9. Kapitel

24 6 4
                                    

Der Einbrecher sank zu Boden und gab einen schmerzerfüllten Ton von sich. Zufrieden stand ich auf und näherte mich der Person, doch ich erkannte in der Dunkelheit kaum etwas. Also machte ich schnell die Rollläden hoch und helles Tageslicht erleuchtete die Raum.
"Kyungsoo", stöhnte die Person am Boden und ich drehte mich zu ihr. "Ich habe dich immer geliebt..."
Die Worte verwirrten mich und ich überlegte, ob ich vielleicht einen Verehrer gehabt hatte, von dem ich nichts wusste. Vielleicht war er eifersüchtig auf Kai und hat uns deshalb heimgesucht.
Ich nahm die Maske des Typen ab und zum Vorschein kam Kai's Gesicht. Scharf zog ich die Luft ein, taumelte ein paar Schritte zurück und fiel zu Boden.
Ich rieb meine Augen und schüttelte meinen Kopf. Plötzlich lag vor mir keine Person mehr komplett schwarz angezogen, sondern Kai in den Klamotten, mit denen er am Morgen das Haus verlassen hatte.
"K-Kai?", hauchte ich geschockt.
"Ich liebe dich.. egal was passiert.." Schwach sah er mich an und versuchte zu lächeln.
Wie konnte es passieren, dass ich Kai erschossen hatte? Bis gerade eben war dort nur der fremde Einbrecher, der mich töten wollte.
"Du darfst nicht sterben!", schrie ich schnell und presste meine Hand auf die Wunde aus der das Blut floss. Es war so viel Blut... er würde verbluten!
"Es tut mir so leid! Scheiße! Ich dachte du wärst der Einbrecher, er war eben noch da!"
"Kyungsoo... deine Halluzinationen und Psychosen sind wieder aufgetreten.. wahrscheinlich gab es nie einen Einbrecher.. aber es ist okay. Du kannst nichts dafür. Ich hätte... besser aufpassen müssen. Und ich sterbe lieber durch deine Hand als durch eine Krankheit oder durch einen Unfall... bitte begib dich in professionelle Hilfe. Ich bin dir nicht böse.." Ich hatte Mühe ihn zu verstehen, er redete kraftlos, leise und undeutlich.
"Nein, nein! Du wirst nicht sterben! Lass die Augen auf! Bitte! Du darfst mich nicht verlassen!", flehte ich und fing an zu weinen.
"Ich verlasse dich nicht. Das würde ich niemals tun.. ich bin immer bei dir.."
"Bitte lass die Augen auf, du darfst nicht sterben!"
Er öffnete seine Augen und ich sah, wie schwer es ihm fiel. Seine Atmung war ruckartig und ungleichmäßig. Sein Gesicht war schmerzverzerrt und trotzdem gab er sich große Mühe, mich anzulächeln.
"Es ist zu spät.."
"Nein, ist es nicht! Ich rufe einen Krankenwagen, bis dahin musst du durchhalten, ja?!"
Ich wollte aufstehen, doch er bat mich, bei ihm zu bleiben.
"Ich schaffe das nicht mehr... bitte bleib bei mir."
Mit Tränen in den Augen rang ich mit mir. Vielleicht könnte er es schaffen. Vielleicht starb er noch bevor ich das Telefon geholt hatte. Ich wusste es nicht. Deshalb beschloss ich seinen Wunsch zu erfüllen und setzte mich wieder neben ihn und nahm seine Hand. "Es tut mir so leid..."
"Schon okay... vergiss nicht, dass ich dich immer geliebt habe und immer lieben werde..." Während er redete lief Blut aus seinem Mund. Das Reden fiel ihm so schwer und die Worte, die aus seinem Mund kamen konnte ich nur schwer verstehen.
"Rede nicht mehr... ich liebe dich auch. Aber ich kann nicht ohne dich leben."
"Du musst", brachte Kai noch heraus bevor er seine Augen für immer schloss. Leise atmete er aus und der Schmerz wich aus seinem Gesicht. Fast schon sah er friedlich aus.
Bei seinem Anblick zerbrach mein Herz in tausend Scherben und ich fing an zu schreien. Was ich schrie wusste ich nicht, aber es war ein sehr schmerzerfüllter Schrei. Meine Welt ging unter und ich wusste nicht, wie ich mit diesem Druck und dem Schmerz in mir umgehen sollte. Er überrollte mich und begrub mich unter sich. Ich war begraben in einer Welle voller Schmerz und Trauer.
Ich strich zaghaft über das Gesicht von Kai. Es war verschwommen durch die Tränen, die aus meinen Augen schossen. Einige Tränen tropften auf ihn. Meinen Kopf legte ich auf seine Brust. Sein Körper war warm, doch es war keine Atmung und kein Herzschlag zu hören.
"Es tut mir so schrecklich leid... ich wollte all das nicht. Ich liebe dich so sehr..."
Ich weinte so lange, bis all meine Tränen aufgebraucht waren und sein Oberteil nass war. Er lag in einer Pfütze aus seinem Blut und ich saß darin, doch es störte mich nicht.
In dem Moment dachte ich an nichts anderes, außer bei ihm zu sein und bei ihm zu bleiben.
Ich hatte das Wichtigste in meinem Leben verloren.

"Kyungsoo?"
Die Stimme gehörte Kai und ich richtete mich verwirrt auf. Ich sah auf den Körper vor mir, der plötzlich wieder dem Einbrecher gehörte. Er war stämmiger und nicht so zierlich wie der von Kai. Seine Klamotten waren alle schwarz und das Gesicht war mir fremd. Erschrocken wich ich von ihm zurück.
"Was zur Hölle...?", murmelte ich verwirrt und sah Richtung Flur, aus der Kai's Stimme kam.
"Kai?", fragte ich etwas lauter und stand auf. Schnell wischte ich die Tränen aus meinen Augen um besser sehen zu können und ging leise in den Flur. Dort stand Kai. In der selben Kleidung wie heute Morgen. Aber eben lag er noch leblos auf dem Boden.
"Kai? I-Ich dachte du wärst tot!" Erleichterung durchflutete meinen Körper, doch ich konnte meinen Augen kaum trauen. Er stand da und lebte. Völlig unversehrt und gesund.
"Was? Wieso? Was ist passiert? Und warum ist es hier so dunkel?"
Er schaltete das Licht an und sah mich mit geweiteten Augen an. "Warum bist du voller Blut? Kyungsoo, was ist passiert?!"
Es kam kein Wort aus mir, ich war einfach nur glücklich, dass er lebte. Ich wollte auf ihn zulaufen, doch meine Beine gehorchten mir nicht.
"Ist alles gut? Du bist so blass." Besorgt sah er mich an und mir wurde schwindelig.
"Dir geht es gut..", murmelte ich und taumelte etwas. Ich war so verwirrt, aber auch glücklich, dass ich doch jemand anderen erschossen hatte und nicht meinen geliebten Kai. Doch ich war so erschöpft von dem ganzen Stress, dem Weinen, der Angst und der ganzen Situation, dass mir schwarz vor Augen wurde. Diese Gefühle hauten mich wortwörtlich um.
Ich hörte Kai noch meinen Namen schreien, doch ich fiel zu Boden bevor er mich erreichen und auffangen konnte.

-----------

𝑨𝑴𝑵𝑬𝑺𝑰𝑨 || 𝑲𝒂𝒊𝑺𝒐𝒐 (ABGESCHLOSSEN)Where stories live. Discover now