Familie

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Die Torte war echt lecker. Nach dem essen verzog ich mich in mein Zimmer. Ich merkte, dass Patrick das ungerne zuließ, aber er sagte nichts. Ich hörte Musik und machte Sport. Ich trainierte an meiner Trainingsstation, was mir richtig gut tat. Als ich fertig war ging ich duschen, da ich total verschwitzt war. Ich zog mein T-Shirt aus und sah in den Spiegel. Auf meinem gesamten Körper sah man die Spuren, die meine Eltern hinterließen. Es sah einfach hässlich aus. Überall Narben. Ich war einfach kaputt. Je länger ich in den Spiegel sah, desto frustrierter wurde ich. Also ging ich schnell unter die Dusche. Während dem duschen ließen meine Gedanken mich nicht in Ruhe. Ich war hässlich, kaputt, keiner will mich so. Das machte mich fertig. Ich war wütend auf alles. Auf mich, auf alle andern Leute, die nicht so ein beschissenes Leben haben, vor allem aber auf meine Eltern. Ich zog mich an, machte meine Haare und verzog mich zurück in mein Zimmer. Ich schmiss mich auf mein Bett und vor Wut liefen Tränen aus meinen Augen. Ich war total angespannt und zitterte am ganzen Körper. Irgendwann klopfte es an der Tür. Patrick rief: "Harley, darf ich reinkommen? Ich will wissen was du heute zum Abendessen willst." Als er keine Antwort bekam kam er rein. Als er mich sah, mit dem Gesicht ins Kissen, fragte er: "Harley? Alles klar? Was ist los?" Er setzte sich an den Bettrand und legte mir vorsichtig seine Hand auf meinen Rücken. Ich zuckte kurz und Patrick sagte: "Schon okay. Du zitterst ja total... Was ist denn los? Ist was passiert?" Er strich sanft meinen Rücken, was mich etwas beruhigte. Patrick versuchte mich zum reden zu bringen: "Bitte sag mir was los ist. Ich will dir helfen." Ich sagte kein Wort. Irgendwann gab Patrick es auf und meinte: "Willst du mir dann vielleicht sagen was du heute zum Abendessen willst?" Ich murrte: "Das hab ich nicht zu entscheiden." "Aber in einer normalen Familie spricht man sich ab und macht auch den Essenswunsch der anderen." Das Wort "normal" löste bei mir wieder einiges aus. Ich schoss hoch, sprang aus dem Bett und schrie: "Normale Familie? Was ist denn hier bitteschön normal? Garnichts! Überhauptnichts! Ich bin ein bescheuerter, verrückter Typ! Teresa, Milo und du, ihr seid normal! Aber ich gehöre da nicht dazu! Bei mir ist nichts normal! Mein ganzes Leben ist beschissen! Mir steht es nicht zu, auszusuchen, was wir essen!" Es ergab nicht alles einen Sinn, aber ich war komplett in Rage. Man sah Patrick an, dass er mit meiner Reaktion nicht gerechnet hatte. Er meinte: "Harley, beruhige dich. Wir können da in Ruhe drüber reden. Aber bitte beruhige dich. Wir sind eine Familie, da gehörst du auch dazu. Wir haben dich bei uns aufgenommen." "Ihr habt mich nur aufgenommen, weil ich dich fast dazu gezwungen habe und weil du nicht willst dass ich mich umbringe! Letztendlich lande ich eh wieder im Heim, das war noch nie anders! Das heißt ich gehöre nicht zur Familie! Oder würdest du Milo in ein Heim geben? Nein, würdest du nicht!" "Okay, stop. Hör auf Harley." "Nein! Willst du die Wahrheit nicht hören? Hm? Alle tun wie die Heiligen, die einen "Systemsprenger" bei sich aufnehmen, aber wollen ihn dann gleich wieder loswerden! Das ist immer der selbe Dreck!" "Bitte hör mir zu." versuchte Patrick zu mir durchzukommen, scheiterte aber. Ich wusste garnicht was ich rief, aber ich musst einfach Dampf ablassen. "Das ist alles so scheiße! Und schuld sind meine Eltern! Ich bring sie um wenn ich sie sehe! Ich bring alle um! Und dann mich! Menschen sind scheiße! Ich hasse alles!" Patrick ließ mich abreagieren. Nachdem ich mich aus gebrüllt hatte, fing in an zu heulen und stand einfach im Raum. Ich atmete schwer und zitterte immernoch am ganzen Körper. "Geht's wieder?" fragte Patrick. Als keine Antwort kam, meinte er: "Komm mal her, setz dich hin." Ich folgte seiner Anweisung und setzte mich total fertig neben ihn aufs Bett. "Was auch immer dich vorher so schwer frustriert hat, über das müssen wir reden, okay? Das muss aber nicht jetzt sein. Ich würde nur gerne paar Punkte ansprechen, die du gesagt hast, ja?" Ich nickte kurz und starrte auf den Boden. "Hey, komm schon. Schau mich an. Nicht starren. Ich will, dass du mir zuhörst. Das ist wichtig." Ich hob meinen Blick etwas und Patrick meinte: "Ich weiß, dass du das Wort "normal" nicht magst, okay? Hab ich gemerkt. Aber trotzdem, wir sind eine normale Familie. Jede Familie hat Probleme. Die eine Familie hat mehr Probleme, die anderen weniger. Es gibt keine Familie, die keine Probleme hat. Und dass du nicht dazu gehörst, ist schwachsinn. Ja, du hast dazu beigetragen, dass wir dich aufnehmen, und ja, ich, bzw. wir wollen nicht, dass du dich umbringst, aber wir haben dich aufgenommen, weil wir es wollten. Du bist ein toller, starker Junge Harley. Ob dus glaubst oder nicht. Dass deine Vergangenheit dir einiges hinterlassen hat, ist nicht super, aber du kannst lernen damit umzugehen. Und wir als deine Familie helfen dir. Ich weiß dass du denkst, dass wir dich irgendwann wieder rausschmeißen, klar, war ja bisher immer so, aber ich versichere dir, dass passiert nie mehr. Du kannst dich entspannen, okay? Du bleibst hier. Ich hab dich gerne, meinst du ich will dich wieder gehen lassen? Nie im Leben. Und den Begriff "Systemsprenger" will ich nichtmehr hören. Der ist Bullshit. Das Wort ist so negativ. Systemsprenger, was soll das sein? Ich reduziere dich sicher nicht darauf. Also vergiss dieses scheiß Wort, das zieht dich nur noch mehr runter." Ich sah betreten in den Boden und Patrick sprach weiter: "Und dass du auf deine Eltern sauer bist, ist ist klar. Ich bin auch sehr sauer auf die. Aber kein anderer kann was dafür, dass die das mit dir gemacht haben. Du bist grad sauer auf alles und jeden, ist okay. Aber ich will nicht dass das eine Grundeinstellung wird und du irgendwann Amok läufst, alles klar?"

Hey Leute! Sorry dass so lange nichts kam. Ich war 4 Wochen offline, bin jetzt aber wieder voll und ganz da! LG

SystemsprengerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt