𝓽𝓮 𝓺𝓾𝓲𝓮𝓻𝓸

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Ich hatte jegliches Zeitgefühl verloren, doch es war immer noch mitten in der Nacht, als ich endlich einen Entschluss fasste:
Ich musste mich zusammenreißen und mit Martín reden, denn immerhin hatte er auch das Kind verloren, nicht nur ich.

Ich wischte mir meine Tränen weg und stand, gegen Stockholms Willen, auf.

Eigentlich hatte ich gedacht, dass ich kaum noch Laufen konnte, doch es klappte erstaunlich gut, so sehr half Morphium noch.

"Aires ... ich weiß nicht wie er reagieren wird. Heute Abend war er sehr aggressiv, als wir ihm Essen gebracht haben, also willst-", versuchte Stockholm mich davon abzuhalten, meinen Verlobten zu sehen.

"Ich werde mit ihm reden, danke, Mónica."

Sie nahm mich in den Arm, bevor ich das Büro des Gobernadors betrat.

"Ich bin immer für dich da, Alba", meinte sie, dann ließ sie mich in Ruhe und verschwand wieder.

Ich öffnete die Tür.

Im Raum war es dunkel, nur das bisschen Licht der Straßenlaternen und die Scheinwerfer der Polizei erhellten das Büro.

Martín saß in einer Ecke und schaute aus dem Fenster.

Neben ihm stand sein unangerührtes Essen, sowie eine Flasche Alkohol, die er jedoch nicht angerührt zu haben schien.

"Lass mich in Ruhe, Helsinki! Oder wer auch immer! Ich will meine verdammte Ruhe!", schrie er, ohne sich auch nur umzudrehen.

"Ich bin's", antwortete ich leise.

Sofort drehte er sich um und stand auf um mich zu stützten, damit ich mich neben ihn setzten konnte.

Ich hatte ihn noch nie so zerstört gesehen, nicht mal vor zwei Monaten im Klostergarten, und dieser Anblick zerbrach mir das Herz.

Seine Augen waren leer und vom Weinen noch rot, seine Hände zitterten, als er mich festhielt und er war eiskalt.

Eine Weile lang sagte niemand von uns beiden ein Wort, bis Martín schließlich diese Stille brach.

"Warum hast du das gemacht?"

"Weil ich niemanden aus dem Team sterben lassen konnte. Weil ich meine beste Freundin nicht sterben lassen konnte."

"Und jetzt ist unser Kind tot."

"Ich konnte doch nicht ahnen, dass ich getroffen werde", flüsterte ich.

"Ich weiß, Alba", entgegnete er und nahm mich in den Arm. "Bitte spiele nie wieder die Heldin."

Ich nickte nur knapp, denn ich hatte gerade wieder mit den Tränen zu kämpfen.

Um mich zu beruhigen wollte ich an meinem Verlobungsring drehen, aber irgendjemand musste ihn mir abgenommen haben, vermutlich kurz vor der Operation, und ich wollte in dieser Situation Martín einfach gerade nicht danach fragen, denn es gab gerade einfach wichtigeres.

"Und Nairobi-"

"Gib Nairobi nicht die Schuld, Martín. Es war allein meine Entscheidung und also auch mein Fehler."

"Ich hatte nicht vor, ihr die Schuld zu geben. Du solltest sie morgen früh besuchen, sie fühlt sich schuldig."

Wieder nickte ich.

"Niemand von euch beiden hat Schuld daran, sondern ich."

"Was, Martín-"

"Ich hätte mit dem Professor reden sollen, und dann hättest du im Kloster bleiben sollen. Ich hätte nicht so leicht nachgeben dürfen."

"Martín, bitte gib dir nicht die Schuld. Wir schaffen das zusammen. Und dann irgendwann haben wir noch ein Kind, hm? Und dann leben wir in Argentinien, und dann-"

"Wir ...", wiederholte er. "Das Wir wird es nicht mehr geben, Alba."

Ich schüttelte den Kopf. "Nein, Martín, nein.."

"Ich zerstöre alles, was mir wichtig ist, einfach alles, verdammt! Zuerst die Freundschaft zwischen Andrés und mir wegen meinen verfluchten Gefühlen, dann unsere Beziehung, weil ich einfach zu egoistisch und naiv bin, und zu guter Letzt habe ich mein eigenes Kind getötet, Alba!", schrie er mich an.

"Nein, denk so etwas nicht. Es wird dich zerstören, Martín-", versuchte ich ihn zu beruhigen.

"Bitte geh. Lebe dein Leben, gründe eine Familie mit jemanden, der es wirklich verdient hat und der ein guter Vater wäre. Bitte werde glücklich. Du bist so ein guter Mensch, Alba, du hast es verdient. Ich will dich nicht auch noch auf dem Gewissen haben."

"Martín, nein."

Ich nahm sein Gesicht in meine Hände, damit er mich anschauen musste.

"Ich will nur dich. Ich liebe nur dich."

Ich versuchte ihn zu küssen, aber er erwiderte ihn nicht, sondern hob mich hoch und trug mich einfach wieder zurück ins Krankenzimmer, während ich auf dem Weg dorthin wieder das Weinen und Protestieren begann.

Er legte mich zurück in mein Bett, während ich mich verzweifelt an ihn klammerte, doch er löste sich schnell wieder aus dieser Umarmung.

Ich könnte es einfach nicht ertragen, innerhalb von nur einem Tag zuerst mein Kind und dann auch noch den Mann, den ich liebte, zu verlieren, aber es sah gerade ganz danach aus, also startete ich einen letzten Versuch, ihn zurückzugewinnen.

"Ich liebe dich, Martín, vergiss das nie", flüsterte ich in sein Ohr.

Kurz zuckte er zusammen, aber dann ließ er mich schnell los.

"Es tut mir leid, Alba, aber ich will nicht noch den letzten Menschen, den ich liebe, auf dem Gewissen haben."

Ohne sich nochmal umzudrehen, ging er aus dem Zimmer.

Ich liebe mich zurück in mein Kissen fallen und begann noch mehr zu weinen.

Ich wollte ihn zurück, und ich wusste, dass er schließlich auch nicht ohne mich leben konnte, also kam mir eine Idee. Eine sehr schlechte Idee.

was hat aires wohl vor?🤔😌

Morgen kommt wahrscheinlich das nächste Kapitel, aber am Dienstag (und vielleicht Mittwoch) dafür nichts, wegen Schule und allem🙃😅

𝘽𝙪𝙚𝙣𝙤𝙨 𝘼𝙞𝙧𝙚𝙨Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt