~6~

735 54 15
                                    

Jisung

Etwas überrascht über die Aussage des Älteren, drehte ich mich zu ihm.

,,Du willst einfach abhauen? Aber dein Leben hier ist doch gut. Du hast eine Familie und einen Job. Du musst das nicht alles für mich aufopfern", meinte ich skeptisch, doch lächelte ihm sanft zu.

,,Ganz ehrlich, eigentlich hält mich nichts mehr hier. Der Job ist langweilig, meine Eltern lassen mich sowieso machen, was ich will und in einer Stadt, die nicht mehr von Wasserbändigern regiert wird, will ich nicht leben", sagte er mit fester Stimme.

Ich sah vor mir auf den Boden und überdachte dessen Idee etwas. Eigentlich hatte er Recht. Wir würden einfach neu starten und die Welt erkunden. Daran war nichts aus zu setzen. Wir waren fast erwachsen, also durften wir machen was wir wollen. Und wenn wir halt abhauen, dann hauen wir halt ab.

Nachdem ich schwieg und weiter darüber nachdachte, sah Hyunjin hoffnungsvoll zu mir.

,,Und? Was hältst du davon?", hackte er nach und ich gab mich geschlagen.

,,Ja, ist schon gut. Lass es uns versuchen.", gab ich leise zurück und ich sah wie das Lächeln auf Hyunjins Gesicht immer breiter wurde. So glücklich hatte ich ihn schon lange nicht mehr gesehen.

,,Wann wollen wir dann los?", fragte ich irgendwann und sah zu der kleinen Öllampe die Hyunjin immer noch in der Hand hielt.

,,Heute Nacht?", schlug er vor und zuckte leicht mit den Schultern. Das wäre ja schon in den nächsten 5 Stunden?! Er wollte wahrscheinlich echt gerne von hier weg und das so schnell wie möglich. Aber ich konnte es ihm nicht verübeln. Wirklich gerne war hier momentan keiner mehr.

Aber schon kamen Fragen auf.

,,Woher nehmen wir Proviant und Geld? Wir können uns nicht ewig über Wasser halten. Außerdem ist mein ganzes Geld noch bei meiner Mutter", seufzte ich aus und verlor wieder die Hoffnung.

,,Ach Jisung, du denkst zu viel nach und dazu noch zu negativ. Ich kann einfach etwas Geld, genau wie Essen von meinen Eltern nehmen. Dein Geld können wir bestimmt auch aus deinem Zimmer klauen", meinte Hyunjin leichtsinnig. Ich mag zu viel denken, aber er denkt mit Abstand zu wenig über Sachen nach. Er stellt einen Plan auf und überdenkt ihn kein zweites Mal. Das war typisch Hyunjin.

,,Aber das Geld, als auch das Essen, wird irgendwann aufgebraucht sein", meinte ich, während ich leicht die Augen verdrehte.

,,Ich bin nicht dumm, Jisung", meinte er schmollend und sah mich an.

,,Sicher?", gab ich nur spielerisch zurück, während ich leicht begann zu lachen.

,,Warum bin ich nochmal mit dir befreundet?", meinte er mit gespielt traurigem Unterton.

Grinsend zuckte ich mit den Schultern. Wir liebten es uns gegenseitig zu necken. Aber sowas macht Freundschaft irgendwie auch aus, oder?

,,Ich kann einfach etwas klauen", erklärte Hyunjin seine Aussage von vorher und kurz sah ich ihn entsetzt an, bis mir einfiel, wie oft er schon gestohlen hatte. Er ist ein kleiner Profi darin. Nie hatte einer der Verkäufer gemerkt, dass ihnen Essen fehlte oder sogar ihr Geld. Hyunjin war einfach flink in seinen Aktionen und dazu auch noch sehr geschickt.

Auch wenn ich kein Freund vom Stehlen war, war es eine gut Idee. Solang ich nicht selber stehlen müsste, wäre das für mich in Ordnung. 

Wieder nickte ich.

,,Gut, dann lass es uns so machen", stimmte ich nun endgültig zu.

Sofort sprang Hyunjin auf, wobei die Öllampe ausging und wir wieder im Dunkeln standen.

My Beautiful EnemyWhere stories live. Discover now