❧ Kapitel 2

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Seine Anwesenheit ist unmöglich zu ignorieren. Sein Seufzen, sein leises Lachen, sein genervtes Stöhnen oder einfach nur seine Bewegungen, wenn er mich aus Versehen mit seinem Arm streift. Ich versteife mich dann immer sofort und verspanne meinen Körper komplett. Körperkontakt in dieser Hinsicht hatte ich noch nie und es macht mir ehrlich gesagt auch Angst, wenn ich nicht weiß, was diese Person von mir will. Denn das frage ich mich, was um Gottes Willen will er von mir?

Seine Freunde sitzen ein paar Stühle weiter, aber anstatt bei ihnen zu sitzen, rückt er mir auf die Pelle. Vielleicht versucht er mich in's Bett zu bekommen, um seinen Ruf ein bisschen mehr Bedeutung zu schenken. Meine innere Stimme meint, das er auch einfach nur nett ist und sich neben mich hingesetzt hat, aus keinen Grund, sondern nur weil er dort sitzen möchte. Ich höre nicht auf meine innere Stimme. Kein Mensch macht irgendetwas ohne irgendeinen Hintergedanken zu haben.

Die Klingel holt mich in die bittere Realität zurück und lässt mich das erste Mal diese Stunde aufsehen. Langsam packe ich meine Sachen zusammen und stehe dann unsicher auf, Grayson beobachtet mich stumm und läuft dann mit mir vor zum Pult. Der Lehrer wischt gerade die Tafel und bemerkt uns nicht, worauf sich Grayson räuspert.

„Wir sollten herkommen." sagt er knapp und gelangweilt.

Er dreht sich um, nickt darauf und sieht Grayson ernst an. „Ich denke du kannst dir schon denken, wieso du hier stehst."

Grayson schiebt seine Hände in die Hosentasche und antwortet schulterzuckend „Ehrlich gesagt nicht."

Der Lehrer atmet seufzend aus und deutet dann auf mich. „Das ist Brooke Daniels, sie wird deine neue Nachhilfelehrerin, denn deine Noten sind mehr als schlecht und du bist letztes Jahr schon sitzen geblieben. Sie hingegen schreibt ausgezeichnete Noten, dafür ist ihre Mitarbeit Katastrophe. Deshalb dachte ich mir, wenn du ihm hilfst, wird deine mündliche Note verbessert." Der letzte Teil ist offensichtlich an mich gerichtet.

Ich schaue peinlich berührt auf den Boden. Mir ist schon bewusst, das ich eine sehr schlechte Note in jedem Fach habe, was mündliche Mitarbeit angeht. Aber ich bringe es nicht über mich den Finger zu heben, auch wenn ich die Antwort weiß. Was wenn die Antwort falsch ist? Dann lachen mich alle aus. Nein, danke.

„Geht das in Ordnung für dich, Brooke?" Fragend sieht mich der Lehrer an.

Ich nicke nur als Antwort. Grayson hingegen scheint nicht so erfreut darüber zu sein. Er ist beinahe schon wütend. Da habe ich ja echt mal wieder Glück. Großartig.

„Darf ich hier vielleicht auch noch ein Wort mitreden? Schließlich geht es hier um mich! Es sind meine Noten, das geht sie überhaupt nichts an." gibt er gereizt von sich.

Ich fühle mich gerade sehr fehl am Platz, aber ich kann jetzt auch nicht einfach gehen, weil ich ab sofort eine neue Verpflichtung habe. Mir wird jetzt erst klar was das bedeutet. Scheiße. Ich muss mich mindestens einmal in der Woche mit ihm treffen. Mit einem Mädchen wäre es schon ziemlich grenzwertig, aber meine Freizeit mit Grayson Scott verbringen? Bitte tötet mich.

Der Lehrer stemmt die Hände auf den Tisch und erwidert ungewöhnlich ruhig „Deine beste Note ist eine vier. Ich lasse dich sicher nicht nochmal wiederholen, nur weil du keine Lust hast zu lernen, denn dumm bist du nicht. Wenn ich dich dieses Jahr nicht bei den Abschlussprüfungen sehe, fliegst du von der Schule, denn Faulheit kann ich hier nicht gebrauchen."

Grayson schaut ihn einen Moment in die Augen und verschwindet dann schnell aus dem Zimmer. Ich wollte es ihm gleich tun, aber der Lehrer lässt mich inne halten.

„Bitte hilf ihm. Ich weiß nicht was mit ihm los ist, aber er soll seinen Abschluss dieses Jahr schaffen." fleht er mich an.

„Ich versuche es." entgegne ich und mache mich aus dem Staub.

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