52 - Wicked Game

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Isabelle gähnte müde. Noch ein letzter Rundgang, dann würde sie wirklich schlafen gehen. Seufzend verließ sie die Bibliothek, in der sie bis gerade eben noch Bücher gewälzt hatte, um vielleicht irgend einen Hinweis darauf zu finden, wie man eine Dämonin wie Lilith besiegen könnte, wenn sie denn wirklich frei war. Und jetzt, in der Dunkelheit der Nacht, in dieser Stille, die nur durchbrochen wurde von ihren eigenen, hallenden Schritten, wirkte es um so wahrscheinlicher.

Eigentlich war es nicht ihre Art, aber sie konnte nicht widerstehen, als sie an Jolenes Tür vorbei kam, und öffnete sie so leise wie möglich. Das Zimmer sah aus wie sonst, doch bis auf das Chaos eines Mädchens, das sich fünfmal am Tag umzog, war der Raum leer. Das Bett war noch das ordentlichste, aber die zurückgeschlagene Bettdecke zeigte nur um so deutlicher, dass dort niemand lag. Die offene Badezimmertür wies in einen dunklen Raum.

Stirnrunzelnd schloss sie die Tür wieder und lief weiter, doch Rubys Zimmer war ebenfalls leer. Ordentlich, wie immer, aber leer. Das gemachte Bett schien sie zu verspotten und jetzt wurde Isabelle ärgerlich. Wollten diese Mädchen sie veralbern? Das Stakkato ihrer eigenen, hallenden Schritte machte sie nervös, als sie weiter lief, zu Victors Zimmer, nur um sich zu vergewissern.

Gedämpfte Musik und Stimmen wurden lauter, als sie näher kam. Sie hatte ganz bewusst keinen der derzeitigen Besucher in Victors Nähe einquartiert. Er war nicht besonders sozial eingestellt, was das betraf. Wenn jemand sich beschweren würde, hätte er nur vorgeschlagen, dass derjenige umziehen sollte, ohne irgend etwas zu ändern.

Als sie vor dem Raum stand und lauschte, hörte sie mehrere Stimmen, und zumindest das beruhigte sie. Was auch immer die drei zu dieser Nachtzeit dort taten - immerhin taten sie es zusammen. Das hieß, sie bemühten sich wenigstens. Sie nahm die Hand von der Klinke und wollte schon gehen, als etwas sie stutzig machte. Sie konnte nicht alles verstehen, was dort drinnen gesprochen wurde, aber dieser Satz war laut genug.

"Jetzt zier dich nicht so!" Das war Jolene, sie klang noch übermütiger als sonst, auch wenn ihre Stimme einen unnormalen Klang hatte. Es gehörte sich zwar nicht, aber Isabelle presste das Ohr an das raue Holz der Tür. "Socken zählen nur als Paar, keine Wiederrede!"Jolene erneut, diesmal etwas leiser, aber bestimmt und aufgekratzt.

Ohne zu Zögern riss sie die Tür auf, bereit, sich mit ihren eigenen Pflichten heraus zureden, wenn die Situation sich als unverfänglich herausstellen sollte. Sie würde ihnen einfach einen strengen Blick zu werfen, sich vergewissern, dass sonst alles gut war und ihnen sagen, sie sollten schlafen gehen.

Aber die Situation war nicht unverfänglich. Ganz im Gegenteil. Die drei jungen Schattenjäger sahen erschrocken aus, als sie Isabelle in der Tür erblickten. Vor ihnen lagen Spielkarten, aber das registrierte sie erst auf den zweiten Blick. Oder war es der dritte?

Victor fiel ihr zuerst auf. Er trug nur noch seine Jeans, und vermutlich hätte er das auch nicht mehr lange, wenn sie nicht hereingeplatzt wäre. Seine Haltung war eindeutig und sein Gesicht so verblüfft, dass es sie beinahe zum Lachen gereizt hätte, wäre sie nicht so wütend gewesen. Vor ihm saßen Ruby und Jolene, keine von ihnen hatte noch Socken an, aber das bemerkte sie auch nur, weil Jolenes merkwürdiger Satz ihr einfach nicht aus dem Kopf gehen wollte.

Socken gelten nur als Paar, hatte sie gesagt. Außer ihnen war Jolene sonst vollständig bekleidet, so wie Ruby auch, da war Isabelle sich sicher.

Mit einem Ächzen ließ sich Victor aufs Bett zurück plumpsen und grinste sie an. "Du rettest mir den Arsch!", erklärte er freudig. "Die wollten mich auszieh'n." Er kicherte selig, als würde ihn das gar nicht so sehr stören, und sah wieder zu den Mädchen. "Ihr betrügt doch." Er wirkte angetrunken. Sehr sogar.

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