51st

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Am Nächsten Morgen hatte Taehyung immer noch keine Antworten auf seine Fragen. Zwar war er mit Jeongguk zusammen nach Hause gefahren und sie hatten wieder in einem Zimmer geschlafen, doch hatte er sich nicht getraut den Bodyguard anzusprechen. Zumindest nicht auf diese Themen. Er wusste nicht wie und hatte Angst, dass er Jeongguk vielleicht damit verletzen würde, wenn er vergangenes wieder aus ihm herauskitzelte. Trotzdem hatte das Model die Nacht nicht wirklich gut geschlafen. Wieder hatte er sich den Kopf zerbrochen. Wenn das so weiter ging, war er nach seinem Urlaub gestresster als davor.
Müde schwang er sich also aus dem Bett, nahm eine Dusche, zog sich an und trottete die Treppe runter in die Küche. In dieser traf er auf seinen Vater, welcher ihn nur mehr als überrascht anschaute. Natürlich tat er das. Von Taehyung war man Gewohnt, dass er bis Mittag schlief (wenn er die Möglichkeit hatte). Und nicht, dass er kurz nach Jeongguk aufstand. „Wie war dein Abend?", fragte das Model seinen Vater und griff nach einem Glas welches er mit Wasser füllte. „Ganz gut.", erklärte Herr Kim, „Wie so ein Pokerabend unter alten Männern halt ist.", lachend stellte er seine Tasse in die Spüle, „Aber mal eine andere Frage: Hast du etwas Besonderes vor, oder warum bist du so früh auf den Beinen?"
„Nicht wirklich. Ich kann nur in letzter Zeit nicht wirklich schlafen. Ich mache mir einfach zu viele Gedanken.", erklärte Taehyung ehrlich. Sein Vater nickte verstehend und nahm seine Arbeitstasche. „Vielleicht solltest du mal deine Mutter besuchen.", schlug er vor, „Wenn ich zu viele Gedanken habe, die mich vom Schlafen abhalte, hilft es mir immer, wenn ich mit deiner Mutter rede." Das Model ließ sich diesen Vorschlag durch den Kopf gehen und nickte schließlich. Es war eine gute Idee. Auch weil er lange nicht mehr am Grab seiner Mutter war. Wahrscheinlich würde es sie auch freuen. „Das mach ich.", sagte er also, „Weißt du wo ich Blumen her bekomme?"

Eine Stunde später war er auf dem Friedhof. In seiner Hand hielt er einen kleinen Strauß Blumen, welchen er in einem Laden neben dem Friedhof gekauft hatte. Langsam lief er den kiesigen Weg zwischen den ganzen Gräbern entlang. Er mochte Grabstätten. Es mochte absurd wirken, aber auf Friedhöfen war es immer ruhig und sehr idyllisch. Die Gräber wurden gepflegt und es langen überall frische Blumen. Als er noch häufiger hier war, hatte er sich im Sommer oft auf die Bank vor dem Grab seiner Mutter gesetzt und ein Buch gelesen, oder gelernt. Natürlich war en Friedhof kein schöner Ort, der Tod war hier so präsent wie nirgendwo anders auf der Welt. Aber gleichzeitig zeigte er auch, dass der Tod vor niemandem halt machte. Egal wie viel Geld oder welche Hautfarbe man hatte, oder welcher Religion man angehörte. Wir alle starben früher oder später. Denn vor dem Tod waren alle gleich. Es zeigte auch, dass man sich nicht vor dem Tod fürchten musste.
Leise seufzend sah er auf. Er hatte sich mittlerweile daran gewöhnt an diesen Ort zu kommen. Natürlich verspürte er jedes Mal eine leichte Traurigkeit, doch er musste nicht mehr stundenlang weinen, wie es anfangs der Fall war. Er hatte sich einfach mit der Tatsache abgefunden, dass seine Mutter nicht mehr bei ihm war.

Als er um die nächste Ecke bog, konnte er das Grab seiner Mutter schon sehen und auch dass bereits jemand vor diesem Stand. Die Person hatte einen Schwarzen Hoodie und eine schwarze Jogger an. Taehyung hätte die Person auch aus 50m Entfernung erkannt. Langsam trat er neben den jungen Mann, an das Grab und legte den mitgebrachten Strauß Blumen, auf die vorgesehene Stelle. Neben den Strauß, den Jeongguk offensichtlich mitgebrach hatte. Dann richteteer sich auf und Blickte auf den Grabstein vor sich. Leise sagte er: „Hey Mama. Lange nicht gesehen. Ich hoffe dir geht es gut. Um mich in Papa brauchst du dich nicht zu sorgen. Uns geht es gut. Natürlich haben wir unsere kleinen Probleme, aber das ist alles nichts erwähnenswertes." Danach schwieg er eine Weile. Irgendwie dachte er, dass Jeongguk etwas sagen würde. Doch dem war nicht so. Also fragte Taehyung schließlich leise: „Was machst du hier?" Es dauerte ein wenig bis Jeongguk antwortete, doch dann fuhr er sich mit dem Ärmel über seine Augen und erklärte sich: „Ich dachte das wäre Mindeste, nachdem ich nicht zu ihrer Beerdigung war." Taehyung sagte nichts dazu. Was sollte er auch sagen? Sollte er dem Jüngeren Vorwürfe machen? Sollte er ihn zusammenfalten, dass es seine eigene Schuld war? Weil er den Kontakt abgebrochen hatte? Nein. Nach so vielen Jahren machte das keinen Sinn. Außerdem hatte Taehyung nicht einmal wirklich versucht ihn zu erreichen, um ihn einzuladen.
„Es tut mir leid.", sagte Jeongguk schließlich, „Tut mir leid, dass ich damals nicht für dich da war. Ich war dein bester Freund und du hast mich gebraucht. Und ich war nicht für dich da. Das tut mir leid." Was war dieses Gefühl? Eigentlich sollte Taehyung doch glücklich sein. Waren das nicht die Worte, welche er jahrelang von Jeongguk hören wollte? Wieso fühlte sich sein Herz dann so viel schwerer an? Warum hatte er auf einmal ein schlechtes Gewissen? War es weil er dem Jüngeren so viele Jahre Vorwürfe gemacht hat, ohne die Gründe für sein Verschwinden zu kennen?
„Jeongguk", sagte er schließlich und sah den Braunhaarigen an, „Ich denke, wir müssen endlich reden." Auch Jeongguk sah auf und nickte. In seinen Augen war Angst zu erkennen und Taehyung ging es nicht anders. Er hatte genauso Angst vor dem was ihn nun erwarten würde. „Wir, sollten uns wahrscheinlich setzen.", erklärte Jeongguk und setzte sich gleich darauf auf die Bank gegenüber des Grabes. Taehyung setzte sich neben ihn und keiner der Beiden sagte etwas. Eine Weile saßen sie still in der kalten Winterluft und versuchten die richtigen Worte zu finden. Schließlich fasste Taehyung all seinen Mut zusammen und machte den ersten Schritt: „Jeongguk, warum bist du damals einfachso verschwunden?", er sah seinen ehemaligen besten Freund traurig an, „Ich habe jahrelang versucht eine Erklärung zu finden, aber mir ist einfach keine eingefallen. Habe ich irgendwas falsch gemacht?", er schaute auf seine Finger und sprach weiter, „Wenn es das ist, dann tut es mir leid. Aber du hättest doch mit mir reden können." Erschrocken weitete Jeongguk seine Augen. Das dachteTaehyung? Dass er einen Fehler gemacht hatte? Schuldbewusst biss der Jüngere sich auf seine Unterlippe. Dann war es kein Wunder, warum Taehyung so sauer und verletzt war.
„Nein, das ist es nicht.", schnell legte er seine Hand auf den Unterarm des Models, und brachte ihn dazu Jeongguk wieder anzusehen, „Du hast nie etwas falsch gemacht. Okay?"
„Was war es dann? Was war der Grund? Und wieso hast du mir nichts gesagt?", wollte Taehyung wissen und Jeongguk zog seine Hand zurück. Jetzt war es also so weit, er würde dem Älteren alles erzählen.

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