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Der dunkelblaue Stoff des engen Oberteils war kratzig. Zwischen meinen Eltern saß ich auf einem unbequemen Stuhl, an einem langen Tisch. Sie beide arbeiteten bei dem gleichen Unternehmen, und an diesem Abend ging die ganze Abteilung essen. Mit ihren Kindern.

Lustlos stocherte ich in der großen Portion Nudeln auf meinem Teller rum. Sie schmeckten gut, aber die lauten Unterhaltungen und die schlechte Luft ließen meinen Appetit verschwinden.

Auf einmal war die Stimme meines Gegenübers zu hören. "Na Minah, wie läuft's mit deinem Freund?" Auch wen  ich wusste, dass der junge Mann vor mir nicht ganz nüchtern war, kam mir die Frage unnötig vor.
"Ich habe keinen Freund."

Unsicher fuhr ich mir über die Unterarme, als er anfing laut zu lachen. Es war alles so laut, und es fühlte sich so an, als ob mich jeder beobachten würde. Eine Haarsträhne fiel mir ins Gesicht, die ich mit meinen zittrigen Händen schnell zurück hinter mein Ohr strich.

Es war heiß und die vielen verschiedenen Gespräche nagten an meinen Nerven. Konnten diese Leute nicht einfach mal die Fresse halten?

"Ich bin frische Luft schnappen."
Mein Vater nickte mir zu, als ich aufstand, während meinen Mutter sich weiter mit einer Freundin unterhielt. Mit meinem Mantel in der Hand ging ich auf die schwere Tür zu, und versuchte dabei, nicht gegen irgendeinen Stuhl zu laufen.

Endlich stand ich auf dem dunklen Gehweg. Mein zittriger Atem war in der Luft zu sehen.

Verzweifelt kämpfte ich gegen die Tränen an, die drohten zu fließen. Das würde die Wimpertusche verlaufen lassen, und dann würde mich jemand darauf ansprechen. Weil die Menschheit nicht weiß, dass man nicht über alles reden will.

Frustriert fuhr ich mir durch die gelockten Haare, die mich die ganze Zeit im Gesicht und an den Schultern kitzelten. Das starke Parfüm, das meine Mutter auf meinen Hals gesprüht hatte, bereitete mir Kopfschmerzen.

In den zwei Monaten nach dem Krankenhaus waren meine Eltern so lieb zu mir. Andauernden haben sie mich gefragt wie es mir ging und brachten mir oft einen Tee oder Schokolade ins Zimmer. Aber in den letzten zwei Wochen hatte das alles nachgelassen. Nun war zuhause alles wieder wie vorher. Ich fühlte mich zwar wie ein Teil der Familie, aber ohne mich wäre es auch nicht anders.

Wieso war ich heute so reizbar?
Beruhig dich... Nein, ich will mich nicht beruhigen!

Normalerweise würde ich jetzt zum Sportplatz joggen und dort meinen Frust in Basketball verpacken. Ich würde den orangenen Ball einfach immer fester auf den Boden hauen, und ihn schließlich durch das Netz befördern. Danach würde ich zu Jin gehen und mit ihm reden. Wenn er nicht zuhause war, würde ich zu Cherry gehen.

Der Gedanke an das heruntergekommenen Viertel beruhigte mich ein wenig. Dort schien jedem alles egal zu sein. Wahrscheinlich könnte man in Unterwäsche durch die Straßen rennen, und niemanden würde es interessieren.

Ich zog mein Handy aus der Manteltasche und rief Hobi an. Seine Stimme konnte mich immer aufmuntern.

Ein paar Sekunden vergingen, bis das Tuten aufhörte.
"Na? Vermisst du mich?"
"Schon irgendwie."
Aus seinen Worten konnte man das fette Grinsen heraushören.

"Was machst du so?"
"Bin in meinem Zimmer und mache dumme Quizze im Internet. Anscheinend würde ich sehr gut zu James Charles passen und als Einhorn hätte ich Wasserkräfte. Angeblich bin ich Hufflepuff. Oh und..."

Während er von seinen Testergebnissen erzählte, sah ich einer jungen Frau dabei zu, wie sie geschockt ihr Handy ansah und von einer Bank aufsprang. Dabei ließ sie ihre Zigarette fallen. Als sie aus meine  Sichtfeld verschwunden war, eilte ich zu ihren Sitzplatz und hob verzweifelt die Zigarette auf.

"Hast du schon einen Test gemacht, was deine versteckten Zauberkräfte sind?"
"Gute Idee! Warte... Hier ist einer..."

Jin hatte mir erzählt, dass man nicht gleich Raucher wird, nur weil man ab und zu mal an einer Zigarette zieht. Er tat es auch manchmal.

Zögerlich führte ich das Teil zu meinem Mund. Es klebte etwas Lippenstift daran, aber das war mir im Moment egal. Es würde bestimmt mit dem Stress helfen.

Der erste Zug war unschön. Er brannte in meinem Hals und schmeckte ganz abscheulich. Der zweite war etwas weniger schlimm.

Ich konzentrierte mich auf die Stimme meines besten Freundes, als ich mich zurück lehnte. Langsam zog ich ein drittes Mal an ihr. Dieses Mal tat es nicht mehr wirklich weh, sondern es beruhigte mich. Genüsslich stieß ich den Rauch aus.

Es fühlte sich falsch an, hier so zu sitzen und an der Zigarette einer Fremden zu ziehen. Ich fühlte mich wie ein verzweifelter Teenager. Ach warte... Ich war ja auch ein verzweifelter Teenager.

Schnell zog ich noch ein viertes Mal, bevor ich das Teil auf den Boden fallen ließ und ein paar Mal mit meinem Schuh darauf trat. Ich sollte es nicht zu sehr genießen, dann würde es noch zur Angewohnheit werden.

Leicht lächelnd atmete ich aus. Erst jetzt fiel mir auf, wie müde ich eigentlich war.

"Aber ernsthaft, Super Geschwindigkeit ist ja mal laaaahm. Wo bist du überhaupt?"
"Bei so nem komischen Essen von der Arbeit meiner Eltern. Ich habs nicht mehr ausgehalten und sitz jetzt hier draußen."
"Ach du Arme. Wieso musstest du denn mitkommen?"
"Ich zitiere: 'Du bist so ein hübsches Mädchen, dich dürfen wir doch nicht verstecken!' Und patsch, eine Ladung Parfüm in meiner Fresse. Echt ätzend."

Ein leises Lachen war am anderen Ende der Leitung zu hören. Während ich mich zurück an die alte Holzlehne der Bank lehnte, freute ich mich mit ihm befreundet zu sein.

"Und jetzt wieder zu unserem Lieblingsthema: Is he gay?"
"Wer ist der heutige Kandidat?"
"Kim Namjoon!"
"Uhh, komplizierter Fall. Entweder ein sehr netter und unschuldiger Fall von straight, oder die bottom Ausgabe von gay."

𝗟𝗲𝘁'𝘀 𝗻𝗼𝘁 𝗳𝗮𝗹𝗹 𝗶𝗻 𝗹𝗼𝘃𝗲 | 𝐁𝐓𝐒जहाँ कहानियाँ रहती हैं। अभी खोजें