10: Eine gute Tat

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Noch nie hatte sich Mochi so lebendig gefühlt.

Gerade saß er mit Suga und Jimin an einem der Tische im Hexenkessel, einem gemütlichen Lokal gleich in der Einkaufsmeile des Dorfes, und verputzte genüsslich eine Hühnerkeule.

Hier tummelten sich allerlei Kreaturen, von menschlichen Nixen bis hin zu Gargoyles oder Trollen.

Sie alle ließen es sich gut gehen, schlürften Met aus riesigen Krügen oder lauschten den Elfenmusikern, die ganz hinten in der Kneipe ihre Gitarren, Flöten und Geigen erklingen ließen.

Mit ihren schillernden Flügeln und den spitzen Hüten auf dem Kopf erinnerten Suga die winzigen Elfen an Shiko, die vor kurzem noch seine Wächterin gewesen war.

Sie hatte den Job gekündigt und war mit einem ziemlich gutaussehenden Feenjungen durchgebrannt, der die kleine Elfe einst vor einer Riesenspinne gerettet hatte.

Seitdem hatte Shiko sich nicht mehr von Tibo losreißen können und ihrem Schützling irgendwann unter Tränen gestanden, dass sie Suga von nun an verlassen würde, er aber jederzeit ihre Hilfe in Anspruch nehmen konnte.

Er besaß ja immer noch die zwei Wächterkristalle, die Shiko ihm bei ihrer ersten Begegnung gegeben und die Suga bis heute sorgfältig verwahrt hatte.

Natürlich freute er sich für die kleine Elfe, zumal Suga im Unterricht gelernt hatte, dass zwischen dem Reich der Feen und der Elfen eine gewisse Spannung herrschte.

Womöglich hatte Shiko ihren Kameraden nun offiziell bewiesen, dass allein die Liebe dazu fähig war, selbst die größten Feinde zu Freunden zu machen.

Im selben Moment erschien eine grünhäutige Kellnerin auf Rollschuhen an ihrem Tisch und lächelte die Drei wohlwollend an, zückte einen kleinen Notizblock.

"Was darf ich euch denn bringen, meine beiden Süßen?", fragte sie und klimperte mit ihren viel zu langen Wimpern, Suga und Jimin rutschten unruhig hin und her.

Mochi, der viel zu vertieft in sein Hühnerbein war, merkte den Flirtversuch gar nicht und fuhr fort, den bereits bis ins Mark abgekauten Knochen weiter zu bearbeiten.

Nach einem kurzen Blick auf die Speisekarte entschied sich Suga lediglich für eine Cola - "Eine Was?" während Jimin die Frittierte Wurmpastete mit Lachs bestellte - "Die Spezialität des Hauses, mein Junge!"

Dann wandte die junge Frau sich ab und düste hinter den Tresen, eifrig darüber rätselnd, was denn nun eine Cola sei.

Zur selben Zeit hatte Mochi sein Essen beendet und rülpste einmal kräftig, sodass alle im Lokal zusammen zuckten, sich jedoch gleich wieder ihren Tätigkeiten widmeten.

"Was für ein vorzügliches Mahl!", meinte er und tupfte sich den von dunkler Bratensoße verschmierten Mund ab, wartete, bis Suga und Jimin ebenfalls fertig waren.

"Ich könnte glatt noch so eine Keule verdrücken - und jetzt kommt, schließlich müssen wir immer noch diesen Wahrsager finden!"

Es dauerte nicht allzu lange, bis die Drei Tokus Laden gefunden hatten, der in einer etwas ruhigeren Ecke der Einkaufsstraße lag...wenn man das ruhig nennen konnte.

Ringsherum boten schreiende Händler Schutzamulette zur Abwehr von Dämonen oder Ähnlichem an, Kraftkugeln oder auch bereits gezähmte Besen, die Jimin mit extremen Misstrauen beäugte.

Als Suga fragte, was denn daran so schlimm sei, entgegnete er:

"Jeder Besen kann nur vom Besitzer selbst gezähmt werden, niemand anderes sollte diese Aufgabe übernehmen. Es ist eine jahrhundertealte Tradition und die muss uns Manyeos unbedingt erhalten bleiben...denk doch nur, was passieren könnte, wenn ein Gefährte falsches Vertrauen aufbaut und womöglich gequält wird - das möchte ich mir um keinen Preis für einen Besen wünschen!"

Suga schwieg und beobachtete, wie Jimin schnurstracks zu dem Stand mit den Besen ging und einige offenbar ziemlich aufgebrachte Worte mit dem Händler wechselte.

Kurz darauf packte der ältere Mann seine Sachen und verschwand in einer pinken Rauchsäule, die junge Hexe grinste.

Und wieder hatte Jimin eine gute Tat vollbracht, indem er das zeigte, was vielen Manyeos fehlte - Mitgefühl, Respekt und Einsatzbereitschaft.

Allein diese drei Eigenschaften und der gute Einfluss seiner Mutter waren der Grund, weshalb er es bis hierher geschafft hatte.

Und nichts auf der ganzen Welt würde ihn stoppen können, weiter Mitgefühl zu zeigen, für all jene, die unterdrückt und schief angesehen wurden.

Für Mochi.

Für Taehyung.

Für Suga.

Für alle, die er liebte und auch immer lieben würde.

















Witch Hunt - Die Prüfung ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt