Kapitel 31

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(POV Ryan)

Keine 30 Minuten nachdem ich in mein Zimmer gebracht wurde, wurde ich zu meinem Vater bestellt. Seufzend folgte ich der Wache vor mir. Angst machte sich in meinem ganzen Körper breit.

Wenn ich Vater sagen würde, dass ich Leila nicht ausliefern will, bringt er mich eigenhändig um! Ich musste ihn davon überzeugen, dass ich mit meiner Mission immer noch im Reinen war.

Wir blieben vor einer schweren Holztür stehen. Leise klopfte ich an. „Herein.", ertönte die Stimme meines Vaters. Nachdem ich eingetreten war, schloss ich vorsichtig die Tür hinter mir. Als ich mich umdrehte, erkannte ich, dass mein Vater auf einem Sofa vor einer Feuerstelle saß. „Komm zu mir, Sohn!", sagte er ernst. Ich setzte mich ihm gegenüber auf einen Stuhl. „Du hast mich rufen lassen?", fragte ich. „Genau! Ich möchte von dir einen Bericht über die letzten Tage. Ich weiß, dass das Ganze vorhin gelogen war. Immerhin habe ich deine Ausbildung selbst geleitet und ich würde nichts anderes von einem unserer Besten erwarten.", sagte er lobend, doch ich hörte einen gefährlichen Unterton aus seiner Stimme.

Ich werde ihm von Telvara erzählen müssen, aber ich werde Cronos und Leila so gut wie möglich in Schutz nehmen.

„Du hast Recht, Vater! Wir flogen nicht zu einer Hütte sondern nach Telvara. Dort leben alle Tiere, die in unserer Welt keinen Platz haben.", erklärte ich kühl. „Ich weiß, welche Welt du meinst. Ich kannte nur noch nicht ihren Namen.", sagte mein Vater genervt. „Also hat euch der Phönix dorthin gebracht! Und warum hast du dort nicht deine Mission vollendet?", sagte er streng. In meinen Gedanken tauchte eine Szene auf, in welcher ich Leila zu Boden schlug und dann den Dunklen überbrachte. Ein leichter Schauer durchfuhr meinen Körper. „Ich war verletzt und hätte sie außerdem nicht zurückbringen können. Zusätzlich wusste ich nicht, wie ich in unsere Welt zurückkommen könnte.", log ich. Mein Vater nickte nur. Kurze Zeit sagte er nichts. „Du weißt, dass du sie bald ausliefern sollst!", sagte er streng und musterte mich genau. Am liebsten hätte ich ihn angeschrien, dass ich das niemals tun würde, doch dann wäre mein Leben verwirkt. Ich werde Leila beschützen bis in meinen Tod, weil ich sie über alles liebe.

Hoffentlich glaubt er mir meine Lügen. Aber so wie es ausschaut, habe ich nichts zu bedenken.

(POV Leila)

Ich wachte blinzelnd auf. Genüsslich streckte ich mich und seufzte laut. Der Schlaf hatte wahre Wunder bewirkt. Es war schon Abend und die Sonne ging langsam unter. Glücklich stand ich auf und machte mich auf den Weg zu Ryans Zimmer. Mehrmals klopfte ich an, doch keiner machte auf. Also beschloss ich, mich auf die Suche nach ihm zu machen. Ich irrte im Palast herum und wollte gerade wieder in einen Gang abbiegen, da ertönte Ryans Stimme aus einem der Zimmer mehrere Meter vor mir. Die Tür hatte sich mehrere Zentimeter geöffnet. Leise schlich ich mich an. „....., dass du sie bald ausliefern sollst!", ertönte die Stimme von Marcus Blackwell. Lange Zeit kam nichts, doch dann hörte ich Ryan. „Ich weiß! Ich habe auch schon einen Plan.", sagte er. „Und der wäre?" Ich konnte den Spott hören, der tief in der Frage steckte. „Leila schmilzt regelrecht in meiner Hand dahin. Ich muss nur den richtigen Zeitpunkt abwarten, damit ich sie euch ausliefern kann." Ryan klang furchtbar stolz. Mein Herz schlug mir bis zum Hals und ich merkte, wie tief in mir etwas zersplitterte. „Sie wird bald bei euch sein und dann könnt ihr tun und machen, was ihr wollt." „Sehr schön, dann ist diese Mission bald beendet.", sagte Marcus stolz. Marcus und Ryan redeten schon weiter über ein anderes Thema, doch ich verstand kein einziges Wort mehr. Ich fühlte mich taub und leer.

Wie hatte ich mich nur so täuschen können? Ryan hat mir alles vorgespielt. Er ist mir nur näher gekommen, damit er mich an verraten kann! Sogar der Kuss war gespielt gewesen.

Wankend ging ich in mein Zimmer, wo ich den Rest des Abends verbrachte. Ich würde Ryan nie wieder die Chance geben, mich zu verletzten. Er war derjenige, der dafür bezahlen würde.

Ich werde nie wieder auch nur ein Wort mit ihm reden. Er hatte mich nur um den Finger wickeln wollen, damit er es leicht hatte.

Ich wusste nicht, wie lange ich schon auf dem Boden vor meinem Bett saß. Doch plötzlich hörte ich, wie jemand an meiner Tür klopfte. Langsam rappelte ich mich auf und fuhr mir sicherheitshalber nochmal über die Augen, um den Rest der Tränen wegzuwischen. Vor der Tür atmete ich noch einmal tief ein und versuchte, ein Lächeln aufzusetzen, bevor ich die Tür mit einem Ruck aufzog. Doch bei der Person vor mir, verging mir sofort das Lächeln. Mürrisch blickte ich Ryan in die Augen. Er schien, den Wechsel meiner Laune bemerkt zu haben und sah mich skeptisch an.

„Ist alles gut bei dir?", fragte er besorgt und wollte seine Hand an meine Wange legen. Geschickt wich ich ihm aus.

Was bildet er sich eigentlich ein? Wie kann er nur so tun, als wäre er besorgt oder würde etwas für mich fühlen?

„Ja, es ist alles in Ordnung. Ich habe nur nicht gut geschlafen.", sagte ich monoton. Am Liebsten hätte ich mit meinen Nägeln sein Gesicht zerkratzt, doch ich wollte erfahren, warum er diese Mission hatte und was diese Leute von mir wollten. Ryan sah mich zwar immer noch besorgt an, nickte dann aber. Er wollte sich schon an mir vorbei in meine Zimmer schieben, als ich ihn gerade och so aufhalten konnte. „Bitte nicht. Ich brauche meine Ruhe. Die letzten Tage haben mich furchtbar erschöpft und ich wäre einfach gern allein gerade.", versuchte ich so sanft wie möglich. Ich wollte nicht, dass er herausfand, was ich alles über ihn wusste. Deswegen durfte ich es mir nicht leisten, dass er was mitbekam.

„Wenn das so ist, dann ruh dich gut aus. Soll ich dir etwas zu Essen herbringen?", sagte er mitfühlend. Sein Blick war so warm und voller Liebe.

Wie kann sowas keine Liebe sein? Aber ich habe ja selbst gehört, was er zu seinem Vater gesagt hat.

„Nein danke. Ich geh mich jetzt jedenfalls ausruhen. Wir sehen uns morgen. Träum süß!", sagte ich so freundlich es ging. Ryan kam nicht dazu etwas zu sagen, denn ich ging schon in mein Zimmer und schloss die Tür hinter mir.
Ich hörte, wie nach kurzer Zeit sich Schritte langsam entfernten. Vorsichtig setzte ich mich auf mein Bett, weil ich das Gefühl hatte, gleich in Ohnmacht zu fallen. Mein Herz pulsierte schmerzend in meiner Brust und schrie nach dem Mann, den ich soeben weggeschickt hatte. Ohne es zu wollen, traten mir wieder Tränen in die Augen. Ich verfluchte mich für meine Gefühle. Damit ich nicht wieder in meinen trostlosen Zustand verfiel, riss ich mich zusammen und dachte über die nächsten Tage nach. Wir würden wieder in die Schule fahren! Das hieß, dass ich meine ganzen Sachen noch zusammen räumen musste. Ich entschied, meine Sachen jetzt zu packen, um mich von meinen Gefühlen ablenken zu können. Ich hoffte, dass irgendwer die Hefteinträge für mich zum Nachschreiben hatte. Da heute Montag war und wir morgen erst später ankommen würden, konnten wir erst Mittwoch wieder zur Schule. Diese Freude.....

Schnell kramte ich meine Tasche unter dem Bett hervor, welche ich dort verstaut hatte, nachdem man uns hierhin gebracht hatte. Dann öffnete ich meinen Kleiderschrank und begann, meine Klamotten ordentlich zusammenzulegen und in die Tasche zu sortieren.



Legende des Phönix - Wiedergeboren (Bd. 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt