Kapitel 5

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"Findest du wirklich das geht so?", fragt Mila mich zum gefühlten 20 Mal skeptisch und schaut sich selbst noch einmal im Spiegel an. "Ja das finde ich, Mila!", antworte ich laut und deutlich in der Hoffnung, dass sie jetzt aufhört ihr Outfit zu kritisieren. "Wenn du meinst", sagt sie dann in Gedanken und sucht ihr ganzen Sachen zusammen.

Es sind jetzt schon wieder einige Tage vergangen, in denen eigentlich nichts besonderes geschehen ist. Mila hat in der Zeit sehr viel gearbeitet und würde jetzt sogar von ihrem Chef zu einer Fortbildung eingeladen. Natürlich hat sie angenommen und heute geht es los. Deshalb ist sie auch so nervös, dabei gibt es gar keinen Grund nervös zu sein. Ich würde mich freuen, wenn ich zu einer Fortbildung geschickt werde. So etwas gibt einem ja auch das Gefühl, dass man beachtet wird.

Der Fortbildungkurs dauert eine ganze Woche. Also von Montag bis Freitag. Leider ist diese Fortbildung nicht hier in London, sondern in Manchester. Da Manchester knapp 4 Stunden von London entfernt ist, übernachtet sie dort in einem Hotel. Wäre ja auch ein bisschen umständlich, wenn sie jeden Tag zurückfahren würde und nächsten Tag morgens früh wieder dorthin. Der Aufwand wäre viel zu groß.

Auch wenn ich jetzt eine Woche alleine bin, freue ich mich wirklich sehr für Mila. Sie hat es verdient so anerkannt zu werden. Sie ist einfach toll. Am Anfang war sie natürlich wieder skeptisch, dass ich nun hier eine Woche alleine bin, aber zum Glück konnte ich sie noch überzeugen nach Manchester zu fahren.

"Hast du nun auch wirklich alles?", frage ich lieber noch einmal zur Sicherheit, bevor wir die Wohnung verlassen. Sie schaut einmal zurück in die Wohnung, denkt nach und schüttelt dann mit dem Kopf. "Nun sei nicht so nervös, freu dich", lache ich mit dem Ziel dass sie auch lacht. Erst denkt sie über meine Worte nach und lacht dann auch endlich. "Du hast Recht", lächelt sie erneut und wir gehen gemeinsam die Treppen nach unten und verstauen ihre Koffer in ihrem Auto. Sie steigt beim Beifahrer ein, während ich bei der Fahrerseite einsteige und sie zum Flughafen fahre.

Mit 17 Jahren habe ich in Deutschland bei meiner Tante meinen Führerschein gemacht. Ich war damals überglücklich, als ich meinen Führerschein in der Hand hielt. Leider hatte Tante Betty nur ein kleines altes Auto. Eine kurze Zeit bin ich mit ihr zusammen in diesem Auto gefahren, bis es dann kaputt war. Leider lohnte es sich auch nicht den zu reparieren, da schon viel zu viel marode war, sodass die Kosten viel zu hoch gewesen wären. Noch dazu hatte Tante Betty nicht so viel Geld sich ein neues Auto zu kaufen. Deshalb sind wir das letzte Jahr nur mit dem Bus gefahren. Und jetzt sitze ich das erste Mal seit langem wieder im Auto. Es fühlt sich aber gut an, wieder selbst zu fahren. Ohne Probleme fahre ich Mila zum Flughafen hin, wo sie sich schon von einem Mann erwartet wird. Er begleitet sie über die ganze Woche. Das hat ihr Chef wohl so organisiert, wie ich erfahren habe. "So, Bella. Wir sehen uns Freitag wieder. Wenn etwas kannst du mich immer erreichen ja?", schaut sie mich eindringlich an und wir umarmen und noch einmal lange zum Abschied. "Ja", murmele ich während wir uns noch in den Armen liegen. "Okay, ciao Süße", verabschiedet sie sich noch einmal und verschwindet mit ihrem Gepäck und dem Mann in der Menschenmenge. Ich bleibe noch eine Weile hier stehen, bis ich merke, dass ich vor 2 Wochen hier auch rausgekommen bin. Ich kam von Deutschland nach London und jetzt geht Mila weg. Aber sie kommt ja bald wieder. Ich setze mich wieder ins Auto und starte den Motor. Ich fahre genau den gleichen Weg, den ich bei der Hinfahrt auch gefahren bin.

Zuhause angekommen setze ich mich direkt auf die Couch und bemerke, dass es 13 Uhr ist. Was soll ich denn jetzt nur eine Woche ohne Mila machen? Ich dachte nicht dass es so schlimm ist. Ich muss mir echt Beschäftigung suchen. Aber erstmal werde ich glaube ich etwas essen, denn ich habe ziemlichen Hunger bekommen. Da wir jedoch nichts daheim habe, ziehe ich meine Jacke über und verlasse die Wohnung. Ich laufe ein wenig durch London, bis ich direkt vor Nandos stehe. Nandos, nandos ... irgendwie habe ich diesen Laden schon einmal gehört, aber wo? Genau. Mila hat davon erzählt. Sie geht da wohl öfters essen. Leider weiß ich nicht wie das Essen dort ist. In Deutschland gibt es Nandos nicht. Ich glaube, ich gehe mal rein und schaue was es dort zu essen gibt. Doch vor dem Eingang stehen sehr sehr viele kleine schreiende Mädchen, die wie wild in die Mitte der Menschenmasse gelangen wollen. Was wollen die denn? Eigentlich, wenn ich genauer hinsehe, sind das nur Mädchen. Doch in der Mitte kann ich schwach einen Jungen erkennen. Blonde Haare, Sonnenbrille. So wie er ausschaut, will er aus der Masse raus. Ich kümmere mich nicht weiter um die kreischenden Mädchen, sondern versuche mich zum Eingang zu quetschen, auch wenn es nicht ganze einfach ist, da sie alle direkt davonstehen. Der arme Junge.

Mila hat wirklich Recht gehabt. Hier bei Nandos kann man wirklich sehr gut essen. Es schmeckt sehr lecker. Ich trinke gerade den letzten Schluck aus meinem Wasserglas, verstaue das Tablett und verlasse den Laden. Ohne Probleme. Die Menschenmasse ist verschwunden, was für ein Glück. Ich laufe noch wenig durch die Straßen Londons, bis ich bei Mila's Wohnung angekommen bin. Dort ziehe ich mir direkt gemütlichere Kleidung an und mache es mir auf der Couch bequem. Ich muss es mir ja so schön wie möglich machen, auch wenn ich den Abend alleine verbringe, was ich eigentlich nicht so gewohnt bin. Meistens saß ich mit meiner Tante auf der Couch, wir haben uns dann noch Kakao gemacht und haben uns einen gemütlichen Abend gemacht. Das war immer schön. Was mit dem Hof wohl jetzt passiert ist? Ich frage am besten mal Lucas danach, vielleicht weiß er ja mehr. Ich schaue mich in der Wohnung um und komme mir irgendwie total fremd vor. Aber ich muss mich daran gewöhnen, mir bleibt nichts anderes übrig. Ich versuche jetzt einfach, mir die nächsten Tage so gemütlich wie möglich zu machen.

Love Me Harder | h.sWo Geschichten leben. Entdecke jetzt