Einkauf

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Ich nahm eine Klinge aus der Packung und krempelte meinen Pulli hoch. Ich zitterte als ich die Klinge auf meinen Arm zubewegte, aber ich schaffte es nicht einen Schnitt zu machen. Irgendwas in mir hinderte mich daran, mich zu schneiden, aber ich konnte die Klinge auch nicht wegtun. Also saß ich einfach heulend da und zitterte am ganzen Körper. "Essen ist fertig!" rief Patrick von unten. Als ich nicht reagierte, rief er: "Harley?" Ich hörte dass er die Treppen hoch kam. Kurze Zeit später klopfte er an die Tür. "Harley, alles okay? Das Essen ist fertig. Kommst du?" "Gleich..." brachte ich mit zitternder Stimme raus und von draußen kam: "Ich komm jetzt rein." Die Tür ging auf und Patrick kam herein. Als er mich sah, setzte er sich einfach neben mich. Ich sah ihn mit verheulten Augen an. Er meinte nur: "Gibst du mir die Klinge?" Ich schüttelte den Kopf. "Dann leg die weg." "Ich kann nicht." meinte ich leise. "Harley, wenn du dich ritzen willst, hättest du es schon getan. Also gib sie mir bitte, lass den Quatsch." "Ich kann nicht." sagte ich lauter. "Okay, okay. Ist in Ordnung. Ich nehme sie dir, ja? Ganz ruhig, nicht erschrecken." Er entnahm mir die Klinge und legte sie außer Reichweite. Dann nahm er mich in den Arm. Durch seine Berührung bekam ich wieder Panik, aber er beruhigte mich schnell: "Schh, alles gut. Alles gut. Ruhig." Wir saßen lange da, bis ich mich beruhigt hatte. Dann fragte Patrick: "Du hast dich aber wirklich nicht verletzt, oder? Auch am anderen Arm nicht oder sonst wo..." Ich schüttelte den Kopf. "Bist du dir sicher?" Ich wurde laut: "Ich hab nichts gemacht!" "Okay, ich glaube dir. In Ordnung. Ganz ruhig. Ich würde vorschlagen, dass wir runter gehen und was essen, okay? Ich hab hunger." Ich nickte und wir standen gemeinsam auf und gingen runter. Wir aßen und sobald ich fertig war, meinte Patrick: "Fahren wir dann gleich los Sachen für dein Zimmer kaufen?" Ich glaube er wollte mich beschäftigen, weil er Angst hatte dass ich wieder durchdrehe. Ich nickte als Antwort und Patrick lächelte.

Keine 10 Minuten standen wir vor einem großen Möbelhaus. Wir gingen rein und schauten uns zuerst die Betten an. Ich entschied mich für ein großes Boxspringbett in schwarz. Dazu suchten wir eine Matratze, Kissen, Decke und Bezüge aus. Danach sahen wir uns nach Schränken um. Schnell hatte ich einen guten gefunden. Ein großer Schrank mit Schiebetüren und eingebautem Spiegel. Dazu gab es auch einen etwas kleineren Schrank mit Schubladen, den wir auch nahmen. Außerdem kauften wir noch ein schwarzes Bücherregal, was man gut neben mein Bett stellen konnte. Bei den Schreibtischen suchte ich mir einen modernen, großen Schreibtisch aus, wozu wir sämtliches Zubehör kauften. Als Stuhl nahm ich einen bequemen Gamingstuhl. Als wir den Kauf abschlossen und vereinbart hatten, dass das Zeug alles morgen geliefert wird, fuhren wir zum Mediamarkt. Dort kauften wir mir einen Laptop, einen Flachbildfernseher und eine JBL PartyBox 1000. Sie war einfach nur krass. Ich war total gut gelaunt. In einem Sportgeschäft kaufte Patrick mir sogar eine Trainingsstation und Hanteln. Das war alles viel mehr als ich jemals hatte. Wir shoppten auch noch gechillt ein paar Klamotten. Gegen Abend waren wir fertig mit unserem Großeinkauf und fuhren zurück. Teresa hatte schon Abendessen gemacht und so aßen wir erstmal. Nach dem essen kam mir plötzlich Allie in den Sinn. Es war so viel los, dass ich sie ganz vergessen hatte. Sofort ging ich zu Patrick und fragte: "Hast du die Nummer von Allie?" Patricks Gesichtsausdruck veränderte sich schlagartig. "Was ist los?" fragte ich alarmiert. "Setz dich mal Harley." meinte er ernst, doch ich meinte: "Nein, was ist los?" "Setz dich hin." Ich setzte mich auf die Couch und Patrick setzte sich neben mich. "Harley... Ich hätte es dir schon eher sagen sollen, aber ich befand das für nicht gut... An dem selben Tag als ich Allie entlassen hatte, bekam ich einen Anruf... Allie ist gestorben." "Was?" Ich dachte ich hatte ihn nicht richtig verstanden. "Allie hat sich noch am selben Tag das Leben genommen. Es tut mir sehr leid Harley." "Nein. Das kann nicht sein. Ihr geht es gut. Du hast sie entlassen weil es ihr gut geht. Das stimmt nicht. Sie ist nicht tot." Patrick sagte nichts. Er sah ziemlich mitgenommen aus. Ich schüttelte den Kopf. Sämtliche Gedanken rasten durch mein Gehirn die ich nicht ordnen konnte. Lange zeit saß ich einfach nur da, dann wurde ich total wütend und begann Patrick anzuschreien: "Warum hast du sie entlassen? Wie konntest du nur? Wegen dir ist sie tot! Das ist alles deine Schuld!" Patrick ließ meine Worte über sich ergehen und ließ mich rumschreien. Nachdem ich ihn längere Zeit wüst beschimpft hatte, brach ich weinend zusammen. Patrick nahm mich fest in den Arm. Ich wehrte mich, aber Patrick meinte: "Ist okay. Schh, ist schon okay." Ich ließ seine Umarmung schnell zu und drückte mein Gesicht in seinen Pullover. Patrick flüsterte: "Es tut mir so leid..." Irgendwann löste ich mich aus der Umarmung. Ich stand auf und ging Richtung Tür. "Wo willst du hin? Bleib mal hier Harley." meinte Patrick und ich sah ihn an: "Ich muss raus." "Ich will dich gerade ungerne raus lassen." Sofort wurde ich aggressiv: "Warum, hm? Hast du Angst dass ich mich umbringe? Wär das wirklich so schlimm? Nein! Und du bist nicht mein Vater! Ich geh raus wenn ich rausgehen will!" Patrick fuhr mit seiner Stimme ebenfalls ein bisschen hoch: "Ich bin nicht dein Vater! Dein Vater würde es nämlich nicht jucken wenn du dich umbringst, der würde dir noch dabei helfen!" Uff, dass war hart. Wie versteinert starrte ich ihn an und er fuhr fort: "Ich bin nicht dein Vater und ich werde es auch nie sein, okay? Ich bin dein Freund! Und gerade deswegen will ich nicht dass du in dem Zustand rausgehst, da kommt nur Kacke dabei raus. Und um deine Frage zu beantworten, ja, ich glaube du würdest dich umbringen, und ja, das wäre wirklich schlimm."

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