des ausgeschalteten Fernsehers in seiner rechten Hand. Seine Augen lagen auf den dunklen Bildschirm fixiert.

"Was ist denn los?", fragte ich leise. Schon die ganze Zeit war er so still und schien abwesend.

"Nichts", murmelte er, und rutschte ein Stück näher an die Wand. Während ich mich neben ihn setzte, redete er weiter. "Es ist nichts los, sondern war. Er ist im Winter gegangen..." Mein Augen weiteten sich, als ich Begriff dass er von seinem Bruder redete.

Seine Augen wirkten so leer, wie Glas. Unter ihnen lagen dunkle Schatten. Er sollte nicht solche Gedanken haben. So ein Mensch sollte glücklich durch das Leben hüpfen.

"Ach, was laber ich schon wieder... Du bist noch nicht mal erwachsen!", lachte er stumpf und schaltete den Fernseher ein. "Und? Du bist euch nur drei Jahre älter.", murmelte ich beleidigt und rutschte näher an ihn. Am Ende lag ich seitlich vor ihm, während er an die Wand gelehnt da hockte.

Irgendein langweiliger Film lief. Hinter mir war Jin's gleichmäßiger Aten zu hören. Nach ein paar Minuten wanderten seine Finger durch meine frisch gefärbten Haare. Er war vorsichtig, fast unmerkbar ließ er seine Finger durch sie gleiten.

Ohne es zu realisieren, schloss ich meine Augen. Seine Berührung fühlte sich so gut an, so richtig. Die Geräusche des Fernsehers blendete ich aus, genau wie das unangenehme Gefühl von meinem BH, dessen Draht sich in meine Haut bohrte.

Seine Hand wanderte weiter nach unten, bis auf meine Taille. Dort verharrte sie. Durch den Stoff des Pullis konnte ich spüren, wie sein Griff sich leicht verstärkte. Nach einem Moment legte er sich hinter mir hin. Beide Arme legten sich um meinen Körper, und sein heißer Atem war in meinem Nacken zu spüren. Es verpasste mir eine Gänsehaut.

"Ich bin so ein schlechter Einfluss auf dich."
"Und auch wenn, mir ist es egal."

Er lachte leise auf, und umarmte mich etwas stärker. Meine Hände legten sich wie automatisch auf seine. Wieder stieg mir sein Geruch in die Nase. Lavendel und Rauch. Es passte ziemlich gut zu ihm. Nicht so unschuldig und wunderschön, wie es am Anfang scheint. Und trotzdem perfekt.

𝗟𝗲𝘁'𝘀 𝗻𝗼𝘁 𝗳𝗮𝗹𝗹 𝗶𝗻 𝗹𝗼𝘃𝗲 | 𝐁𝐓𝐒Where stories live. Discover now