66 ~Special~

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Rückblende: Alicante zwei Wochen zuvor. (Zu Kapitel 31)


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"..direkt hier auf dem Tisch?"

Victor blinzelte und drehte sich zu Jolene um. "Was hast du gesagt?", fragte er irritiert. "Ich hab dir nicht zugehört."

"Oh wirklich?", fragte sie mit einem übertrieben ironischen Ton und zog die Augenbrauen hoch, um ihren Worten noch mehr Ausdruck zu verleihen. Es war sommerlich heiß in dem kleinen Park, in den sie ihn geschleppt hatte, und sie trug knappe Hotpants und ein dünnes Top. Ihre Haut hatte einen goldenen Schimmer bekommen und der rote Ton ihres Haares war jetzt mehr wie Kupfer. Das alles registrierte er, während er zu ihr hin sah, bis ihm ihr entnervter Blick wieder in den Sinn kam.

"Also was jetzt?", grollte er und drehte den Kopf weg.

"Ich hab gefragt, was du davon hältst, wenn wir's gleich hier und jetzt auf dem Tisch treiben", erwiderte Jolene vollkommen ungerührt. "Nur, um es mal auszuprobieren", fügte sie dann hinzu und sah ihn von der Seite an, als würde sie irgendwie hoffen, dass er auf das Angebot einging. Es war ihre Art, im klar zu machen, dass er sich wieder normal benehmen sollte.

"Sicher." Er machte sich nicht mal die Mühe, seine Worte irgendwie anders als desinteressiert klingen zu lassen. Sie meinte es nicht ernst, und wenn sie geglaubt hätte, dass er darauf anspringen würde, hätte sie nicht gefragt. Er hatte jetzt schon seit Tagen aufgehört, sie anzumachen. Seit dem Tag, als er versucht hatte, sie zu küssen, und alles irgendwie belanglos gewesen war, obwohl sie es zugelassen hatte. Es war immer noch belanglos. Er rückte seine Sonnenbrille zurecht, um irgend etwas mit seinen Händen zu tun. Er fühlte sich unruhig.

"Du bist so öde", murmelte Jolene neben ihm. Auch das meinte sie nicht ernst. Er konnte ihre Augen auf sich spüren. Sie hatte ihn hier raus geschleift, weil er es nicht im Haus ihrer Eltern aushielt, und sie es als ihre Pflicht ansah, ihn zu unterhalten. Ihre Eltern waren nett, wirklich, aber sie hatten diese abwesende Höflichkeit von Menschen, die sich nicht wirklich für einen interessieren. Und er hatte es satt, den netten Jungen zu spielen. Er hatte es satt, herumzusitzen oder allein durch diese Stadt zu laufen, in der nichts geschah. In der man nichts tun konnte. Man konnte nicht mal saufen gehen. Niemand wollte ihm Alkohol verkaufen.

"Warum verbringst du dann Zeit mit mir?", fragte er zurück und sah zu ihr auf. Sie saß auf dem Tisch, an dem er lehnte, und hatte die Beine übereinander geschlagen. Ihre kleinen Füße in den weißen Turnschuhen wippten unruhig herum.

"Ich hab nichts besseres zu tun", gab Jolene zurück und legte den Kopf schief. "Du etwa?"

"Mh." Victor legte die Hände in den Nacken und lehnte sich zurück. Die harte Tischkante drückte ihm in den Rücken, aber er ignorierte es. "Was ist jetzt, du wolltest doch über Pärchen lästern", murmelte er. Die Sonne schien auf seine geschlossenen Lider.

"Du bist nicht wirklich der richtige für sowas", gab Jolene zurück und stieß ihn mit einem Fuß an, so dass er sie wieder ansah.

"Tja, dein Pech. Aber ich kann dir den Gefallen ja tun und wir verschieben das vögeln auf heut Abend, dann kann ich das Licht ausmachen und muss dein beschissenes Grinsen nicht ertragen." Sie trat ihn erneut, diesmal fester, und er biss sich auf die Zunge. "Sorry." Er hätte jetzt sagen können, dass er es nicht so gemeint hatte. Aber das wäre eine Lüge gewesen.

"Geht doch." Sie schüttelte ihr Haar aus, lehnte sich zurück und ließ den Blick über die Menschen schweifen. Es sagte schon so einiges aus, dass sie ihm nicht noch einen Spruch dafür an den Kopf warf. Er war jetzt seit Tagen ständig in ihrer Gesellschaft - außer wenn sie schliefen eigentlich, oder wenn sie unter der Dusche stand und sowas - und sie hatte aufgehört, sich so zickig zu haben, wenn er sein großes Maul nicht mehr unter Kontrolle hatte. Und das war oft der Fall. Man konnte es fast bewundern, dass sie nicht schon längst geflüchtet war oder ihn rausgeschmissen hatte.

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