Der Rest des Trainings versuchte sich Tsukishima ausschließlich auf die Spielabläufe zu konzentrieren. Er lies sich doch nicht von so einem Idioten unnötigen verrückt machen. Wenn er ihn irgendwie auf dem Kicker hatte, war das nicht sein Problem und fertig.
Als sie endlich das Training beendeten und zum Abendessen schlurften war er fast schon froh, dort saßen sie wahrscheinlich mit allen Spielern der Karasuno zusammen. Die wussten das er nicht gerade sehr gesprächig war und liesen ihn meist in Ruhe.
"Man hab ich einen Hunger, war echt anstrengend heute. Hast du auch Hunger", wollte Yamaguchi wissen und trocknete sich mit einem Handtuch die verschwitzten Haare.
"Mhm, geht so", murmelte er. Tatsächlich hatte er wirklich keinen großen Hunger. Er verstand gar nicht wie manch einer sich nach dem Training so vollstopfen konnte. Das war doch widerlich und allein bei dem Gedanken daran wurde ihm schlecht. Leider hatte er genau solche in seinem Team. Der Berg auf Tanaka, Hinata und Nishinoyas Tellern schien völlig übertrieben, wobei er bei Hianta und Noya ja noch auf die Größe pledieren könnte.
Er saß also ganz außen um nicht mitten in irgendwelchen belanglosen Gespräche verwickelt zu werden. Mit wenig Appetit stocherte er in seinem Essen herum ohne wirklich davon zu essen. Yamaguchi warf ihm zwar immer wieder besorgte Blicke zu, war aber schlau genug die Klappe zu halten.
Mit einem Mal knallte jemand ein Tablett direkt neben ihm auf den Tisch und er erschrak so sehr das er fast seine Stäbchen fallen gelassen hätte.
"Hallo, na alles fit, ist das Essen hier nicht klasse". Ohne hoch zu sehen wusste er wer es war und merkte wie eine Welle von Wut ihn erfasste.
"Hi, dachte wir setzten uns zu euch", kam es daraufhin mit ruhiger fast schon monoton klingender Stimme von einem kleinen blonden Kerl ihm gegenüber. Hinata sah sofort auf, nahm sein Tablett und setzte sich neben ihm. Keine Ahnung was der an ihm gefressen hatte. Zumal der andere komplett das Gegenteil von ihrem aufgedrehten lauten Mittelblocker war und selbst während des Essens immer wieder auf eine mitgebrachte Spielekonsole blickte.
"Ist das deine erste Portion", erinnerte ihn wieder diese nervige Stimme an seinen neuen Banknachbarn.
"Wüsste nicht was dich das angeht", knurrte er und nahm einen Schluck aus seiner Trinkflasche.
"Ach, jetzt sei doch nicht so. Weißt du wenn man hart trainiert muss man auch ordentlich essen, das ist wichtig für den Körper und die Muskeln", kam es etwas klugscheißerisch von dem anderen und etwas angewidert sah er wie er sich gleich ein ganzes Onigiri aufeinmal in den Mund steckte.
"Na da hat aber jemand die Weisheit mit Löffeln gegessen. Oder eher sich in den Mund gestopft", konterte er und ignorierte dabei das aufkeimende flaue Gefühl in seinem Magen.
"Hey, ich hab eben Hunger, hab mich schließlich auch angestrengt und viele Einheiten gewonnen", sagte dieser unverschähmte Kerl vollkommen selbstverständlich und nahm sich noch ein Reisbällchen.
"Wie kann man nur so Siegesversessen sein", brachte Tsukishi zwischen zusammen gebissenen Zähnen heraus.
"Hey, lass dich nicht so provozieren Tsuki", flüsterte Yamaguchi ihm zu und da merkte er erst das er die Hand zur Faust geballt hatte.
Verdammt, was war blos los mit ihm? Normalerweise lies er solche arroganten Typen einfach links neben sich liegen. Wieso störten ihn die Worte dieses schwarzen Kerls so?
Scheiß drauf. Er brauchte frische Luft.
"Ich hab keinen Hunger mehr, dankesehr", sagte er und warf dem anderen einen möglichst vernichtenden Blick zu. Nahm sich sein Tablett, stellte es in die dafür vorgesehenen Geschirrwägen und lief mitsamt seiner Trainingstasche aus der Halle.
Die kalte Luft draußen half ihm ein bisschen sich zu beruhigen.
Was sollte das alles?
Wieso konnte es ihm nicht einfach egal sein?
Vielleicht war er einfach nur durcheinander weil ihn dieser Kerl, von dem er noch nichtmal einen Namen wusste so sehr auf den Geist ging.
Er musste sich auf jeden Fall erstmal beruhigen, deshalb nahm er die Kopfhörer die er in seiner Trainingstasche hatte heraus, koppelte sie via Bluetooth mit seinem Handy und drückte auf den erstbesten Song in seiner Playlist.
Mit einem erschöpften Seufzen spürte er die ersten Töne und Bässe durch seinen Körper strömen und fühlte sich augenblicklich besser.
Manchmal reichte es ihm auch einfach die Kopfhörer aufzusetzen. Dann war er ganz für sich, ohne die Geräusche um ihn herum. Einfach seine Gedanken oder manchmal auch gar keine Gedanken. Stille.
Manchmal war ihm die Welt um sich herum einfach viel zu schnell und zu laut.
Deutlich entspannter ging er gedankenverloren zwischen den verschiedenen Hallen hin und her.
Nach einigen Metern zog er fröstelnd den Reisverschluss seiner Jacke höher. Ein eiskalter Wind blies durch die Bäume und womöglich sollte er lieber zurück in die Unterkunft und sich duschen. Doch er musste noch ein wenig runterkommen. Die Hände tief in den Taschen vergraben und den Blick starr auf den Boden gerichtet lief er an den vielen Gebäuden auf dem Gelände entlang. Er hörte nur die schnellen und zugleich beruhigenden Töne seiner Musik. Weder der Wind, noch das Knirschen seiner Turnschuhe auf dem Kiesboden nahm er war. Weshalb er erschrocken zusammenzuckte als er plötzlich eine Hand auf seiner Schulter spürte.
War ihm Yamaguchi gefolgt? Doch als er sich umdrehte blickte er nicht in das vertraute Gesicht seines Freundes.
"Hey, alles ok, du bist ganz schön weit weg von euren Schlafabteil".
Wo kam der denn schon wieder her?
"Kann dir doch egal sein, verfolgst du mich etwa?"
"Nein eigentlich ist unsere Unterkunft um die Ecke also". Er deutete auf ein einstöckiges langes Gebäude aus dessen Fenstern wirklich ein paar rote Handtücher hingen.
Wie peinlich.
"Aha", mehr brachte er nicht über die Lippen.
"Tschuldige das ich dir vorhin den Appetit verdorben hab. Aber du solltest echt mehr Essen, bist eh schon viel zu schlank für deine Größe".
"Bist du meine Mutter oder was". Was bildete der sich ein, ihm hier Ratschläge zu geben, sie kannten sich doch gar nicht.
"Nein, bin ich bestimmt nicht. Das wäre zu verrückt."
Was sollte das schon wieder heißen?
"Dann kannst du ja jetzt gehen", versuchte er die Sache einigermaßen mit Würde zu beenden.
"Mach ich auch, schlaf gut Glasses-kun, morgen sehen wir uns am Netz", sagte der schwarzhaarige und bevor er ausweichen konnte verpasste er ihm noch einen dieser etwas zu tiefen Rückentätschler, dann verschwand er im Hauseingang und lies ihn draußen verwirrt stehen.
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Kurotsuki Wilde Gefühle
Non-FictionTsukishima Kei ist ein blonder Junge in einer Volleyballmannschaft, trotz seiner bestattlichen Größe fällt er nicht sonderlich auf da er nicht einen solch ausgeprägten Kampfgeist hat wie manch andere Spieler. Aber sein bester Freund Yamaguchi Tadash...