Unangenehme Gesellschaft

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Elida

Elida wurde von einer ruckartigen Bewegung geweckt. Augenblicklich spürte sie einen stechenden schmerzende Stelle am Kopf, an der sie einer der Fae, vermutlich dieser Sorin, niedergeschlagen hatte. Blinzelnd versuchte sich an ihre Augen an die helle Sonne zu gewöhnen. Vor ihren Augen zogen Kieselsteine vorbei. Man sah nichts außer Steine, Erde und Grasbüscheln, bis Elida merkte, dass man sie auf ein Pferd gefesselt hat.

Sie haben dich einfach wie einen alten Mehlsack auf einen Gaul gebunden. Das kann doch nicht wahr sein. Frustriert hob sie den Kopf an, ließ es aber Dank unerträglichen Genickschmerzen bleiben. Mühsam verrenkte sie ihren Kopf so, dass sie außer Dreck noch etwas sehen konnte. Gemächlich ritten die drei Fae neben ihr her. Sie schienen nicht bemerkt zu haben, dass sie bei Bewusstsein war. Gut so.

Wäre sie nicht festgebunden, hätte Elida jeden einzelnen von ihnen, die nächste Klippe runtergestürzt. Sie malte sich aus, was sie mit jedem von ihnen anstellen würde, wenn sie es könnte. Nicht, dass sie Erfahrung im Bereich Folter und Mord hatte, allein die Vorstellung bereitete ihr jedoch Freude.
Bei dem Gedanken an ihre hilflosen Gesichter musste sie lächeln.

Ein Stolperer des Pferdes erinnerte Elida wieder an die Gesamtsituation. Langsam und darauf bedacht keine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, machten sie sich an den Knoten an ihren Handgelenken zu schaffen. Es wäre unmöglich die Seile mit den Fingern zu erreichen ohne sie unmenschlich zu verrenken, deswegen führte sie den Knoten zu ihren Zähnen.

Das war eine Bewegung zu viel, denn einer der Männer Elida bemerkt. „Sie ist wach!" Sie hielten an und jemand band Elida los. Sie wurde von ihrem Gaul heruntergehoben.

In dem Moment, als sie auf dem Boden abgesetzt wurde, ergriff Elida ihre Chance und stürzte davon. Doch nach nur vier Metern, hielt sie  jedoch etwas zurück und sie schlug der Länge nach zu Boden. Verwundert blickte sie auf ihr rechtes Fußgelenk, an dem eine Fußfessel befestigt war.

Das andere Ende der Kette hielt Sorin in der Hand, der ein selbstzufriedenes Grinsen trug. „Dachtest du wirklich, wir würden dich ohne jegliche Sicherheitsvorkehrungen losbinden? Nicht nachdem du dich so aufgeführt hast, meine Liebe."

Sie durchbohrte ihn wütend mit ihrem eiskalten Todesblick, doch das wirkte bei ihm genauso viel wie eine Festung mit Papierkügelchen zu bewerfen. „Fyllo wird dir jetzt zu Trinken geben. Wir wollen ja nicht, dass du uns vertrocknest." fuhr Sorin gedehnt fort. Fyllo, der Mann der mit den schwarzen Haaren ging langsam zu dem jüngsten der drei. Dieser kramte kurz in der Satteltasche, und hielt ihm dann einen Wasserschlauch hin.

Fyllo nahm den Schlauch und drückte ihn Elida in die Hand.  Eigentlich wollte sie sich aus Trotz widersetzen, doch erst jetzt spürte sie wie durstig sie war. Sie setze den Schlauch an ihren Mund und ließ das kühle Wasser in ihre trockene Kehle runterfließen und verschluckte sich dabei fasst. Gierig trank sie weiter, bis Fyllo sie ihr wieder entriss.

Elida wollte etwas einwenden aber ließ es dann doch bleiben. Es hatte keinen Sinn sich zu wehren. Als Mensch könnte sie es nicht einmal mit einem von ihrer Art aufnehmen.

„Yarman, binde sie wieder auf ihr Pferd!" befahl Sorin.

„Warum soll ich das machen, mach's doch selber."

„Erstens bist du der Jüngste von uns und solltest mir gehorchen und zweitens bin ich mir sicher, dass sie mir bei dem Versuch die Augen auskratzen würde, angesichts der finsteren Blicke, die sie mir die ganze Zeit zuwirft." konterte Sorin mit einem Kopfnicken in ihre Richtung.

Sie hatte ihn die ganze Zeit böse angestarrt. Das war ihr gar nicht aufgefallen. „Oh, ich würde dir nicht nur deine dämlichen Klotzaugen auskratzen!" Bekräftigte sie sein Argument, biss sich aber noch im selben Moment auf die Zunge.

„Und stopf ihr das Maul!" fügte Sorin locker hinzu und wand sich ab. „Sag doch gleich, dass du Angst vor dem kleinen Mädchen hast." neckte ihn Yarman und fuhr sich durch sein kurzes, braunes Haar. Sorin warf ihm einen Blick, bei dem ich nicht in Yarmans Haut stecken wollte zu, und schwang sich auf sein Pferd.

Seufzend übernahm der junge Soldat die Leine und fesselte ihr die Hände, behielt sie dabei aber immer im Blick. Gnädiger Weise knebelte er sie nicht. Wie nobel von ihm. Vielleicht hatte er auch einfach nur Angst, dass Elida ihn beißen könnte.

Diesmal durfte sie aufrecht auf ihrem Pferd sitzen, doch die Leine der Fesseln endete in Fyllos Satteltasche. Genervt atmete Elida aus. „Gut. Ich denke wir hatten alle einen schlechten Start miteinander. Ich weiß nicht was ihr genau wollt, aber ich weiß, dass ich es euch nicht geben kann."

Niemand rührte auch nur ein Ohr, darum fuhr sie fort. „Wenn ich irgend einen Grund betreten habe tut mir das Leid. Ich wusste selbst nicht wie ich da hingekommenen bin."

Immer noch keine Reaktion. Langsam riss ihr Geduldsfaden. Ignoranz war etwas, dass sie gar nicht leiden konnte. „Ich weiß ja nicht was unter euch für Höflichkeitsformen gelten, aber normalerweise führt man Gespräche anders."

Sollen diese Idioten doch an ihrem eigene Speichel ersticken. Fyllo war der erste der sich rührte: „Was wir mit dir vorhaben braucht dich nicht zu interessieren."
Was war nur los mit diesen Fae?

Sie ritten stundenlang durch Wälder und über kahle Feldwege. Elidas Schenkel schmerzten schon von dem langen Ritt und ihr steifer Rücken brannte wie Feuer. Nach einer gewissen Zeit banden sie Elida immer wieder los und gaben ihr zu Trinken, dabei waren sie immer sehr vorsichtig. Den Ritt verbrachte Elida damit, ihre Entführer genau zu analysieren.

Sorin schien der älteste von ihnen zu sein, und damit auch der verantwortungsvollste. Elida hatte gehört, dass die Fae eine sehr hohe Lebenserwartung haben und dementsprechend auch langsam alterten, jedoch wenn sie sich Sorin ansah hätte ich ihn auf 24 Menschenjahre geschätzt. Fyllo konnte nur um ein paar Jahre jünger sein.

Yarman schätzte sie auf ungefähr 16 Menschenjahre.
Er musste wirklich jung sein, doch war er trotzdem Soldat. Mit diesem jungen Alter hätte man bei in der Menschenwelt noch am Hof mitgeholfen. Sie wollte gar nicht wissen, was die Fae noch so mit ihren Kindern anstellten, oder noch schlimmer, was sie mit ihr anstellen würden.

Sie ritten durch den Wald, als sich vor ihrem Blick ein riesiges Schloss erhob. Wie aus einem Traum. Es war aus weißen Steinen gebaut, mit grünen und goldenen Dächern, sowie Türmen. Um das Schloss wand sich eine lange, goldene Schlossmauer, die aber nicht den Blick auf das Gebäude versperrte.

Fyllo lachte, als er sah, dass Elida der Mund offen stand. Schnell setzte sie ein gleichgültiges Gesicht auf. Sie sollten nicht denken, dass sie sie mit Prunk und Größe beeindrucken könnten. Sie ritten an einem goldenen Thor an. Davor waren zwei Wachen postiert. Ihre Rüstungen hatten dieselben Grün- und Goldtöne, wie das Schloss selbst. Als sie die Eintreffenden erblickten, öffneten sie das Thor und gewährten Einlass.
Nun war sie hier. Es gab kein Zurück mehr.

The Missing CrowWhere stories live. Discover now