Saneismus

Eugenik - Deutschland (Teil I)

Anmerkung #1: Da es wieder mal zu lang wurde, habe ich es in zwei geteilt. Im ersten Teil geht es vor allem um die „positive" Eugenik und im zweiten um die „negative" Eugenik (wer nicht weiß, was damit gemeint ist, soll das Kapitel über die Definition lesen).

Anmerkung #2: Es wird in diesem Text viel über „Rasse" gesprochen. Heute wird die Menschheit in der Biologie nicht in Rassen unterteilt. „Rasse" ist im deutschen Kontext ein von Rassist*innen verwendeter Begriff. Deshalb ist es immer in Anführungsstriche gesetzt. Das englische Wort „race" wird in den USA nach wie vor verwendet, allerdings handelt es sich erstens nicht um eine biologische, sondern soziale Kategorie und zweitens kann es nicht einfach so mit „Rasse" übersetzt werden, weil das Wort dort eine ganz andere Konnotation hat als in Deutschland, weil damit ganz anders umgegangen wurde. Sie haben also eine völlig andere Begriffsgeschichte und deshalb auch nicht die gleiche Bedeutung.

⚠️ CN: Abtreibung, Nationalsozialismus, Kidnapping ⚠️

Eugenik wird nicht nur mit den USA in Verbindung gebracht, sondern auch mit Deutschland. Adolf Hitler versuchte nämlich auch, eine überlegene, „arische Rasse" zu erschaffen.

Laut dem Weltbild des Diktators bestanden die Menschen aus vielen verschiedenen „Rassen", wobei eine allen anderen überlegen war, nämlich die der sogenannten „Arier". Ursprünglich stammt dieser Begriff aus der Sprachwissenschaft und stand für Menschen aus dem indo-iranischen Sprachgebiet. Der Begriff wurde jedoch verfremdet und auf die weiße, nordisch-germanische „Rasse" übertragen.
Der ideale Arier hat blaue Augen, ist blond, stark, groß, gesund, treu und allgemein genetisch rein. Andere „Rassen" sind laut den Nazis alle „minderwertig" und „Untermenschen" – sprich in Wirklichkeit gar keine richtigen Menschen. Wobei auch manche Deutsche als „Untermenschen" gelten konnten, genauer gesagt „Asoziale" und kranke/behinderte Menschen. In dieser Ideologie wird es als die Aufgabe des Staates gesehen, die Menschheit möglichst rein zu halten und zu pflegen, bis es am Ende nur noch „Arier" gibt. Das hat etwas mit dem Sozialdarwinismus zu tun: Die natürliche Auslese durch den Konkurrenzkampf[*] wird auf menschliche Gesellschaften ausgeweitet. In anderen Worten, Menschen befinden sich laut der sozialdarwinistischen Ideologie auch nur in einem Kampf ums Überleben, weswegen es das Recht des „Stärkeren" ist, den „Schwächeren" auszumerzen. Verknüpft mit Rassismus heißt das, es ist das Recht der stärkeren „Rasse", sich gegen den schwächeren „Rassen" durchzusetzen.

[*] = Mit „Konkurrenz" ist gemeint, dass eine begrenzte Ressource von Lebewesen genutzt wird und diese Ressource auf diese Weise für andere Lebewesen immer kleiner wird.

Ein wichtiger Teil der nazistischen Anschauung ist der Antisemitismus. Dass jüdische Menschen verfolgt wurden, war leider nichts Neues, weil Judenfeindlichkeit eine 2500 lange Tradition hat, aber die Nazis hatten einen bestimmten Ansatz (der übrigens aber auch nicht von ihnen erfunden wurde): Eigentlich ist das Judentum eine Religion und daher nichts Genetisches, aber für sie waren jüdische Menschen ebenfalls eine „Rasse". Das bedeutet, dass bestimmte Menschen als „Juden" definiert werden mussten. Dann wurde Schlimmes über sie behauptet, z. B. dass sie wie „Parasiten" seien, weil sie aufgrund ihrer Unfähigkeit, einen eigenen Staat zu bilden, in andere, höhere Völker reingehen, sich mit ihnen verbinden und sie dann von ihnen kaputt machen, indem sie sie befallen und ausnutzen. Der „Jude" war das Gegenbild des „Ariers": dunkle Augen, dunkelhaarig, faul, hinterlistig. Abgebildet wurden sie meist mit düsteren Gestalten, dunkel gekleidet, in langen Mänteln, mit überproportional großen Köpfen, riesigen Hakennasen und Pejes (0 Pejes heißen die langen Schläfenlocken, die viele orthodoxe Juden tragen. In der Tora steht, dass sich Männer nicht alle Haare um den Kopf herum schneiden lassen sollen. Aus diesem Gebot hat sich unter streng gläubigen jüdischen Männern die Tradition entwickelt, die Haare an den Schläfen wachsen zu lassen).