Kapitel 50

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Nach Luft schnappend wachte ich auf, als ich aus meinen Träumen gerissen wurde. Es dauerte ein wenig, bis sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Verschwommen sah ich die Umrisse von Jason vor mir. Hinter ihm kamen gerade Ryan und Moon ins Zimmer gelaufen. „Was macht ihr denn hier?", fragte ich verwirrt. Alle sahen mich geschockt und besorgt an. „Wir haben dich schreien gehört und sind dann hierher gelaufen, weil wir nachsehen wollten, ob alles okay ist.", murmelte Ryan leise, während er mein Zimmer nach Gefahren absuchte.

Ich musste wohl im Schlaf geschrien haben...

„Es ist alles gut, Leute. Ich habe nur wieder geträumt. Von Alistair...", flüsterte ich und ein kalter Schauer lief meinen Rücken hinunter, als ich daran dachte, was ich gesehen hatte. Als ich Alistairs Namen nannte, waren die Anderen auf der Stelle wach und kamen zu mir ans Bett. Moon richtete als Erste das Wort an mich.

„Was ist dieses Mal passiert?", sagte sie mit sanfter Stimme. Während ich ihnen genauestens von dem Szenario erzählte, hörten sie mir aufmerksam zu. Nachdem ich geendet hatte, war es furchtbar still in meinem Zimmer. Ryans und Jasons Gesichter hatten sich verdüstert und Moon schien geschockt. „Hat von euch schon mal von so einem Wald gehört?", fragte Jason mittendrin.

 „Ja", flüsterte Moon. „Alles okay?", fragte ich, da sie mir den Rücken zugedreht hatte. Langsam wandte sie sich zu mir um. Ich konnte die Angst und die Trauer sehen, die ihr ins Gesicht geschrieben standen. „Ich weiß, wo es so einen Wald gibt.", seufzte sie. „Und wo?", wollte Ryan wissen. Lange Zeit sagte sie nichts, bis sie ganz leise etwas murmelte. „Bei mir daheim...."

Verwirrt blickten wir sie an, da keiner verstanden hatte, was sie meinte. Immerhin war sie ein Geist, somit war ihr Zuhause irgendwo aber nicht auf der Erde. Sie schien unsere Verwirrung zu bemerken. „Ich habe dir doch mal erzählt, dass ich kurz nach dem Krieg geboren wurde. Der Krieg damals hatte viel Schaden angerichtet, doch in der Nähe meines Dorfes, gab es einen Wald. Dort war alles tot und keiner traute sich, sich auch nur einen Schritt hineinzuwagen. Was ich dir jedoch nicht erzählt habe, war, dass ich einen kleinen Bruder hatte. Eines Tages ging er aus unserem kleinen Haus, um mit ein paar Dorfkindern zu spielen. Als es Abend wurde, kamen die Kinder zurück, doch ohne meinen Bruder. Schnurstraks kamen sie auf unsere Hütte zugelaufen. Sie erzählten uns, dass sie nahe des verbotenen Waldes Verstecken gespielt hatten. Ihr müsst wissen, mein Bruder war immer sehr ehrgeizig und neugierig. Er ignorierte alle Warnungen und lief in den Wald. Einer seiner Freunde hatte ihn dabei beobachtet, doch er konnte ihm nicht folgen ohne in den Wald zugehen. Sie riefen nach ihm, doch er kam nicht.... Natürlich waren unsere Eltern außer sich vor Sorge, als sie davon erfuhren. Es dauerte auch nicht lange, bis sie den Entschluss gefasst hatten, ihn zu suchen. Zusammen gingen wir also mitten in der Nacht zum Rand des verbotenen Waldes. Den ganzen Weg über fragte ich meine Eltern, ob sie das wirklich tun wollten. Ich hatte mir natürlich auch furchtbare Sorgen um meinen Bruder gemacht, doch ich hatte Angst, dass ich dann nicht nur ihn sondern auch meine Eltern verlieren würde, wenn sie dort hinein gingen, um ihn zu suchen. Natürlich bejahten sie und wiesen mich an, hier am Rand zu warten, bis sie mit meinem Bruder wiederkommen würden. Um mich nicht schutzlos zurückzulassen, gaben sie mir einen wertvollen Dolch mit einem Medaillon, welches um den Griff gewickelt war. Sie sagten mir, dass das unser Familienerbstück sei und ich es bekommen sollte.", erzählte sie uns. Sie griff etwas, was in ihrem Oberschenkel befestigt war. Mit traurigen Augen blickte sie auf den Dolch, welchen sie nun in ihren Händen hielt. Der Dolch war aus Eisen gefertigt und war mit Mustern verziert worden. Kurz vor dem Griff war ein blauer Kristall in das Eisen eingearbeitet worden, welcher funkelte wie die Sterne. 

Auch der Griff war mit Mustern verziert worden, doch was am meisten Aufmerksamkeit auf sich zog, war ein Anhänger, welcher mit einer Schnur am Griff befestigt worden war. Auf ihm war ein Symbol abgebildet. Es war dasselbe Symbol, welches immer erschien sobald man die Tür zum Versteck öffnete. Das schien nicht nur mir aufzufallen sondern auch den Anderen. Jason wollte gerade etwas sagen, als Moon den Dolch wieder wegsteckte und weiter erzählte. 

„Stundenlang stand ich vor dem Wald, ganz allein in der Dunkelheit. Doch meine Eltern kamen nicht zurück, so wie sie es mir versprochen hatte. Ich weiß noch, wie ich völlig erschöpft an einen Baumstamm gelehnt eingeschlafen war. Die Sonnenstrahlen hatten mich an diesem Morgen geweckt gehabt. Doch zu meinem Bedauern waren meine Eltern immer noch nicht zurück gewesen. Stattdessen hatte ich aber etwas entdeckt. Eine schwarze Gestalt, welche sich elegant durch den verboten Wald bewegte. So neugierig wie ich war, schlich ich ihr hinterher. Natürlich war mir klar, dass ich nicht in den Wald gehen sollte, doch ich hoffte, durch diese Gestalt vielleicht meine Eltern finden zu können. Vielleicht hatte sie ja meine Familie mitgenommen... Ich war so närrisch zu denken, dass sie noch lebten. Doch mit meiner Vermutung sollte ich Recht behalten. Die Gestalt brachte mich wirklich zu meiner Familie. Aber sie waren nicht mehr lebendig, als ich sie vorfand. Ihre Köpfe hatten abgetrennt von ihren Körpern einige Meter weiter gelegen... ", mit diesen Worten verstummte sie.

Legende des Phönix - Wiedergeboren (Bd. 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt