34. Kapitel

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Mittlerweile sind vier Wochen vergangen, die ich jetzt schon hier bin – zwei davon zusammen mit Daryl.
Dwight hat mich immer noch nicht zu ihm gelassen, was ich auch irgendwo nachvollziehen kann, denn seid Simon mich bei den Zellen erwischt hat, scheint es mir als würde Dwight unter Beobachtung stehen.
Aber ehrlich gesagt, ist mir das Scheißegal... ich MUSS Daryl sehen!

Naja im Grunde sehe ich ihn jeden Tag.
Immer wieder läuft er mir zusammen mit anderen Arbeitern über den Weg.
Und jedes mal wieder zerreißt es mir das Herz, denn niemand sieht auch nur im Ansatz so erschöpft und fertig aus wie er.
Fast kommt es mir so vor, als würde er „besondere Aufmerksamkeit" von den Saviors erhalten.

Da ist es wieder, dieses verdammte Lied.

Es treibt mich noch in den Wahnsinn.
Ich gehe durch die Flure, weil ich nach draußen will um mal wieder durchatmen zu können, als ich es wieder höre:
„We're on easy street and it feels so sweet. 'Cause the world is 'bout a treat when you're on easy street..."
Ich verdrehe genervt die Augen, keine Ahnung was es zu bedeuten hat, dass gefühlt eine Milliarde mal am Tag dieser Song zu hören ist, aber es nervt mich ungemein.
Gleichzeitig macht sich in mir wieder diese Neugierde breit, dass ich unbedingt herausfinden muss, was hier vor sich geht.... auch wenn mir das früher schon öfter Probleme bereitet hat.

Ich öffne die große Stahltür, die mich nach draußen auf den Hof führt und anschließend laut quietschend wieder hinter mir schließt.
In der Hoffnung, dass ich hier draußen Daryl zu Gesicht kriege, so wie einige Male vorher, gehe ich langsam über das Gelände.... vergeblich.
Er ist nirgends zu sehen.
'Seltsam... er war schon ganze drei Tage nicht mehr hier draußen!'
Langsam gehe ich weiter und bleibe auf dem Parkplatz stehen.
Von hier habe ich eine gute Sicht zu den Arbeitern, die damit beschäftigt sind Beißer an den Zaun zu hängen.

Ich höre einen markerschütternden Schrei und drehe mich erschrocken in die Richtung, aus der er kam.
Einer der Arbeiter kniet am Boden und hält sich seine Schulter, während ein anderer mit aller Gewalt es gerade noch so schafft einen der Toten zurück an den Zaun zu hängen.
Dann marschiert auch schon Simon über das Gelände und ...... PENG!
Ungläubig sehe ich ihm nach, als er verdammt lässig wieder zurückgeht.
Ohne zu zögern hat er den Arbeiter erschossen... und ihn liegen gelassen.
So als wäre er ein Stück Dreck!
Diese Tatsache schockiert mich mehr, als dass er ihn getötet hat.
Er hätte nichts für ihn tun können, nachdem er gebissen wurde.... aber er war verdammt nochmal ein Mensch, also sollte man ihn auch so behandeln.
'Wir begraben die, die wir lieben – den Rest verbrennen wir!', Gabriels Worte kommen mir in den Sinn. Irgendwo gibt es mit Sicherheit jemanden dem dieser Kerl etwas bedeutet hat.
Und es gibt auch jemanden, der mir etwas bedeutet.

Entschlossen drehe ich mich um und kehre zurück ins innere der Fabrik.
Kurz bevor ich zum Zellentrakt komme, höre ich wie dieses verdammte Lied gerade zu Ende geht.
Als ich um die Ecke gehe, sehe ich Dwight, wie er gerade etwas in den Funk spricht.
„D.!", er hebt den Blick und nickt mir zu.
Ich kann an seinem Gesicht förmlich ablesen, dass er ganz genau weiß warum ich da bin.
Er gibt einen lauten Seufzer von sich, ehe er nach seinen Schlüsseln greift.
„Fünf Minuten!"
Nachdem er die Türe geöffnet hat, verschwindet er aus dem Flur und geht um die Ecke... ich weiß nicht warum, aber irgendetwas sagt mir, dass er genau dort steht und darauf achtet dass niemand kommt.
Langsam mache ich die Zellentür noch ein Stück weiter auf: „Daryl??!"
Es dauert ein wenig, bis sich meine Augen an das Dunkel der Zelle gewöhnt haben, denn der sperrlich beleuchtete Flur, gibt nicht gerade viel Licht ab, das mir helfen könnte irgendetwas zu erkennen.

Ich nehme eine Bewegung rechts neben der Türe war und schrecke leicht zusammen.
„Daryl... was zum..!", ich gehe auf die Knie und kriege im ersten Augenblick keinen Ton raus.
Der Mensch, der hier vor mir kniet, hat so verdammt wenig von dem Redneck, den ich von draußen kenne. Meine Augen beginnen schon wieder zu brennen, als ich mein Gegenüber mustere.
Seine Haare sind fettig, er ist verdammt schmutzig und sieht müde aus... todmüde.
Seine Augen sind geschwollen, es macht auf mich den Eindruck, als würde man ihn gar nicht zur Ruhe kommen lassen.
Er hält sich seine dreckigen Hände vor die Augen, weil ihm das Licht so sehr blendet und blinzelt in meine Richtung.

Er hält sich seine dreckigen Hände vor die Augen, weil ihm das Licht so sehr blendet und blinzelt in meine Richtung

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Langsam wandern meine Hände nach vorne, ich wische ihm seine Haare aus dem Gesicht und sehe ihm in die Augen.
„Was verdammt machst du hier?"
Ich stutze, war das gerade sein Ernst?!
„Was machen die hier mit dir?", stelle ich eine Gegenfrage.
Daryl mustert mich einen Augenblick, ich weiß dass er nach irgendeinem Anzeichen dafür sucht, dass Simon mir wieder zu Nahe gekommen ist.
„Dein Freund... dieses Narbengesicht!"
„Dwight?!"
„Er sorgt dafür dass ich keinen Schlaf kriege.... keine Ahnung wie lange das schon geht...!"
„Deswegen läuft ständig dieses Lied...", flüstere ich mehr zu mir selbst als zu Daryl.

Gott verdammt... sie foltern ihn.
Das ist zu viel für mich.
Ich kann meine Tränen nicht mehr zurückhalten und lasse sie einfach leise meine Wangen runterlaufen.

„Julie...", Daryl's Stimme klingt verdammt schwach.
„Das tut mir so leid Daryl... ich hatte keine Ahnung und ich...."
„Du musst hier raus!", unterbricht er mich.
„D. sagte wir hätten fünf Minuten.. ich bin sicher er sagt Bescheid wenn jemand auftaucht."
„Nein! Du musst HIER RAUS!", jetzt klingt seine Stimme wieder fester – bestimmter.
Ich sehe Daryl fassungslos an, meint er wirklich ich würde aus dem Sanctuary abhauen und ihn zurücklassen?!
Außerdem ist er derjenige, der gefoltert wird...
Ich lache kurz ungläubig auf.

„Ich werde nicht ohne dich gehen... was die mit dir hier machen – glaubst du wirklich ich lasse dich hier zurück?"
„Negan... er will dass ich aufgebe, dass ich einer von ihnen werde, aber das wird niemals passieren. Das heißt das hier, ist nur der Anfang.."
„Dann solltest DU von hier verschwinden... ich komme schon klar!"

Daryl schüttelt entschlossen den Kopf.
„Ich habe Dwight.."
„Du kannst ihm nicht trauen!", zischt Daryl.
„Was meinst du damit?"
„Ich höre ihm zu... jedes verdammte Mal, wenn er was über Funk weitergibt.."
„Daryl du irrst dich... er würde nie... er sucht doch immer noch nach Sherry!"
„Die haben sie längst gefunden... irgendwo draußen, sie wurde gebissen!"
Ich starre mein Gegenüber an: „Aber das bedeutet...."
„Dwight spielt mit dir!"

Gerade als ich ihm darauf etwas entgegnen möchte, höre ich Schritte und dann seine Stimme:
„Zeit ist um... du musst zurück!"
Ich wende meinen Blick nicht von Daryl ab, im Gegenteil:
Ich sehe ihm bestimmt in die Augen und greife nach seinen Händen.
„Alles klar! Ich hab verstanden!", gebe ich laut und bestimmt von mir.
„Gut!", gibt Dwight zurück, während Daryl mir zunickt.
Er weiß dass meine Worte an ihn und nicht an D. gerichtet waren. Hörbar atme ich aus.
„Ich werd dich hier raus holen, Daryl!", flüstere ich, sodass nur er mich hören kann.
Und ehe er etwas darauf erwidern kann, beuge ich mich vor und drücke meine Lippen für einen kurzen Moment auf seine.
Dann stehe ich auf und verlasse schnell den Zellentrakt.

Wenn Daryl recht hat, dann stecke ich wirklich in verdammten Schwierigkeiten.
Dann hat Dwight, alles was ich je mit ihm besprochen habe, an Negan weitergegeben.
Er hat das perfekte Spiel gespielt...
und wenn das wirklich so ist, dann weiß Negan auch, dass ich einen Plan aushecke, wie ich hier verschwinden kann...
Fuck!, die Flucht könnte komplizierter werden, als erwartet.

The dead beside meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt