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Jisung

Jeongin und Chan waren nun ebenfalls mit mir im Abgrund und blickten den Gang entlang. Beide wirkten irgendwie beeindruckt. Sowohl von meinen Wasserbändigungsfähigkeiten, als auch von den schnell ausgebildeten Erdbändigungskräften.

„Bist du dir sicher, dass der Weg zum Palast führt?", hinterfragte der Jüngste skeptisch und betrachtete die funkelnden Steine an der Wand interessiert. Chan schien ebenso unsicher und schaute sich nach irgendwelchen Hinweisen um. Ob zum Beispiel irgendwelche Schilder zu sehen waren oder Schriften in die Mauer gemeißelt wurden.

Ich andererseits war mir sehr sicher, dass dieser Tunnel zu wichtigen Orten der Stadt führte. Also auch zum Schloss.

„Ich glaube die Soldaten nutzen diese Gänge, um schneller in den Palast oder in anliegende Tempel zu kommen, falls irgendetwas vorfällt. Also so etwas wie Notfalltunnel, fürs schnellere Reisen. Die beiden Könige sind sicher auch über das unterirdische System zum Palast gegangen. Ich meine... ist euch mal aufgefallen, dass man die beiden nie durch die Tür sehen geht, wenn sie zum Palast wollen? Sicherlich ist irgendwo im Garten oder im Haus auch ein Zugang zu diesem System.", erklärte ich meine Vermutung.

Chan nickte nun etwas überrascht und sah in meine Richtung.

„Stimmt, die beiden gehen nicht durch die Haustür. Sonst würde man sie auch direkt in der Nachbarschaft erkennen und sie wären Zuhause nicht mehr unter sich. Ich kenne das Problem auch", meinte der Herrscher des Luftkönigreichs leicht lachend und kratzte sich am Hinterkopf.

Ich lachte auch kurz und sah zu den beiden Jungen an meiner Seite.

„Sollten wir es versuchen? Ich kann uns jederzeit an die Oberfläche bringen, falls wir das Gefühl haben, dass wir hierdurch nicht am Palast ankommen", schlug ich vor und sah beide hoffnungsvoll an. Gerade hätte ich gerne Seungmin dabei. Er würde den Tunnel sicher kennen und könnte uns sagen, ob wir auf dem richtigen Weg waren.

Kurz seufzte ich. Hoffentlich hatte Hyunjin alles unter Kontrolle und tötete Seungmin nicht aus Versehen. So oft, wie die beiden sich stritten, war das gut vorstellbar.

„Ich vertraue dir, Jisung. Wenn du meinst, dass wir so sicher und schnell ankommen, folge ich dich", verkündete Jeongin und stellte sich motiviert vor mich. Ich kicherte etwas über die Niedlichkeit unseres Jüngsten und wagte einen Blick zu Chan, der immer noch zu überlegen schien.

Irgendwann seufzte er nur und nickte etwas.

„Okay, ich komme mit, aber nur weil uns echt die Zeit fehlt. Wenn es wirklich stimmt, dann können wir es so schaffen, vor der Feuernation beim Palast anzukommen", stimmte er mit ein und nickte etwas dabei.

Sehr gut.

„Dann mal los, bevor es wirklich zu spät ist", meinte ich motiviert und deutete auf den Weg, den ich eben erleuchtet hatte. In der Richtung lag ungefähr der Palast, also müssten wir nach links.

Und wieder liefen wir. Immer weiter den Tunnel entlang. Es war komplett still und obwohl es relativ hell war, fuhr mir ein Schauer über den Rücken. Es war gruselig und man fühlte sich zwar sicher, aber im selben Moment irgendwie beobachtet. Wie es aussieht, ging es nicht nur mir so, sondern auch Jeongin sah immer wieder nach hinten, ob irgendwas uns verfolgte. Da jeder unserer Schritte an der Wand wieder schallte, hatte man das räumliche Hören irgendwie komplett verloren und jedes Geräusch kam von allen Seiten.

Chan wieder herum schien sich davon gar nicht beirren zu lassen und lief einfach weiter gerade aus. Das war ebenfalls etwas, was mir an Chan aufgefallen war. Angst war für ihn ein Fremdwort. Sein Motto ist wirklich „Augen auf und durch". Und das tat er auch hier: Augen auf und weiter geradeaus.

My Beautiful EnemyWhere stories live. Discover now