𝓱𝓸𝓹𝓮

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"Stockholm, hast du Palermo gesehen?", wollte ich wissen, während ich wieder zurück in die Bibliothek ging.

"Ich dachte, er wäre bei dir", antwortete Stockholm, die gerade Tokio an einen Stuhl kettete, damit wir später in Ruhe eine angemessene Strafe für sie finden konnten.

"Nein", antwortete ich.

"Vielleicht ist er im Büro des Gobernadors?", schlug sie vor, bevor ich aus der Bibliothek rauschte, um nach meinem Verlobten zu sehen.

Mónica hatte Recht.

Ich fand Martín dort, auf dem Boden sitzend und mit dem Kopf angelehnt an die Tür zum kleinen Bad.

Er erschrak etwas, als ich eintrat, aber beruhigte sich schnell wieder, sobald ich mich neben ihn setzte.

"Alles in Ordnung, cariño?", fragte ich ihn und strich Martín über die Wange.

"Ja", meinte er knapp, vermied es aber, mir direkt in die Augen zu schauen. "Ich bin nur etwas müde."

Er war auf keinem Fall müde, sondern traurig.

Auch wenn ich ihn nur zwei Monate lang kannte, wusste ich doch schon sofort, wenn er mich anlog.

"Sag mir die Wahrheit."

Er schaute mich an. "Alba, ein anderes Mal vielleicht, wir sollten uns jetzt um Tokio kümmern, die andern warten sicher schon-"

Schnell sprang ich auf, um ihn vom Weggehen abzuhalten.

Sanft nahm ich sein Gesicht in meine Hände und küsste ihn kurz.

"Bitte, Martín."

"Ich habe so Angst, dass ich dich auch verliere. Wie Andrés. Wie León."

Am liebsten hätte ich jetzt irgendetwas aufmunterndes gesagt, aber mir fehlten einfach gerade die richtigen Worte, also nahm ich ihn stattdessen einfach nur in den Arm.

"Heute Nacht sind wir draußen", sagte er plötzlich, als wir gerade zu den anderen zurück gehen wollten.

"Und was soll jetzt in den wenigen Stunden noch passieren?", versuchte ich ihn aufzumuntern, aber vermutlich würde bei unserem Glück die Polizei die Bank hochsprengen und uns alle umbringen, also beschloss ich, nicht mehr darüber zu reden.

Sobald wir beide in der Bibliothek ankamen, entfernte Stockholm das Stück Klebeband, das Tokio seither vom Sprechen abgehalten hatte, und schob den Stuhl, auf den die Frau gefesselt worden war, in die Mitte des Raumes.

"Weißt du eigentlich, was du mit deiner Aktion angerichtet hast?", wollte Palermo zuerst. wissen.

Tokio schüttelte nur kurz den Kopf.

"Río und Denver wären beinahe umgebracht worden und Aires wurde vergewaltigt!"

Ich hielt ihn beruhigend am Arm fest, bevor er sich womöglich noch auf die Frau hätte stürzen können, wie er es vor einigen Tagen bei Gandía getan hatte.

"Sie haben es nicht anders verdient", nuschelte sie leise.

"Bitte was?", antwortete Lissabon vor uns anderen.

"Ihr seid alle so verdammt dumm! Ich hätte Anführerin werden sollen, und nicht Palermo, der sich eher um Aires und diese zwei Idioten sorgt als um den Rest!"

"Falls es dir vielleicht mal aufgefallen sein sollte, im Gegensatz zu dir haben die beiden ein Kind verloren!"

"Wenn man das überhaupt als Kind bezeichnen kann! Wie alt war das Ding? Nicht mal 2 Monate, oder?"

𝘽𝙪𝙚𝙣𝙤𝙨 𝘼𝙞𝙧𝙚𝙨Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt