Das Duell

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Elida

Wieder stand sie am Übungsfeld. Irgendwo hörte sie das krächzen eines Raben. Die Haare klatschnass vom Regen und ihr Hemd klebte wie eine zweite Haut an ihrem Körper. Jeder Atemzug war eine Qual und es bildeten sich Rauchwolken in der Luft. Es waren bereits drei Trainingswochen vergangen. Sie hatte einiges gelernt und war jetzt in der Lage es mit einem ausgewachsenen Elf aufzunehmen. Die letzten Tage waren geprägt von hartem Training und einigen Verletzungen. Sie hat Sorins Rat angenommen und ging Lorcan so gut sie konnte aus dem Weg, doch heute hatte er es regelrecht auf Elida abgesehen.

Sie hielt den Griff ihres Schwertes eisern fest, so dass ihre Knöchel weiß hervortraten und der Raue Griff scheuerte ihre Handflächen. Sorin hatte heute Nahkampf auf den Tagesplan gesetzt. Wir mussten uns in Paaren zusammenfinden. Suchend sah sie sich nach jemanden um, als ob jemand sich erbarmen würde mit ihr ein Paar zu bilden. Sie seufzte und drehte sich Hilfesuchende zu Sorin. Er sah sie nicht einmal an, sondern schien mehr von dem interessiert zu sein, was hinter ihr geschah. Nun wandte sich Elida verwirrt um.

Vor Schock fiel ihr die Kinnlade runter. Lorcan kam wild entschlossen auf  zu. Als hätte er sein Leben lang auf diesen Moment gewartet. Da war dieses böse Funkeln in seinen Augen, das ihre Knie weich werden lies.

Schneller als sie ein Stoßgebiet zur allmächtigen Mutter schicken konnte, stand sie Lorcan, bereit für den Zweikampf, gegenüber. Körperlich sichtlich unterlegen, doch sie würde nichts unversucht lassen. Um sie herum standen Sorin und die anderen Azubis, die uns mit gespannter Mine begafften. Sie wusste, dass es ein Zweikampf war, aber nicht dass es sich hier um einen richtigen Wettbewerb handelte. Manche machten sich nicht einmal die Mühe hinzuschauen, weil sie wahrscheinlich sowieso mit ihrer Niederlage rechneten. Das fachte Elidas Ego umso mehr an. Sorin gab das nötige Zeichen, dass der Kampf begonnen hat und sie gingen langsam aufeinander zu.

Sie hatte Lorcan schon duzende Male beim Kämpfen beobachtet und wusste, dass er einen Kampf immer mit einem aggressiven Schwerthieb zu rechten Schulter begann. Das sollte den Gegner kampfunfähig machen, soweit er Rechtshänder ist. Doch was er nicht wusste: Sie war Linkshänder. Elida führte das Schwert so gut es ging mit der rechten Hand um ihn von ihrem anderen Arm abzulenken. Gekonnt wich sie seinem ersten Schwerthieb aus und begann mit einer Finte. Er wusste, was sie vorhatte und wich ihr nicht aus. Stattdessen machte er einen neuen Angriff auf ihre rechte Schulter. Sie blockte ihn mit ihrem Schwert ab. In dem Moment machten sie Augenkontakt und Elida nutzte den Moment, ihn provokant anzugrinsen. Wütend biss er die Zähne zusammen und versuchte einen Angriff nach dem nächsten. Seine Angriffe wurden immer härter und schneller. Vielleicht war das eine Provokation zu viel.

Ihr Ziel war es seine Aggressionen ihr zu Nutze zu machen. Wenn er durch seine Wut unvorsichtig wird, würde sie ihren Angriff starten. Bis dahin wich sie flink seinen Hieben aus. Ihre Größe war ihr dabei ein großer Vorteil. Das Schwert wurde immer schwerer in ihrer schwächeren Hand sie konnte es nur mehr mit Mühe halten. Das merkte Lorcán und versetzte ihr einen festen Tritt.

Sie taumelte und fiel zu Boden. Sie rollte soweit wie möglich von ihrem Gegner weg. „Du hast versucht mich auszutricksen. Ist es nicht so?" Seine Stimme war wie ein düsteres Gewittergrollen. Ihr ganzer Plan den sie aufgebaut hat zerfiel mit einem Mal zu Staub. Nie hätte sie damit gerechnet.

Bedrohlich kam er auf sie zu und zielte mit dem Schwert auf ihren linken Arm. Das war die einzige Möglichkeit  Widerstand zu leisten, doch wie konnte er es so einfach durchschauen?

Ihre Seite schmerzte, dort wo er sie getreten hatte, und sie konnte sich nur mühsam aufrappeln. Sie stützte sich auf ihrem Schwert ab und wollte einen Angriff wagen, doch Lorcan packte sie an ihren Haaren und zog sie Auf Augenhöhe. Dann lies er ihren Kopf los und sie sackte wieder am Boden zusammen. Erbärmlich.

Unfähig sich aufzurappeln, sah sie ihm zu wie er vor ihr in die Hocke ging. „Ich denke du weißt nun, dass du nur ein armseliges kleines Mädchen bist und hier nichts verloren hast." flüsterte er ihr ins Ohr. Kein Laut wollte ihrer Kehle entweichen. Sie konnte nichts mehr als ihn anzustarren. Er richtete sich auf und schlug sein Schwert in ihre linke Schulter. Ein brennender Schmerz durchzuckte sie, als sich seine Klinge durch ihr Fleisch grub. Ein gellender Schrei zerrissen die Luft.

Mit kalter Mine trat er aus dem Ring und wendete sich and Sorin, dessen Besorgnis, sie von seinem Gesicht ablesen konnte. „Kampfunfähig. Ich habe gewonnen." Seine Stimme war ebenso kalt. Er drehte sich um und verschwand in der Menge.

Sie blieb zurück, wie ein Häuflein Elend. Ihr Körper war dreckverschmiert und sie hielt mir mit meiner Hand die blutende Schulter. Sie war so erbärmlich. So schrecklich erbärmlich und schwach. Angeekelt über ihr eigenes Versagen grub sie ihre Nägel tief in ihr offene Wunde. Der Schmerz, sie hatte ihn verdient. Sie hat all das hier verdient. Das Versagen und die schrecklichen Schmerzen. Selber Schuld wenn sie so ein verweichlichtes Menschenmädchen war.

Sie spürte ein Rauschen hinter sich und Fyllo stand plötzlich neben ihr. Er sagte nicht viel, sah sie nicht mal an, half ihr nur auf und führte sie vom Feld. Sie humpelte in Richtung Schloss, doch Sorin hielt ihn an der Schulter zurück. In seinen Augen sah ich nichts als Ehrlichkeit, als er sich an mich wandte und meinte : „Du hast dich tapfer geschlagen. Nicht jeder überlebt so lange in einem Kampf mit Lorcán." Dann ließ er sie gehen los. Und ließ sie alleine mit seinen Worten.

Sie wurde von Fyllo durch die Gänge geleitet, als er zum ersten Mal zu sprechen begann. „Ich habe zugesehen, wie du gegen ihn gekämpft hast. Ich habe noch nie jemanden so schnelle Fortschritte machen sehen." Sie wollte lächeln, schaffte aber nur ein Nicken „Fyllo, darf ich dich etwas fragen? Ich würde gerne mehr über das Land erfahren, indem wir uns hier befinden." Er stutzte. Er hatte nicht mit einer derartigen Frage gerechnet, doch wenn sie hier überleben wollte, könnten ihr ein paar Informationen nicht schaden. Wissen ist Macht. Das hatte Verona ihr schon oft erzählt. Er öffnete ihre Zimmertür und ließ sie passieren. „Das Land, das unser König regiert nennt sich Eluria." „Dein König, nicht meiner!" korrigierte sie ihn. Dazu hatte ich noch genug Kraft. Er sah so aus als würde er seine nächste Antwort abwiegen und antworte schließlich : „Doch, auch dein König! Du sitzt hier fest und gehörst nun diesem Reich an." Als sie nichts erwiderte setze er sich auf den Sessel neben Elidas Kommode und fuhr fort.

„Wie auch immer. In diesem Reich leben fünf Clans. Jeder dieser Clans hat ein Schutztier. Es sind die Tiere des Waldes. Hirsch, Rabe, Wolf, Fuchs und Schlange. Im Norde lebt der Lupus-Clan mit den Wölfen, so nennen wir die Mitglieder. Sie leben in Hütten und sind für ihre kriegerische Art bekannt. Im Osten lebt der Corvus-Clan, dem meine Wenigkeit ebenfalls angehört. Die Mitglieder heißen Krähen. Sie sind flink und leise wie Schatten. Dort gibt es Baumhausdörfer."

Klischeehaft, Krähen, die auf Bäumen hocken. Bei dem Gedanken musste sie willkürlich Grinsen, was ihr einen verwirrten Blick von Fyllo einhandelte. „Es ist nichts. Fahr fort!" Er schüttelte den Kopf und gab sich wieder seiner Erklärung hin.

„Im Süden befindet sich der Clan der Serpentinen. Sie leben im Zeichen der Schlange. Die Familien dort leben in großem Wohlstand. Sie verkehren viel mit der Königsfamilie und sind oft bei politischen Entscheidungen gefragt.

Alle Frauen die diesem Clan angehören werden zu Kurtisanen ausgebildet. Die meisten unserer Krieger besuchen die Kurtisanen der Serpentinen bevor sie in den Krieg ziehen." Elida runzelte ihre Stirn. Fyllo fuhr unbeirrt fort.

"Und zu guter Letzt die Füchse des Volpin-Clans im Westen, ein äußerst genügsames und friedvolles Volk. Sie sind bei jeglichen Konflikten auf der neutralen Seite. Sie betreiben Ackerbau und versorgen Eluria mit Lebensmitteln.

Nicht zu vergessen, der Clan der Königsfamilie. Der Arietes-Clan. Er ist geweiht vom Geist des Hirschen. Wir befinden uns eben gerade in diesem Gebiet. Es liegt genau im Herzen Elurias."

Nachdem Fyllo gegangen war, lag sie noch lange wach. Der Mond schien in ihr Zimmer und die Sterne funkelten hell am Himmel. Was Vera jetzt wohl gerade macht. Dir alte Trauer überkam sie wieder. Sie hatte einmal Hoffnung, ihre Familie einmal wieder zu sehen, doch selbst dieser Hoffnungsschimmer ist verflogen. Zurück blieb nur mehr ein kaltes Loch indem sie jetzt lag. Nichts ahnend was als nächstes geschehen würde. Machten sie sich Sorgen um sie? Oder glaubten sie sie schon längst als tot?

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