4. Kapitel

41 8 2
                                    

~ Rückblick, vor 7 Jahren ~

Wieder sprang ich aus Spaß über die Wiese und drehte mich aufwendig.
Tanzen macht mir Spaß, ist das, was mich auspowert und mir trotzdem neue Kraft gibt.
Ich sah zu meiner Mutter, welche lächelnd da stand und musste auch leicht lächeln.
Ich drehte mich weiter und weiter, bis mir schwindelig wurde und ich hin fiel.
Lachend sahen wir uns an, als meine Mutter plötzlich das Gesicht verzog.
Schmerzerfüllt, erschrocken.

Nie, niemals werde ich diesen Gesichtsausdruck vergessen.
Denn durch ihn brach meine ganze Welt zusammen.
Meine Mutter fiel um, auf den Boden. Ich sprang auf und wusste nicht, was ich tun soll.
„EOMMA!" schrie ich und rannte zu ihr, kniete mich eilig neben sie sodass meine Knie aufschürften.
Ein spitzer Stein lag im Gras, welchen ich nicht sah.
Doch ich ignorierte meinen Schmerz. Meine Mutter ist wichtiger.
Schwach sah sie mich an, doch ich kenne sie so nicht. Mama war doch immer die Starke. Was hat sie nur?

Ich rüttelte vorsichtig an mir und sie sah mich schwach lächelnd an. „Ich denke es ist Zeit, dir zu sagen was ich habe." flüsterte sie.
Ich fing an zu weinen, wollte nicht, dass es ihr schlecht ging.
„Ich habe einen Hirntumor den man nicht entfernen kann. Scheinbar ist meine Zeit nun gekommen." sagte sie.
Ich schüttelte energisch mit dem Kopf, schluchzte, ließ meine Tränen ins Gras tropfen.
„Nein! Sag mir dass das nicht wahr ist! Sag es mir!" ich rüttelte bei diesen Worten energisch an ihr, doch sie lächelte nur.
„Vergiss nicht, dass ich sich für immer lieben werde." waren ihre letzten Worte auf der Wiese.

Hätte sie nie diesen Tumor gehabt.

Ich rief einen Krankenwagen und fuhr mit ins Krankenhaus.
Sie lebte noch sagten mir die Ärzte, aber ihre Energi sei aufgebraucht.
Sie wird nochmal kurz wach sein, vielleicht für eine halbe Stunde.
Aber dann war's das. Sie konnten nichts mehr für sie tun. Der Tumor saß so bescheuert, dass die Ärzte einfach nichts tun konnten.

Ich saß am Krankenbett, hielt die abgekühlte und leblose Hand meiner Mutter in meinen Händen.
Sie regte sich kurz und sah zu mir. „Bevor ich gehe..." fing sie an zu flüstern.
Niemals wollte ich sie so schwach sehen, nach allem was sie durch hat. Nachdem mein Vater einfach gegangen ist und meine Großeltern noch vor meiner Geburt starben.
Sie hat mich alleine großgezogen. Natürlich war mein Bruder ihr eine große Hilfe, aber er ist nicht hier.
Er kann sie nicht ein letztes Mal sehen, das letzte Mal ihren Atem hören.
Ihrem schwachen Herzschlag lauschen.
„Bevor ich gehe will ich..." Jedes Wort viel ihr schwer.

Hätte ich sie nie so leiden sehen.

Es tut so weh, sie leiden zu sehen. Sie so stark leiden und am Boden zu sehen.
Ich wusste es schon, aber nie, nie wollte ich den Fakt akzeptieren, dass sie wirklich krank ist.
„Will ich, dass du mir..." Sie konnte nur teilweise sprechen.
Wieder weinte ich und drückte ihre Hand leicht. „Alles was du willst Mama." flüsterte ich mit zitternder Stimme.
Sie lächelte leicht. Mama wusste, dass sie stirbt und trotzdem lächelte sie...

Ich bewundere sie immer noch.

Ich hörte ihr aufmerksam zu. Es war schwer, sie durch die Maschinen zu verstehen. Auch, da sie so leise sprach.
Ich betrachtete ihre Gesichtszüge, merkte wie das Leuchten aus ihren Augen immer mehr verschwand.
Wie ihre Haut gräuchlich wurde.
Sie sah plötzlich so alt und gebrechlich aus, so habe ich sie nie wahrgenommen. Oder eher, so wollte ich sie nie wahrnehmen.
„Dass du mir versprichst..." Ich zitterte und weitere Tränen liefen über meine Wangen.
Ihre Zeit ist bald vorbei. Mein Bruder kam plötzlich ins Zimmer geplatzt.
Als er sie sah, fing auch er an zu weinen.
Sie lächelte ihm zu. „Schön, dass du... Dass du da... Bist." Sie sprach abgehackt und langsam.
Immer schwerer fiel ihr es, zu sprechen.

Wäre sie nie gestorben.

Mein Bruder setzte sich an die andere Seite und nahm die andere Hand.
Mutter drehte ihren Kopf wieder zu mir und sah mich plötzlich ernst an.
Kurz leuchteten ihre Augen zum letzten Mal auf.
„Tanz weiter und gewinne einen einzigen Wettbewerb." hauchte sie.
Dann war sie zu schwach, um noch mehr zu sagen oder sich zu bewegen.
„Ich verspreche es. Hoch und heilig." Meine Stimme zitterte und brach dann ab. Zu sehr weinte ich. Und aufgelöst zusätzlich.
Ich wollte sie stolz machen, doch nie gewann ich.
Wir genossen den letzten Moment mit unserer Mutter, ehe die Geräte durchgehend piepsten und ihr Brustkorb sich zum letzten Mal senkte.
Heulend sackte ich auf meinem Stuhl zusammen. Mein Bruder kam neben mich und umarmte mich fest. Doch auch er weinte.
Wir saßen dort noch eine Weile und umarmten uns weinend, ehe der Arzt das Zimmer betrat.
„Mein herzliches Beileid." bekundete er seufzend und ich nickte nur.
Mein Bruder seufzte. „Es ist besser so..." flüsterte er.

Wäre ich nie gegangen.

Er stand auf und zog mich gegen meinen Willen mit aus dem Zimmer.
„Ilsung, nein!" sagte ich laut und weinte weiter. „Eomma!" schrie ich. Die Leute sahen uns mitleidig an.
Er zog mich weiter und setzte mich in sein Auto. „Du musst jetzt mit mir kommen. Sonst wirst du zu Appa geschickt. Willst du das?" fragte er mich und ich schüttelte energisch mit dem Kopf.
„Alles aber nicht Appa!" sagte ich flehend.

Hätte ich ihr nie dieses Versprechen gegeben.

Wir fuhren zu Mamas Haus. Packten meine wichtigsten Sachen zusammen und mein Bruder nahm mich mit in seine Wohnung.
Seine Freundin ist gerade nicht da, er richtete mir das Gästezimmer einigermaßen ein.
Ich habe Mama versprochen, weiter zu tanzen. Aber wie soll ich es bezahlen?
Ich sah zu meinem Bruder, welcher auf sein Handy starrte.
„Ilsung?" fragte ich ihn. Er sah mich an. Neugier in seinem Blick.
„Ich habe Mama versprochen, weiter zu tanzen. Aber... Ich kann es nicht bezahlen." Ich sah ihn bittend an.
Er seufzte kurz und nickte dann leicht. „Ich werde es bezahlen." sagte er.
Ich bin glücklich, dass er es bezahlt. Ich umarmte ihn und er lachte kurz leise.
„Für Mama mach ich das." flüsterte er und wieder kamen mir die Tränen.
Sie hat es nicht verdient, schon zu sterben.

Hätte ich nie mit dem Tanzen angefangen.

Mein Bruder sah auf einer Website nach einem billigen aber guten Tanzkurs.
Er wurde fündig und meldete mich dort an. In der nächsten Woche könnte ich anfangen, sagte er mir.

Und so begann die Hölle.

𝐎𝐧𝐞 𝐥𝐚𝐬𝐭 𝐃𝐚𝐧𝐜𝐞 || 𝐉.𝐉𝐤Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt