37. Kapitel

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Leider habe ich nur eine grobe Ahnung wo die Waffenkammer liegt.
Ich gehe also mehr oder weniger orientierungslos durch die Flure und versuche dabei so unschuldig wie möglich zu wirken.
Gott sei Dank begegnen mir auf meinem „Spaziergang" nur sehr wenige Saviors.
Negan muss fast die gesamte Truppe dabei haben, was mir eine Gänsehaut verschafft.
Bei dem Gedanken, dass so viele von diesen Typen zu Hause in Alexandria sind, läuft es mir eiskalt den Rücken runter.

'Okay Julie... cool bleiben. Nur kein Aufsehen erregen!'
Als ich an einer alten Treppe ankomme, halte ich plötzlich inne, denn ich höre Schritte, die von unten immer näher kommen.
Und ehe ich mich versehe steht sie vor mir, so dass es für mich unmöglich ist, noch umzukehren.

„Sarah!?"
Die Angesprochene hebt überrascht den Kopf und sieht mich an: „Julie?.... Was machst du denn hier?"
Ich schließe mein Gegenüber in die Arme und bin wirklich froh, dass nur sie es ist, die mir über den Weg gelaufen ist.
Sarah und ich, sind sehr gute Freunde.... oder viel mehr wir waren es.
Wir hätten vieles, was hier drin abgelaufen ist, nicht durchgestanden, wenn wir uns nicht gehabt hätten.
Sie ist jetzt die Nummer Eins unter Negan's Frauen.
Ich hab sie kein einzigen Mal gesehen, seit ich hier bin, was mich ins Grübeln bringt.

„Wie lange bist du schon hier?", reißt sie mich aus meinen Gedanken.
„Ehm... schon fast zwei Monate denke ich.... wie kommt's, dass ich dich kein einziges Mal gesehen habe?"
„Ich war auf der Krankenstation... es stand nicht gut um mich.."
„Was? Was ist passiert?"
„Ich hatte ein Blutvergiftung..... lange Geschichte."
Sie sieht mich an, mustert mich schon fast... dann zieht sie mich zur Seite und spricht schon fast in einem Flüsterton weiter: „Ich kann mir denken was du vorhast...."
Ich spiele ihr die Unwissende vor und möchte an ihr vorbei weitergehen, die Treppe runter, um endlich an mein Ziel zu kommen, doch sie hindert mich daran.

„Alleine schaffst du es nicht in die Waffenkammer, schon gar nicht raus.....", ich will gerade ansetzen etwas zu sagen, als sie mich wieder unterbricht: „Lass mich dir helfen!... ich werde die Wache ablenken..."
Ich sehe sie an: „Du wirst in Schwierigkeiten geraten, wenn ER das rausfindet!"
„Ich werd schon klarkommen...."
Nach einem kurzen Zögern frage ich sie, oder vielmehr bitte ich sie darum, doch mit mir mitzukommen.... nach Alexandria.
Aber Sarah winkt nur lächelnd ab und erzählt mir, dass sie froh ist überhaupt solange überlebt zu haben.
Sie hat einen guten Stand bei Negan und den anderen Frauen und es geht ihr hier gut.
Alles, was man zum überleben braucht, hat sie hier... medizinische Versorgung, Essen, Trinken, ein Dach über dem Kopf und jemandem, der sich um ihre Sicherheit sorgt....
Also nehme ich ihr Angebot, die Wache abzulenken, dankbar an.

Zusammen gehen wir ein Stockwerk tiefer.
Es dauert noch ein paar Minuten, bis wir in der Nähe der Waffenkammer sind.
Sarah nimmt mich schließlich zur Seite: „Dieser Redneck, Daryl, ich habe ihn auf dem Krankenrevier kennengelernt. Ich hoffe, dass er es wert ist, dass du deinen Kopf für ihn riskierst!"
Wir sehen uns an, weil ich nicht weiß, was ich sagen soll, nicke ich nur.

„Okay...", sagt sie dann: „Tony...", sie zeigt nach hinten zu dem Typen, der die Waffenkammer bewacht: „... steht auf mich... ich werde dafür sorgen, dass er hier abhaut. Und du siehst dann bitte zu, dass du so schnell wie möglich deine Freund holst und von hier verschwindest.... du gehörst hier nicht her!"
Sie umarmt mich noch einmal und drück mir einen Kuss auf die Wange, dann schlendert sie gemächlich zu Tony: „Na mein hübscher...."

Es amüsiert mich schon fast, wie leicht sich dieser Kerl von Sarah um den Finger wickeln lässt. Sie schmiert ihm Honig ums Maul, umgarnt ihn regelrecht. Wenn sie das bei Negan auch so macht, ist mir klar, wieso sie so viele Freiheiten hat.
Ich erschrecke kurz, als ich ihr helles Lachen höre, dass verdammt aufgesetzt klingt – was aber, wie ich mit Genugtuung feststellen kann, Tony gar nicht bemerkt.
'Er frisst ihr aus der Hand!', stelle ich lächelnd fest.

Ich verstecke mich schnell in einer dunklen Ecke, als ich sehe wie die Beiden den Flur entlang zu mir gehen. Er den Arm um ihre Taille, sie immer noch laut lachend.
„... das klingt nach einem sehr netten Angebot!", höre ich Sarahs Stimme, als sie an mir vorbeigehen.

Ich sehe ihnen nach, wie sie über die Treppe nach oben verschwinden und als sie außer Sicht- und Hörweite sind, atme ich erleichtert aus: „Danke Sarah!"

Als ich endlich in der Waffenkammer stehe, staune ich nicht schlecht.
So wie es hier aussieht, kann ich gar nicht fassen, warum Negan wegen der paar Waffen, die wir aus dem Lagerhaus mitgenommen haben, so durchgedreht ist.
Denn die Menge, die wir mitgehen haben lassen, ist nichts.... nichts im Vergleich dazu.
Ich bin sprachlos.... ich weiß ehrlich nicht was ich sagen soll...
DAS ist der absolute Wahnsinn... so etwas habe ich noch nie gesehen.
So viele Waffen... aller möglichen Arten und Größen. Messer ohne Ende. Monition – so weit das Auge reicht.
Mit dem hier, können wir nicht mithalten.
Sollte es wirklich soweit kommen, dass wir gegen die Saviors kämpfen müssen, werden wir untergehen. Das weiß ich jetzt!
Als ich diese Unmenge an Waffen sehe, wird mir klar, dass wir Negan niemals besiegen können – nicht Alexandria alleine...
„Okay.. schnapp dir dein Zeug und dann raus hier!"

Ich eile durch die Regale, auf der Suche nach meinen Messern und tatsächlich.... ich finde jedes Einzelne, sicher verstaut in ihren Halterungen.
Nachdem ich sie wieder, wie gewohnt, an meinem Oberschenkeln, an der Hüfte und in der Gürtelschnalle befestigt habe, greife ich mir die 9MM und stecke sie mir in meinen Hosenbund.
Dann sehe ich mich um... irgendwo hier muss sie doch sein...

Es dauert eine Weile, bis ich Daryl's Armbrust entdecke, ich greife mir noch einige Pfeile, die ich hier sehen kann und verlasse die Waffenkammer.
Nachdem ich die Türe hinter mir geschlossen habe, laufe ich los.
Ich erinnere mich an ein Gespräch, dass ich vor langer Zeit einmal mitgekriegt habe.
Und zwar ging es darum, so schnell wie möglich aus dem Gebäude zu kommen, sollte es tatsächlich einmal von Beißern überrannt werden.
Damals hat Simon gesagt, dass es an jedem wichtigen Posten eine Türe gibt, die ins Freie führt.
'Also muss auch hier irgendwo eine seine....'

Ich habe das Gefühl, ich würde mittlerweile ewig hier rumlaufen um nach draußen zu finden.. Ja, ich könnte auch ganz einfach wieder nach oben gehen, um so in den Garten zu gelangen – aber das Risiko oben entdeckt zu werden, ist mir dann doch zu groß.
Ich rüttle an jeder Türe die ich sehen kann, doch alle sind verschlossen.
Als ich noch einmal an einer Türe ankomme, bin ich schon ziemlich entmutigt....
„Bitte!...", langsam drücke ich die Klinke nach unten und tatsächlich.... die Türe öffnet sich.
Ich mache sie langsam nur einen Spalt weit auf und linse nach draußen – nichts zu sehen.
Nichts, außer Tomatenpflanzen und noch anderes Grünzeug.

„Bingo...", ich verlasse das Gebäude und stehe mitten im Garten.
Aus Angst, doch entdeckt zu werden, ziehe ich mich ganz zur Mauer zurück und gehe sie leise entlang, in Richtung Zaun.
Als ich endlich an der, von Jesus genannten Stelle, ankomme sehe ich mich um: „Verdammt wo seit ihr?!"

Mittlerweile ist es schon Stockdunkel draußen, als ich mich in eine Ecke verziehe und dort, so gut versteckt wie nur irgend möglich, auf meine beiden Freunde warte.
Mein Herz rast, ich bin verdammt unruhig.... 'Komm schon Jesus!'

Und dann wird plötzlich eine Türe nicht weit von mir entfernt aufgestoßen.
Weil ich nicht wirklich etwas erkennen kann, springe ich auf – mit der Armbrust im Anschlag, bereit mich zu verteidigen!

„Julie...?!", es ist nur ein Flüstern, aber ich kann ganz klar Jesus's Stimme erkennen!
„Verdammt... was hat so lange gedauert!?"
Er lacht leise, als er mich in den Arm nimmt.
Jetzt, wo beide so nah vor mir stehen, kann ich sie erkennen – sie haben es tatsächlich geschafft.
Jesus lässt mich los und ich gehe langsam auf Daryl zu: „Du siehst furchtbar aus in den Klamotten!", sage ich, während ich ihm seine Armbrust reiche.
„Hmpf!", mehr gibt er nicht von sich und es bleibt auch keine Zeit für Smalltalk, denn Jesus schiebt uns in Richtung Zaun.

„Okay raus da... los!", Einer nach dem Anderen kriechen wir durch das Loch, draußen in Freiheit laufen wir los - immer Jesus nach, der uns zu dem Van führt, von dem Dwight sagte, er wäre vom Gelände verschwunden.

Das Glück scheint auf unserer Seite zu sein, denn es begegnet uns nicht ein Untoter.
Endlich beim Auto angekommen, steigen wir ein.
Ohne ein Wort zu sagen, startet Jesus den Motor.
Und schweigend fahren wir durch die Nacht – keine Ahnung wohin genau, ich weiß nur, dass wir das Sanctuary hinter uns lassen!

The dead beside meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt