Fernsehen

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Nachdem wir 2 Stunden Fußball gespielt hatten, gingen wir rein. Ich war total ausgepowert und ging erstmal duschen. Danach ging ich in den Aufenthaltsraum, weil ich Fernsehen wollte. Ich schaltete den Fernseher ein, doch nach kurzer Zeit stand Tom vor mir und meinte: "Du weißt dass am Tag nicht fern geschaut wird. Mach mal aus und spiel lieber was mit den anderen." Sofort war ich angepisst: "Nein! Ich will jetzt fernsehen! Verpiss dich!" "Hey! So nicht! Du kennst die Regeln! Schalt aus jetzt!" "Ich lass mir garnichts von euch sagen! Ihr sperrt mich hier ein und denkt dann echt mich würden eure Regeln interessieren!" schrie ich ihn an. "Harley, ich sags nicht nochmal! Mach aus jetzt!" "Fick dich!" Tom ging an den Fernseher und zog den Stecker. Ich sprang von der Couch und schrie Tom an: "Du behinderter Wixer!" "Geh auf dein Zimmer Harley!" "Hurensohn!" "Auf dein Zimmer!" Ich war total wütend und kickte gegen einen Stuhl, der durch den halben Raum flog. "Hey!" rief Tom. "Jetzt reicht's! Zisch ab auf dein Zimmer und beruhige dich!" "Nein!" schrie ich und der nächste Stuhl flog. "Muss ich echt Verstärkung holen und dich ins Time-Out (der weiße Gummiraum) stecken? Oder ziehst du es vor, fixiert zu werden? Bist du da echt scharf drauf?" "Nein!" "Dann geh in dein Zimmer und komm runter!" "Miese Dreckssau!" schrie ich ihn an, ging dann aber in mein Zimmer. Dort wütete ich weiter. Ich schrie herum, schmiss einen Stuhl durchs Zimmer und schlug gegen die Wände. Dabei liefen mir Tränen über das Gesicht und ich heulte. Irgendwann bemerkte ich Zach in der Tür stehen. Ich hielt inne. "Alles nur wegen dem Fernseher?" fragte Zach. Ich begann zu schreien: "Ich lasse mir von euch nichts vorschreiben! Ihr seid die, die mich hier einsperren!" Zach hob den Stuhl auf, der am Boden lag und setzte sich verkehrtherum drauf. Dann fragte er: "Warum sperren wir dich ein?" "Weils euch Spaß macht!" Zach lachte: "So dumm bist du nicht Harley, du weißt es genau. Jetzt setz dich doch erstmal hin, atme tief durch und beruhige dich." "Ich bin ruhig!" "Komm schon. Bitte Harley." Ich setzte mich auf mein Bett. "Sehr gut, danke." meinte Zach sanft und sprach mit ruhiger Stimme weiter: "Ich kann verstehen, dass es sich scheiße anfühlt wenn man hier ist. Ganz ehrlich, ich würde hier nicht als Patient sein wollen. Auch wenn alle nett sind und es so ganz schön ist. Hier werden dir sehr wichtige Sachen genommen. Freiheit und Privatsphäre. Aber das geht gerade nicht anders. Wir müssen dich schützen, bis es dir wieder besser geht." "Lasst mich doch einfach raus! Es kann euch doch egal sein!" "Ganz sicher nicht, Harley. Ich will nicht, dass du dich umbringst. Du bist zu jung zum sterben." Tränen schossen in meine Augen und ich schwieg. Auch Zach sagte nichts. Nach einiger Zeit fragte ich leise: "Woher nehmt ihr euch das Recht, mich nicht sterben zu lassen?" "Wenn ich es zulassen würde, dass du dich umbringst, dann hätte ich den falschen Job. Außerdem willst du doch eigentlich garnicht sterben. Du willst einfach nur dass alles aufhört." Ich begann wieder zu heulen und Zach redete weiter: "Du musstest viel mitmachen, und der Gedanke, all diese Erinnerungen zu vergessen, muss mega verlockend sein. Einfach mal schnell wo runterspringen oder Pillen einschmeißen. Echt super easy. Aber es gibt andere Wege. Bessere Wege." Mittlerweile heulte ich Rotz und Wasser. Ich schüttelte den Kopf: "Ich muss sterben." "Musst du nicht." "Doch." "Nein." "Ich will sterben." "Ja. Ich weiß. Aber denk mal nach. Willst du dich echt von ner Brücke schmeißen? Willst du echt, dass dein Kopf am Boden explodiert wie ne Tomate? Danach bist du nicht nur tot, du bist nichtmal mehr ein Mensch. Du bist Brei. So willst du gehen? Als menschlicher Matsch?" Ich brach komplett zusammen und weinte bitterlich. Zach redete weiter auf mich ein: "Das willst du? Oder hey, viel besser. Stell dich aufs Gleis. Die Einsatzkräfte, die dich zusammensuchen dürfen, die freuen sich, wenn sie hier und da n kleines Stückchen von dir finden." Zach nahm keinerlei Rücksicht. "Stop." brachte ich hervor und Zach fragte: "Was? Ist dir das zu viel? Warum? Das ist genau das, was dich erwartet, wenn du wirklich sterben willst. Das ist die Realität, Harley." Ich zitterte am ganzen Körper und atmete hektisch. "Weißt du was? Ich hör jetzt wieder auf damit." Ich brauchte lange, bis ich mich wieder fing. Nachdem wir eine Weile still dasaßen, sagte ich: "Ich will nach Hause." "Das ist mir klar, aber das geht nicht. So gerne ich dich nach Hause lassen würde." sprach Zach und ich sprang auf: "Natürlich geht das! Lasst mich raus! Ich bleibe hier nicht!" "Beruhige dich. Du weißt dass wir dich nicht gehen lassen können, solange du so akut suizidal bist." "Bullshit!" Ich flippte wieder total aus und ging aus dem Zimmer Richtung Ausgang. Zach folgte mir: "Harley, jetzt warte doch. Das hat doch jetzt keinen Sinn." "Halt die Fresse!" schrie ich. Ich lief am Stationszimmer vorbei, wo direkt neben der Tür auf dem Tisch ein Kugelschreiber lag. Ich nahm ihn mir und ging weiter auf den Ausgang zu. "Harley. Bitte. Das führt zu nichts." versuchte es Zach, doch ich hatte bereits einen Plan. Am Ausgang angekommen, rüttelte ich an der Tür, die natürlich verschlossen war. Ich drehte mich zu Zach, funkelte ihn an und führte meine Hand, in der ich den Kugelschreiber hatte, an meinen Hals. "Mach die Tür auf!" knurrte ich Zach an.

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