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Nachdem ich geduscht und meine Tasche wieder gepackt hatte, machte ich mich auf den Weg zu Nates Etage über mir. Irgendwie war in mir das Bedürfnis, nochmal mit ihm zu reden. Oben angekommen lehnte ich mich in den Türrahmen und sah zu, wie er gerade leise mit Jordan sprach. Anscheinend wollte er nicht, dass die anderen Mitglieder im Haus etwas davon mitbekamen und beunruhigt werden. "Bist du dir wirklich sicher, Jon?", fragte der Beta und sah meinem Mate tief in die Augen. Wahrscheinlich suchte er etwas, dass ihm zeigte, dass alles nur ein großer Scherz war, der jeden Moment aufgelöst wird. "Wenn es eine andere Möglichkeit gäbe, die Sicherheit eurer Packs zu sichern, würde ich Nate nicht von seinem Rudel wegnehmen. Aber es ist die sicherste Option, die wir gerade haben und sobald sich alles geregelt hat, wird euer Alpha auch wieder kommen", erklärte ich an Nates Stelle und versuchte einen möglichst sanften Ton zu benutzen. Die Köpfe der beiden Werwölfe schnellten zu mir und sie sahen beinahe schon ertappt aus. Jordan nickte langsam mit dem Kopf und schien sich, wenn auch widerwillig mit der Situation abzufinden. Nate legte ihm eine Hand auf die Schulter: "Du wirst das hinbekommen, Jordan. Du bist nicht umsonst Beta des Rudels. Ich vertraue dir voll und ganz und zur Not kannst du immer anrufen. "Nachdem die beiden sich voneinander verabschiedet hatten, gingen Nate und ich zusammen nach unten und verließen das Haupthaus. Die Anderen standen bereits da mit gepackten Taschen und warteten auf uns. "Dann können wir jetzt endlich losfahren", meinte Sebastian enthusiastisch und lief mit federnden Schritten zu dem Auto, mit dem die vier Lycans gekommen waren. Doch das erste Problem kam direkt nach dem Verstauen unseres Gepäcks, denn wir waren sieben Leute und das Auto hatte natürlich nur fünf Sitzplätze. Bevor jemand etwas machen konnte, saßen die Zwillinge schon vorne im Auto. Caspar hinter dem Steuer und Sebastian auf dem Beifahrersitz, beide grinsten uns an. Grummelnd setzten sich die Übrigen von uns hinten ins Auto, wobei Damian und Nate jeweils an der Seite saßen und Ace in der Mitte der Reihe. Pan und ich setzten uns deshalb gezwungener Maßen auf den Schoß von je einem der Jungs. Meine Wahl viel natürlich direkt auf mein Mate und die Elbe entschied sich für Damian, mit der Begründung, sie könnte sich dann ans Fenster lehnen. Nachdem das alles geregelt war und alle mehr oder weniger sicher saßen, fuhren wir los in die Richtung des Flughafens. Kurz nach Beginn der Fahrt drehte Ace sich leicht zu mir und teilte mir mit: "Ich habe übrigens den Piloten angerufen, damit wir auch irgendwie nach Italien kommen. Mir war klar, dass du nicht daran denken würdest." "Du kennst mich aber auch zu gut. Wann können sie da sein?", fragte ich und drehte mich so, dass mein Rücken wie bei Pan an der Tür lehnte. Außerdem legte ich meine Beine noch auf den Schoß meines besten Freundes, was im Endeffekt eigentlich gar nicht so unbequem war. "Wir hatten Glück, dass der Hangar in dem der Jet gelagert wurde in der Nähe ist. Er hat gesagt, bis sie zum Start bereit sind ungefähr eine Stunde und für den Flug noch mal ein ein halb Stunden", zählte Ace alles auf und sah mich an, aber mehr als ein dankbares Nicken bekam er nicht. Die restliche Fahrt zum Flughafen verlief schweigend, während sich in meinem Kopf immer wieder kleine Erinnerungsfetzen von meiner Zeit mit Ihm in Italien abspielten. Aber es ist und bleibt der beste Rückzugsort, den wir zur Wahl hatten. In mein richtiges Zuhause nach Norwegen zu gehen, wäre zu offensichtlich und meine anderen Wohnungen waren in größeren Städten und damit zu auffällig. Durch den Verkehr brauchten wir eine ganze Stunde, um an den Flughafen zu kommen. Dort angekommen parkten wir und ließen das Auto einfach dort stehen, während wir uns auf den Weg zum Flugfeld machten. Wir schafften es uns mit der Hilfe von einer von Damians Gaben durch die eigentlich für normale Personen gesperrten Zonen zu schmuggeln. Dadurch waren wir direkt am Flugfeld angekommen und konnten dort auf den Jet warten. Nun mussten wir nur noch eine Stunde warten und je näher der Abflug rückte, desto länger wurden die Erinnerungen, die immer wieder vor meinem inneren Auge erschienen. So viele Jahrzehnte hatte ich es geschafft sie in meinem Geist zu verschließen und genau zu diesem Zeitpunkt kamen sie alle zurück.


~ Flashback Jahr 1367 ~

Riccardo und ich waren vor meiner oder mittlerweile eher unserer Hütte und sahen auf den Karersee, der wunderschön aussah im Winter mit all den Bergen drumherum. Als ich mich wieder zu meinem Liebsten drehte, fand ich ihn auf Knien vor. Meine Gedanken überschlugen sich und als er wirklich die Worte: "Würdest du mir die Ehre erweisen und meine Frau werden?" fragte, konnte ich nicht anders als ja zu sagen. Am selben Abend feierten wir unsere Verlobung in einem schönen Restaurant und es war der schönste Tag, den ich je hatte. Aber leider hielt unser Glück nur noch für wenige Stunden an.


Schnell kniff ich meine Augen zusammen und ging, ohne etwas zu sagen, ein Stück von den anderen weg. Meine Hand fand wie von selbst ihren Weg zu meiner Halskette, an der mein Verlobungsring hing. Ich konnte es nie übers Herz bringen, ihn in irgendeiner Art und Weise abzulegen. Durch meine verschleierten Gedanken bemerkte ich nicht wie Ace sich langsam auf mich zu bewegte und mich ohne Worte in eine feste Umarmung schloss. Seufzend legte ich meinen Kopf auf seiner Brust ab und erwiderte die Umarmung mindestens genauso fest. "Ich kann mir nur vorstellen wie schwer es für dich sein muss, Kat. Aber ich weiß auch, dass du stark genug bist, um das hier zu überstehen. Und du weißt hoffentlich, dass ich immer da bin, wenn du mal jemanden zum reden brauchst", murmelte er und strich mir sachte über den Rücken. "Danke, Ace. Womit habe ich dich bloß verdient", antworte ich genauso leise und endete unseren kleinen Moment kurz darauf. Die restliche Zeit verbrachten wir nur mit kleinen Wortwechseln und ich bemerkte die fragenden und forschenden Blicke, die Nate mir immer wieder zuwarf. Als ich endlich von weitem den Jet im Landeanflug sah, klatschte ich in die Hände und verkündete: "Da ist der Jet auch schon. Also los Kinder, husch husch. "Damit konnte ich eigentlich allen einen leises Lachen hervorholen und wir gingen danach schnell zum Jet. Mit geweiteten Augen und leicht offenen Mund watschelte Nate hinter uns her und schien nicht ganz zu begreifen, was gerade vor sich geht. In der Flugmaschine wurde ich direkt von dem Piloten und seinem Copilot begrüßt. Der Pilot flog schon länger für mich und war deswegen sehr ruhig bei der Begrüßung. Der Copilot war aber neu und schüttelte sehr überschwänglich und nervös meine Hand. Nachdem das soweit geklärt war und der Pilot alles für den Start in die Wege leitete, setzte ich mich gegenüber von meinem Mate in einen Sitz. "Wem genau gehört dieser Jet?", fragte er und sah aus wie ein kleiner Junge, der zum ersten Mal den Schnee gesehen hatte. "Mir", gab ich trocken als Antwort und sah wir er sich beinahe an seiner eigenen Spucke verschluckte. "Dir?", brachte er erstaunt raus. "Wenn du so lange wie ich auf der Welt wandelst, sammelt sich eine Geldsumme an, mit der man sich sehr viel leisten kann", erklärte ich und sah ihn belustigt an. Langsam nickend wollte er als nächstes wissen: "und wo genau nach Italien fliegen wir?" "An den Karersee. Ich habe eine Hütte dort, in der wir vorerst bleiben können", erläuterte ich und befriedigte damit anscheinend seine Neugier. Denn kurz darauf klebte er schon beinahe an der Scheibe des kleinen Fensters und beobachte, wie wir immer höher stiegen, bald sogar die Wolkendecke durchbrachen. Den Rest des Fluges fragte mein Mate mich über Italien aus, wie es dort war und was es dort besonderes gibt. Jedes kleinste Detail zu der Zeit in der ich dort lebte. So gut wie möglich versuchte ich ihm zu antworten, ließ aber dabei immer wieder ein paar Dinge aus. So erwähnte ich weder die genaue Jahreszahl noch Ihn. Mir war auch bewusst, dass Nate es auffiel und er mich bestimmt noch einmal darauf ansprechen würde.

SchattenwolfWhere stories live. Discover now