Kapitel 61

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„Schaut euch mal diese coole Aussicht an!", sagte Hop völlig begeistert mit seinem Gesicht an die Scheibe klebend. „Später, Hop. Zuerst müssen wir uns ein Abteil zum Schlafen aussuchen bevor wir ansatzweise die Landschaft erkunden können.", meinte ich und zog Hop an seiner Kapuze hinter mir her. „H-Hey! Lass los, Erika. Ich krieg fast keine Luft mehr!", jammerte er. Seufzend ließ ich ihn los. Kann irgendwann irgendjemand diesen Jungen zur Ruhe bringen? Als wir ein großes Abteil gefunden haben, verstauten wir unsere Taschen in den Schränken. Sofort sprang Hop zum Fenster, öffnete es und blickte staunend seinen Kopf hinaus. Ich glaube, dass das keine gute Idee ist. Ich werfe Victor einen kurzen Blick zu. Dieser verstand sofort und zieht den aufgeregten Hop an der Kapuze zurück auf seinen Sitzplatz. „Nun mach mal langsam, Hop. Immerhin fahren wir auch durch einige Tunnel.", mahnte er seinen besten Freund. „Ich wollte doch nur die Aussicht besser bewundern.", schmollte Delions kleiner Bruder. „Das kannst du auch, bloß mit geschlossenem Fenster.", bestimmte ich und riegelte das Fenster zu.

„Kannst du mir eine Frage beantworten, Erika?" „Die wäre, Hop?" „Wieso darf eigentlich dein Glurak außerhalb seines Pokeballs sein? Ist es nicht ein wenig gefährlich, wegen seines Feuerschweifs?" „Glu?" verwundert beobachtet uns mein Feuerdrache. „Glurak bevorzugt halt die Freiheit. Außerdem passt er schon auf, nichts anzubrennen.", verteidige ich meinen Partner. „Wo wir schon bei Glurak sind... Wo hast du ihn überhaupt gefangen? Soviel ich weiß, leben hier in Galar nirgendswo einer von Glumandas Entwicklungsreihe?", erkundigt sich nun auch Victor. Oh man. Was soll ich bloß sagen? „Glurak!", ermutigend stupste mich mein Feuerpokemon sanft an meiner Schulter. Lächelnd kraulte ich sein Kinn. Schließlich legte er seinen Kopf auf meine Oberschenkel und streichelte liebevoll seinen Kopf. Ich atme tief durch. „Ich habe ihn von Delion bekommen.", gestand ich. „Was?! Mein Bruder hat dir noch ein Pokemon geschenkt? Wieso das denn?", ungläubig starrte mich Hop an. „Damit er schneller Erfahrung bekommt. Zumindest hat Delion es mir so erzählt. Aber ich glaube, dein Bruder hat ihn mir aus einen weiteren Grund geschenkt...", murmelte ich. „Und der wäre?" Beide blickten mich neugierig an. „Damit ich wahrscheinlich keine große Angst mehr habe", flüsterte ich beinahe. „Vor was denn?", hackte Hop nach. „Erika, du kannst uns alles sagen. Immerhin sind wir doch Freunde.", ermutigt mich Victor. Ich atme nochmals tief durch. „Vor...wilden Pokemon..." Mit großen Augen schauten mich beide an. „Du...hast Angst vor wilden Pokemon?", erkundigte sich Hop unsicher. Ich nickte kurz und erzählte ihnen die ganze Geschichte: Ab wann es angefangen, bis zu dem wahren Grund, weshalb mich Delion immer begleitet hatte. „Wieso hast du es uns nicht eher von deiner Angst erzählt?", fragte Victor, nachdem ich fertig war. „Ich hatte befürchtet, dass ihr euch deswegen über mich lustig machen würdet...", entschuldigte ich mich. „Mach dir deshalb keinen Kopf. Es ist völlig normal vor etwas Angst zu haben. Erstrecht wenn man deine Vergangenheit weiß. Das erklärt auch dein Verhalten im Schlummerwald. Aber merk dir bitte eins: Wenn es irgendetwas gibt, was dich bedrückt kannst du es uns gerne sagen.", muntert mich Hop auf. „Werde ich.", dankbar lächelte ich die beiden an.

„Wie auch immer. Ich bin langsam am Verhungern." „Das bist du doch immer, Hop", stellte Victor fest. Ich unterdrücke mir ein kleines Lachen. „Mag sein. Aber ich habe seit Mittag nichts mehr gegessen und es ist schon Abend.", versucht Hop sich zu verteidigen. Er hat jedoch nicht Unrecht. Draußen kann man bereits die Sonne untergehen lassen. „Kommt schon!", bettelt Hop und zerrte ungeduldig an Victors Arm. „Lass los, Hop! Ich komm schon!", meinte dieser genervt. Dann wendet er sich mir zu. „Willst du mitkommen, oder sollen wir dir was mitbringen?" „Könnt ihr mir bitte was mitbringen? Ich möchte noch meine Mutter anrufen, bevor ich sie nicht mehr erreichen kann." „Klar, kein Problem. Bis nachher.", verabschieden sich die beiden.

Kurz darauf holte ich mein Smart-Rotom raus und wählte die Nummer meiner Mutter. Nach einer Weile läuten, ging sie nicht ran. Es gibt da nur zwei Möglichkeiten: Entweder sie ist beschäftigt, oder Faolan hat ihr Handy weggenommen und will es nicht mehr hergeben. Ich entscheide mich ihr eine Nachricht zu schreiben, dass es mir gut geht und ich auf dem Weg zum Vortunier in Score City bin. Schließlich schaute ich im Internet auf die Anzahl der übrig gebliebenen Trainer nach. Zu meiner Überraschung sind es nur ich, Victor, Hop und Mary. Nur wir vier und nicht mehr? Na das kann ja interessant werden. Apropos Victor und Hop. Wo bleiben die beiden nur? Inzwischen ist es dunkel geworden. Sie sollten doch längst wieder zurück sein. Ich wollte gerade aufstehen, um nach den beiden zu schauen, als mein Smart-Rotom zu klingeln begann. Es war Delion. Verwundert gehe ich ran. „Guten Abend, Prinzessin!", begrüßte mich der Champ begeistert am anderen Ende der Leitung. „Hallo, Delion. Was gibt's?" „Tut mir leid, dass ich mich so spät melde. Ich wollte eigentlich dich schon eher anrufen, hatte leider noch einiges zu erledigen." „So viel zum Organisieren?", staunte ich. „Ja leider. Aber die Hälfte ist so gut wie geschafft. Morgen mache ich noch den letzten Schliff und das Vortunier für übermorgen kann stattfinden... Wo wir schon beim Vortunier sind. Herzlichen Glückwunsch zu eurem Sieg gegen Roy. Ich wusste, dass ich es schaffen könnt ihn zu besiegen." „Leicht war es allerdings nicht.", gestand ich. „Ich weiß. Ich habe eure Kämpfe mitverfolgt. Ganz schön spannende Kämpfe hast du und die Jungs abgeliefert." „Du hast uns zugeschaut?!" „Natürlich. Schließlich wollte ich meine drei Schützlinge anfeuern." Ich schüttle lächelnd den Kopf. „Was machst du gerade, Prinzessin? Wann seid ihr morgen ungefähr in Score City? Ich hoffe Hop macht nicht allzu viel Unsinn." „Eins nach den anderen, Delion. Wir werden gegen Mittag ankommen. Und was Hop angeht... Wir haben ihn gut im Griff. Die Frage ist nur wie lange. Er ist ganz schön aufgeregt." Ich höre Delion lachen. „Das ist typisch Hop. Man kann ihn nur schwer zur Ruhe bringen, wenn er aufgeregt ist." „Da hast du Recht." Ich wollte Delion noch ein paar Fragen stellen, leider macht mir Olivia wieder einen Strich durch die Rechnung. „Tut mir leid, Erika. Meine Pause ist vorbei. Ich muss noch ein bisschen bei den Vorbereitungen helfen.", entschuldigt er sich bei mir. „Schon gut. Nur übertreib nicht, okay?" Delion lachte wieder. „Macht sich die Prinzessin etwa sorgen um mich? Keine Sorge werde ich nicht. Schlaf Gut, Erika. Und Grüß die Jungs von mir." „Werde ich. Gute Nacht, Delion."

Kaum legte ich auf, schon tauchen die beiden Jungs auf. „Frag lieber nicht, wieso wir so lange gebraucht haben... Hop konnte sich mal wieder schwer entscheiden, was wir alles mitnehmen sollte. Er war sogar kurz davor alles einzupacken.", seufzte Victor und stellte ein Tablett voller Essen auf dem Tisch. „Tut mir leid. Es sah alles so lecker aus.", schmollte Hop und legte sein Tablett ebenfalls ab. „Du bist echt wie ein Vielfraß, Hop.", lachte ich. „Ein Pokemontrainer zu sein ist eben anstrengend. Dazu braucht man eine Menge Energie." „Da hast du allerdings Recht.", stimmte Victor ihn zu. „Ich soll euch übrigens noch von Delion Grüßen. Ich habe vorhin kurz mit ihn telefoniert und er hat uns zu unseren Siegen gegen Roy gratuliert." „Das ist typisch mein großer Bruder. Am Ende möchte er doch mehr über seine möglichen Gegner erfahren.", schmunzelte Hop. Nachdem wir fertig waren, brachten wir das Geschirr zurück, bestellten unser Frühstück für morgen und gingen wieder zurück in unser Abteil. Schnell sind die beiden in ihrem Hochbett eingeschlafen. Ich blickte noch eine Weile nachdenklich aus dem Fenster. Übermorgen ist es soweit. Dann wird es entschieden, wer der nächste Champ wird. Aber was ist, wenn ich es nicht schaffe? Wie wird es weitergehen? Und wieso habe ich ein so ein Gefühl, dass bald etwas Schlimmes passieren wird? Verwirrt schüttle ich die Gedanken beiseite. Was rede ich denn da? Ich werde es sehen, wenn es soweit ist. Müde legte ich mich in meinem Bett hin und nach kurzer Zeit schlafe ich ebenfalls ein.

It's Champ Time!Where stories live. Discover now