Unausweichliche Hindernisse

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Er hatte es wohl wirklich ernst damit gemeint, dass er hierbleiben würde. Denn er betrat ohne zu Zögern mit mir die Villa und ließ mich dann endlich los. Er schien sich gründlich umzusehen, so als würde in einer Ecke irgendein Monster lauern oder sowas. „Kannst du mir jetzt bitte erklären, was das soll?" fragte ich, ehe ich meine Tasche wie üblich im Flur abstellte und Tiago von der Leine löste, der daraufhin im nächsten Zimmer verschwand. Er flüchtete wortwörtlich vor uns. „Wer ist dieser Chamuel und warum drehst du wegen ihm jetzt so durch?Erklär mir das bitte!" Mit verschränkten Armen stellte ich mich vor ihn und blickte so zu ihm hoch. Ich verstand das alles nicht und brauchte endlich Antworten.

„Nein." Er blickte nur mit einem ausdruckslosen Blick zu mir herunter, wandte sich dann von mir ab und lief in die Küche. Er ließ mich einfach stehen. So ein Idiot. Was stimmte nur nicht mit ihm? Ich schnaubte leise auf und lief dann weiter ins Wohnzimmer. Amanda war vermutlich einkaufen, da ich sie nicht entdeckte. Doch sie hatte mir einen Zettel auf dem Tisch im Wohnzimmer hinterlassen, auf dem die Nummer von Mr. Lennon notiert war. Ich musste einfach ignorieren, dass Luc sich selbst hier eingeladen hatte. Dieser Anruf war jetzt wichtiger.

Ich griff nach dem Haustelefon und wählte dort die Nummer. Mit meinem privaten Handy wollte ich keine geschäftlichen Anrufe oder so tätigen. Sonst würde ich noch ständig von hunderten Menschen angerufen werden und das wollte ich auf keinen Fall. Zudem kümmerte sich Amanda als meine Sekretärin um die meisten E-Mails oder Anrufe. Sonst würde ich schließlich Tag und Nacht vor dem Laptop und am Telefon sitzen. Man war anscheinend der Meinung, ich hätte kein privates Leben mehr.

„Guten Abend Mr. Lennon, ich habe gehört, sie wollten mich sprechen." Meldete ich mich, als der Anruf von der anderen Person angenommen wurde. Daraufhin folgte eines der nervigsten Gespräche, die ich je geführt hatte. Er wolle ja die neue Zeitschrift herausbringen und wisse noch nicht, welches Cover er dafür verwenden solle. Zudem solle ich auch noch in sein Büro kommen um das persönlich zu klären. „Hören sie Mr. Lennon, ich habe im Augenblick wirklich keine Zeit dafür. Sie werden schon wissen, was sie da machen, sonst würden sie dieses Projekt ja nicht leiten. Also bitte, erledigen sie das und senden sie mir einfach ein Bild des geplanten Covers. Dann können wir uns die ganze Fahrt sparen."

Natürlich war ich genervt. Wie sollte man auch anders reagieren, wenn man ständig zu irgendwelchen Terminen gerufen wurde, die auch ganz einfach zu umgehen wären? Mr. Lennon gab schließlich nach und ich legte erleichtert auf. Für einen kurzen Moment schloss ich die Augen, als ich mich daran erinnerte, dass ich ja nicht alleine im Haus war. Ich stellte das Telefon also wieder an seinen Platz zurück und beschloss dann, nach Luc zu sehen. Ich entdeckte ihn auch kurz darauf in der Küche, doch nicht wie jeder andere Mensch mit einem Glas Wasser, einem Kaffee oder etwas Ähnlichem. Nein. Er kochte. Einfach so.

„Was wird das denn?" fragte ich daher verwirrt und näherte mich ihm langsam. „Wonach sieht es denn aus? Ich mache uns etwas zu essen." Meinte er und als er in meine Richtung sah, konnte ich ein leichtes Schmunzeln auf seinen Lippen erkennen. Doch ich traute ihm nicht. Kein normaler Mensch betrat eine fremde Wohnung und fing einfach an, irgendwas zu kochen. Was also hatte er vor? Außerdem gefiel mir die Vorstellung nicht, etwas essen zu müssen, was ich nicht verhindern würde können. Amanda kam mit meinem Verhalten klar, anderen wollte ich das nicht zumuten. Sie würden das nicht verstehen.

„Ich denke nicht, dass .." Luc wandte sich mit einem Seufzen wieder mir zu und unterbrach mich bei einem Einwand „Mir ist im Augenblick egal was du denkst, Elodie. Akzeptiere es einfach." Dann wandte er sich wieder der Pfanne zu, so als wäre gar nichts seltsam daran. Wie jedes Mal, wenn ich solche Situationen erlebte, traten plötzlich wieder diese unglaublich nervigen Kopfschmerzen auf und ich verzog leicht das Gesicht. Das passierte immer, wenn es so schien, als würde mein Leben aus den Fugen geraten. Ich hasste es, wenn andere Menschen für mich kochten. Besonders Menschen, die mich nicht gut kannten. So konnte ich die Menge die ich aß, nie selbst bestimmen, ohne dass sie seltsame Fragen stellten.

Ich lief also an ihm vorbei zu einem der Hängeschränke und holte aus diesem eine Packung Kopfschmerztabletten hervor. Dazu noch ein Glas Wasser und die Tablette machte sich auf den Weg in meinen Magen. Jetzt sollte es nicht mehr lange dauern, bis sie zu wirken begann. Ich setzte mich für diese Zeit auf einen der Stühle an der Theke und beobachtete Luc dabei, wie er gekonnt mit der Pfanne hantierte. Was er kochte, wusste ich nicht. Ich wollte es nicht zugeben, doch so wie er da stand und kochte, bekleidet mit diesem Anzug, war er wirklich attraktiv. Ich konnte gar nicht anders, als ihn zu beobachten.

„Ich weiß zwar nicht was du denkst aber wenn ich mich ausziehen soll, musst du es nur sagen." Kam es plötzlich von Luc, der nicht einmal in meine Richtung gesehen hatte. Doch es folgte ein raues Lachen seinerseits und ich wandte mich peinlich gerührt von ihm ab. „Nein, ich .. frage mich nur, was das alles werden soll." Versuchte ich mich aus dieser Situation zu retten und starrte nun einfach das halb leere Wasserglas vor mir an. Im Augenwinkel erkannte ich, wie Luc sich erst mir zuwandte, sich dann aber auf die Suche nach Tellern und Besteck machte.

„Es klingt hart aber .. es geht dich nichts an. Chamuel ist anders. Er merkt es nicht, wenn er eine Grenze überschreitet." Er meinte es so, als würde er gerade von irgendeiner täglichen Büroarbeit sprechen. Absolut neutral und doch so ironisch. „Ach und warum bist du dann hier? Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich denke, du hast hier auch schon die ein oder andere Grenze überschritten." Konterte ich direkt und lachte leise auf. Dass er hier war, brachte meinen ganzen Tagesablauf durcheinander. Er passte einfach nicht hier rein.

„Das ist jetzt nicht wichtig. Es geht mir nur darum, dass du dich von ihm fernhältst." Er drehte sich zu mir um und stellte dann einen Teller vor mir ab. Er selbst setzte sich mit seinem Teller neben mich an die Theke. An meinem Blick musste er erkannt haben, wie verwirrt ich von dem Ganzen war. Hier ging etwas vor sich, dass ich nicht verstand und er wusste das. „Du wirst es irgendwann verstehen. Jetzt iss, sonst wird es kalt."

Damit war für ihn dieses Gespräch wohl beendet und ich blickte auf den Teller vor mir, der ganz simple angebratenes Gemüse enthielt. Ich war froh, dass es nur das war, doch ich musste mich wohl da durchkämpfen, damit er nicht noch mehr über mich herausfand. Dass er so viel über mich wusste und ich kein bisschen über ihn, konnte nicht gut sein. Während ich also zu essen begann und das Gemüse schon halbherzig hinunterwürgen musste, dachte ich ein wenig über ihn nach. So wie er da saß, versunken in seine eigenen Gedanken, wirkte er eigentlich ganz normal. Doch innerlich wusste ich, dass er das nicht war.

Des Teufels KöniginTempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang