Kapitel 6

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Es regnet schon den ganzen Tag. Besser kann der Tag eigentlich nicht starten. Ich hasse es, wenn es den ganzen Tag nur regnet. Wohl mal ein Schauer ist ja schon unerträglich, aber bei so einem Wetter kann man einfach nicht sehr viel unternehmen. Dabei wollte ich heute noch einmal durch London laufen. Vielleicht hole ich mir eine Zeitung, wo ich einen Job finden kann. Den ganzen Tag hier rum zu sitzen, das ist einfach nichts für mich. Früher bei meiner Tante habe ich auch immer mit auf dem Hof geholfen. Das hat mir echt Spaß gemacht, auch wenn es kein Traumberuf ist. Hauptsache ich hatte eine Beschäftigung, alles andere war mir egal.

Ich stehe aus meinen gemütlichen Bett auf und begebe mich ins Badezimmer. Dort Dusche ich mich schnell ab, wasche meine Haare und schminke mich, jedoch nur mit wasserfesten Produkten. Wenn ich rausgehen sollte und ich klitschnass werde, dann will ich nicht wie ein Alien aussehen. Meine langen Haare lasse ich heute mal offen. Sonst habe ich sie eigentlich jeden Tag zu einem Zopf zusammengebunden, aber ich will nicht immer gleich aussehen. Danach ziehe ich mir frische Kleidung an und gehe zurück in die Küche, wo ich mir schnell etwas zu essen mache.

Mittlerweile ist es schon nach Mittag und sitze immer noch in der Wohnung und mache so gut wie gar nichts. Gerade habe ich eine Nachricht von Mila erhalten, in der stand, dass sie gut in Manchester angekommen ist und sie sich später wieder melden wird. Ich habe ihr daraufhin eine kurze Nachricht zurückgeschrieben, jedoch hat sie nicht mehr darauf geantwortet.

Nun schaue ich gerade aus dem Fenster und merke, dass es aufgehört hat zu regnen. Die Chance sollte ich nutzen. Ich ziehe mir meine Jacke über, meine Schuhe an und mache mich auf den Weg an die frische Luft. Eigentlich habe ich kein richtiges Ziel. Ich wollte nur mal ein wenig schauen, ob vielleicht irgendwo Aushilfe gesucht wird.

So viele Geschäfte auf einem Haufen habe ich wirklich noch nie in meinem Leben gesehen. Hier sind ja Tausende, wenn nicht sogar noch mehr. Und so viele Menschen sind unterwegs. Defintiv zu viele Menschen. Heute ist Dienstag und es ist 16:37 Uhr, während ich durch London laufe, in der Hoffnung irgendwo zufällig auf einen Job zu stoßen. Ich halte es nicht länger aus, nur in der Wohnung blöd rum zu sitzen, dann kann ich ja gleich zu meiner Familie gehen.

Jetzt laufe ich schon fast eine Stunde durch die Gegend und habe nichts Interessantes gefunden. Aber wieso auch? Ich glaube, ich habe mir einfach zu viel von der Aktion versprochen. Ich schaue hoch in den Himmel und bemerke, dass schon wieder dunkle Wolken im Anmarsch sind. Verflucht. Ich schaue mich hier in der Straße um und habe keine Ahnung wo ich mich gerade befinde. Auch das noch. Aber zum Glück habe ich mir noch 20€ in die Tasche gesteckt, damit ich wieder nach Hause finde. Ich drehe mich im Kreis und versuche mich zu orientieren und laufe bis zum Ende der Straße. Jetzt befinde ich mich wieder in einer viel befahrenen Straße. Endlich. Ich kam gerade echt alleine vor.

20 Minuten nichtsorientierend laufe ich hier jetzt durch London. Langsam bin ich echt am Verzweifeln. Wieso musste ich auch nur so eine blöde Aktion starten? - Ich war wieder zu unüberlegt. Typisch. Und was passt natürlich noch besser zu meiner Situation? - Genau, der Regen. Ich stelle mich schnell bei einem Haus an der Straße, jedoch bin ich schon komplett durchnässt. Natürlich habe ich mir auch noch die falsche Jacke gegriffen, denn ich habe keine Kapuze. Toll gemacht, Isabella!

Jetzt stehe ich hier schon 10 Minuten und hoffe, dass es endlich bald aufhört zu regnen. Doch es wird immer mehr. Sieht aus wie Platzregen oder so. Jedoch habe ich keine Lust hier länger zu warten und gehe zurück in den Regen. Aus der Ferne sehe ich ein Taxi, welches gerade am Bürgersteig, kurz vor mir, anhält. Ich werde mir jetzt ein Taxi nehmen und mich nach Hause fahren lassen. Ist mir egal, wieviel das kostet. Ich hab die Nase voll. Nie passiert mal was, so wie ich es will. Es kommt immer schlimmer. Das Taxi will gerade weiterfahren, doch ich hebe schnell meine Hand, damit der Taxifahrer anhält, was er natürlich auch macht. Ich öffne gerade die Tür, wobei mir meine Schlüssel auf den Boden fallen. Ich bücke mich nach unten und hebe den bereits nassen Schlüssel auf und will gerade in das Taxi steigen, als ein Junge auf das Taxi zugerannt kommt und einfach einsteigen will. Hallo? "Hey", rufe ich empört. Der Junge schaut mir in die Augen. "Was?", fragt er genervt. Er ist ebenfalls komplett durchnässt, so wie ich. "Ich war zu erst hier? Das Taxi ist für mich", erzähle ich ihm die Fakten. Er schaut mich entgeistert an, während der Regen mein und sein Gesicht hinunterläuft. Seine schulterlangen Haare sind ebenfalls komplett nass, aber ich kann erkennen, dass er sonst lockige Haare hat. Wieso schaue ich ihn so intensiv an? Er will mir das Taxi wegnehmen, auch wenn das komisch klingt. "Wo musst du denn hin?", fragt er leise. Ihm geht der Regen glaube ich auch ziemlich auf die Nerven. "Was ist denn nun?", ruft der Taxifahrer genervt an uns gerichtet. "Steig ein, du bist komplett nass und frierst. Ich warte auf das Nächste", meint der Junge ruhig und stellt sich zur Seite damit ich einsteigen kann. Ich befolge seinem Rat und setze mich ins Trockene. Aber irgendwie habe ich ein schlechtes Gewissen und er tut mir Leid. "Hey, komm doch auch rein. Wir können ja auch beide mitfahren", rufe ich noch, bevor ich die Tür schließen will. Er schaut mich fragend an, während ich weiter durchrücke, damit er auch Platz nehmen kann. "Danke", lächelt er mich an. Sofort muss ich auch Lächeln. Er löst den Blickkontakt und geht durch seine nassen Haare. Er ist glaube ich in meinem Alter. Wir sagen dem Taxifahrer beide wo wir hin müssen, bis das Taxi dann losfährt. Ich mache meine langen Haare auf eine Seite und versuche sie ein wenig trocken zu bekommen.

Nach wenigen Minuten sind wir auch bei mir zu Hause angekommen. "Sorry nochmal, dass ich dir das Taxi wegnehmen wollte", lacht er. "Schon gut, wir waren beide genervt wegen dem Regen", lache ich mit. Ich gebe dem Taxifahrer das entsprechende Geld und verlasse das Taxi. "Ciao", ruft der Junge noch und ich gehe schnell in unsere Wohnung.

Dort angekommen ziehe ich mir komplett frische Kleidung an und trockne meine Haare, was sehr viel Zeit in Anspruch nimmt, da sie nur sehr schwer trocken werden. Als sie dann endlich trocken sind, mache es mir auf der Couch gemütlich. Danach mache ich mir schnell eine Pizza in den Ofen und esse diese direkt in wenigen Minuten komplett auf. Wenn man so viel in der Stadt läuft, bekommt man schnell Hunger.

Nun ist es bereits 19 Uhr und ich sitze nun wieder auf der Couch, jedoch habe ich mir noch meinen Laptop geholt und suche nun im Internet nach eventuell passenden Jobs. Auf sämtlichen Seiten mache ich mich schlau und schreibe mir mögliche Jobs auf einen Block. Vielleicht werde ich dort mal anrufen und nachfragen. Jedoch will ich mir morgen zunächst eine Zeitung kaufen und darin suchen.

Nachdem meine Augen immer schwer werden, lege ich meinen Laptop beiseite, schaue mir noch einen Film an und lege mich direkt danach ins Bett. In letzter Zeit bin ich oft schnell müde. Das war früher eigentlich nie so. Ich war immer bis spät in die Nacht wach, aber es hat sich irgendwie alles geändert. Jetzt bin ich schon fast einen ganzen Monat hier in London. Wie schnell die Zeit doch vergeht. Eigentlich finde ich mein Leben jetzt ganz passabel, doch irgendwie wünsche ich mir auch mein altes Leben wieder. Ich vermisse die tägliche Arbeit auf dem Hof und ich vermisse Lucas. Wir haben oft zusammen Spaß gehabt, er war wirklich ein guter Freund und der Abschied war wirklich schwer für uns beide. Vielleicht werde ich mich mal in der nächsten Zeit bei ihm melden, wie es ihm so geht und was mit dem Hof passiert ist. Natürlich interessiert es mich, er ist schließlich mein einziger Freund den ich habe, nach Mila. Mila. Sie wollte mir eine Nachricht schreiben. Ich hole mein Handy von meinem Nachtschränkchen und sehe dass ich eine Nachricht von ihr bekommen habe. »hey, der Tag war echt anstrengend. Etliche Vorlesungen und jetzt muss ich mir auch noch ein Text durchlesen, wie geht's dir so? Alles klar?:)« Die Nachricht hat sie vor 2 Stunden geschickt. Ich schreibe schnell eine Antwort, dass es mir soweit gut geht und dass sie das schon schaffen wird. Danach lege mein Handy wieder zurück auf seinen Platz und mache das Licht aus. Ich liege noch eine Weile wach im Bett, bis meine Augen dann zu fallen und ich einschlafe.

Love Me Harder | h.sOù les histoires vivent. Découvrez maintenant