Kapitel 23
Luana atmete tief durch, bevor sie die Tür zum Salon öffnete und mit gesenktem Blick eintrat. Sie hielt das Tablett mit dem Blutwein in der Hand, wie man es ihr beigebracht hatte. Zudem blickte sie keinen der Vampire an. Dennoch konnte sie anhand der Füße erkennen, dass es nicht nur die Vampire waren, die hier waren. Es gab auch einige Sklaven. Zudem kam ihr ein bekannter Geruch in die Nase, was sie leicht schaudern ließ. Sie roch Werwolf, aber nicht irgendeinen.
Sie wollte eigentlich nur ganz schnell aufblicken, dass es keiner merkte, doch sie erstarrte, als sie ihren Bruder Seydon unter den Sklaven des Gastes bemerkte. Luana konnte nicht anders, als diese weiterhin anzustarrten und auf der Stelle zu verharren. Wie konnte das sein?
Luanas Herz klopfte heftig vor Aufregung und am liebsten wäre sie ihm um den Hals gefallen. Sie konnte an seinem Blick erkennen, dass auch er sie wiedererkannte, doch er zuckte sich nicht. Wahrscheinlich war er auf eine Art vorsichtig, die sein neuer Herr bei ihm geweckt hatte, denn so kannte Luana ihren kleinen, aufgeweckten Bruder gar nicht.
Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis sich Luana wieder besann, in was für einer Position sie eignetlich war. Sie senkte schnell den Blick wieder und brachte Amon das gewünschte Blut, bevor sie es auch dem Gast anbot. Da beide Vampire im Gespräch vertieft gewesen waren, hatten sie es scheinbar gar nicht bemerkt. Das war gut und ließ Luana hoffen, davonzukommen.
"Ist sie das?", erklang die raue, kratzig klingende Stimme des Gastes, was dafür sorgte, dass Luana zusammenzuckte. Sie hielt das Tablett mit beiden Händen und stand, wie man es ihr aufgetragen hatte, abwartend in der Nähe ihres Meisters. Dieser winkte sie nun zu sich.
Langsam und gehorsam trottete Luana auf Amon zu. Dieser packte ihr Kinn und hob es hoch. "Ein schönes Exemplar, nicht?", fragte er, als wäre Luana eine Ware. "Sie ist perfekt zur Zucht geeignet", fügte er hinzu, was den Vampirlord dazu veranlasste, sie zu mustern. Luanas Herz rutschte ihr in die Hose. Hatte sie das richtig verstanden? Sie war zur Zucht hier? Aber wieso wusste sie davon nichts? Spielte Amon vielleicht nur den freundlichen Vampir, um sie gefügiger zu machen.
"Tatsächlich ein sehr interessantes Exemplar", stimmte der Gast zu, als würde er über einen ausgefallenen Schmetterling sprechen.
Luana versuchte, ihn nicht anzustarren. Dennoch fielen ihr die langen, braunen Haare auf, die über seine Schulter fielen. Zudem hatte er eine vampiruntypische, dunkle Haut. So etwas hatte Luana vorher noch nie gesehen.
Schließlich wurde sie wieder losgelassen und durfte zur Seite treten. Sofort brachte sie sich selbst aus der Schusslinie der Vampire, während sie versuchte, ihr Herz zu beruhigen. Warum hatte Amon das gesagt? Was wollte er damit bezwecken.
"Nun, ich habe einige männliche Wölfe, die du haben kannst", meinte der Gast, der nun nachdenklich klang.
Luana sah Amon lächeln. "Ich schaue mir auch die Frauen an, solltest du diese hergben wollen", meinte er, wobei so etwas wie Vorfreude in seiner Stimme mitschwang. Das ließ Luana schaudern.
"Ich sortiere gerade aus", meinte der Vampir abwinkend. "Im Grunde kannst du alle Wölfe haben. Ich bin es leid mit ihnen", seufzte er und klang, als würde er über unartige Hunde sprechen. Luana wurde regelrecht schlecht.
"Das ist doch ein Wort. Dann würde ich dir diese beiden hier gleich abkaufen", meinte Amon. Luana sah, dass er auf Seydon und die andere Wölfin deutete. Ihr Herz setzte für einen Moment aus. Hatte sie das richtig verstanden? Amon wollte ihm Seydon abkaufen? Ihr Herz machte einen Sprung. Konnte es wirklich so leicht sein? Konnte Amon sie und Seydon wieder vereinen?
Nervös versuchte sie, ihre Finger ruhig zu halten, während die beiden über den Preis verhandelten. Dabei bemerkte sie, dass Amon zwar gut verhandelte, aber trotzdem recht hoch für die beiden Werwölfe ging. Luana hatte nicht damit gerechnet. Sie hatte eher erwartet, dass er den Preis so weit wie möglich drücken wollte.
Schließlich waren sich beide einig, Geld wechselte den Besitzer und dann begannen sie, über weitere Geschäfte zu sprechen.
Luana schielte immer wieder zu Seydon, der recht teilnahmslos wirkte. Was war nur mit ihm los?
Während die beiden Vampire weiter sprachen, betrachtete Luana auch die andere Wölfin. Diese kannte sie nicht, doch so wie sie zitterte und den Blick gesenkt hielt, musste sie schreckliches durchgemacht haben.
"Luana. Bring die beiden zu Amara. Sie soll sie unterbringen", wies Amon an. Luana schreckte auf und blickte zu ihm. Auf seinem Schoß saß Sienna und ihr rann ein kleiner Rinnsal Blut am Hals hinab. Wahrscheinlich hatte er von ihr getrunken.
"Sehr wohl", antwortete Luana, bevor sie knickste und sich dann auf Seydon und die Werwölfin zubewegte. Sie legte ihrem Bruder eine Hand auf den Rücken, musste ihn aber Richtung Tür schubsen. Die Wölfin hingegen kam von sich aus mit.
Als sie das Zimmer verlassen hatten und die Tür wieder geschlossen war, atmete Luana aus und ließ zu, dass sich Tränen in ihren Augen bildeten. "Seydon", flüsterte sie und umarmte ihren Bruder sanft. Dieser wirkte jedoch noch immer teilnahmslos, was Luana noch trauriger machte.
Luana trat einen Schritt zurück und legte ihm eine Hand an die Wange. "Seydon", sagte sie noch einmal. Für einen Moment konnte sie in seinen Augen sehen, dass er reagierte, doch nicht lange. Als wäre alles Leben aus ihm verschwunden.
Erneut nahm sie ihn wieder in den Arm. "Es wird alles wieder gut", versprach sie mit tränenerstickter Stimme. Dann löste sie sich, packte seine Hand und zog ihn sanft mit. Amara würde sich um ihn kümmern. Hier war er sicher.
Vielleicht schaffte Luana es, ihn wieder etwas aus sich herauszuholen. Erst einmal sollte er essen und sich waschen. Die beiden sahen schrecklich aus. Was hatte der Vampir nur mit ihnen gemacht?
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Luana-Tochter des Mondes (Leseprobe)
WerewolfBEENDET Als die Werwölfin Luana im Dunkelwald einen fremden Mann findet, der ganz eindeutig nicht zu ihrem Rudel gehört, beginnt für sie eine Reise, die ihr einiges abverlangt. Sie deckt das Geheimnis ihres Rudels auf und alles, was sie kennt, brich...