My Beautiful Enemy

~28~

Jisung

Stolz über meinen Überraschungsangriff richtete ich mich wieder auf, wobei ich noch etwas unsicher auf den Beinen stand. Von hinten sah ich Chan nur als großen eingefrorenen Eisblock. Das hatte ich eindeutig gewonnen.

Mein Lehrer schien sich nicht bewegen zu können, weswegen ich triumphierend vortrat. Als ich mich vor ihn stellen wollte, merkte ich, dass sich der König gar nicht in dem Eis befand. Heh?!

Wie war er dieser Falle bitte entkommen? Und wie hatte ich es nicht bemerken können?!

,,Erste Lektion, die ich heute eigentlich mit dir lernen wollte: Schnelligkeit. Sei schneller als dein Gegner", sagte eine Stimme schräg über mir. Ich erschrak und sah zur Hauswand, wo Chan auf einer Fensterbank saß. Was? Wie?

Er sprang wieder neben mich und lachte. Ob er über meine Attacke lachte oder mich einfach nur generell auslachte, wusste ich nicht, aber irgendwann musste ich einfach mitlachen.

Es dauerte etwas, bis wir wieder konzentriert waren.

,,Okay, du hast gewonnen", gestand ich dann und sah etwas betrübt zu Boden.

Chan legte eine Hand auf meine Schulter und ich sah ihn an.

,,Mach dir nichts draus. Irgendwann wirst du mich auch schlagen können. Du musst einfach noch viel lernen, aber nichts ist unmöglich, ok?", meinte Chan fürsorglich und tätschelte meine Schulter leicht.

Auch wenn seine Worte echt hilfreich waren, fühlte ich mich etwas untalentiert und nickte einfach nur simpel.

Er ließ von mir ab.

,,Na jetzt, wo du weißt, was ich mit dir üben will, können wir ja so richtig anfangen", schlug er vor, was ich wieder nur stumm benickte.

,,Also heute geht es um die Fähigkeit zu fliegen. Wie du sicherlich weißt oder dir zumindest vorstellen kannst, nutzen Luftbändiger ihre Fähigkeit nicht nur zum Kämpfen, sondern auch zur Fortbewegung. Wir nutzen die Luft also, um uns flexibler beim Bewegen zu machen", erklärte Chan und ich versuchte jedes seiner Worte zu verinnerlichen. Fliegen also. Wie ich mich kenne, werde ich mich dabei so legen.

,,Also erst einmal stellst du deine Beine schulterbreit hin. Nicht zu weit auseinander und versuchst wieder die Luft um dich herum zu spüren.", sagte mein Lehrer und schloss seine Augen, während er es vormachte. Stumm kopierte ich seine Statue und wartete auf nächste Anweisungen.

,,Wichtig jetzt ist es, zu springen und im nächsten Moment die Luft so zu halten, das du nicht fällst. Du musst dafür ein echt gutes Zeitgefühl haben. Jede Sekunde könnte eine zu früh oder zu spät sein. Klingt komplizierter, als es eigentlich ist. Lass dich davon nicht abschrecken.", lachte er leicht und sprang in die Höhe. Am höchsten Punkt blieb er einfach stehen und schwebte an der Stelle. Wie ein Engel ohne Flügel. Das schaffe ich doch im Leben nicht.

Chan blieb eine Weile in der Luft, bevor er langsam wieder herunter sank.

,,Sobald du dich an das Gefühl gewöhnt hast, wirst du es lieben. Es ist so, als würdest du eins mit der Luft werden. Man fühlt sich einfach frei", schwärmte Chan dann etwas vor sich hin. Das klingt viel zu toll um wahr zu sein. Das Gefühl muss wirklich unbeschreiblich sein. Meine Neugierde wuchs, doch die Angst auch.

,,Okay, ich werde es mal versuchen", meinte ich dann etwas unsicher. Probieren kostet ja nichts. Falls es schief geht, breche ich mir vielleicht nur ein paar Knochen. Ich sollte aufhören negativ zu denken, oder?

Ich atmete aus, stellte mich fest hin und schloss die Augen. Die Luft spüren also. Der leichte, fast kaum vorhandene Wind fuhr durch mein Haar und kitzelte meine Haut. Wie unterschiedlich man den Wind wahrnehmen kann, wenn man sich mal nur auf ihn konzentriert.