67: Niederlagen und Trostpflaster

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Jede einzelne Faser von Jins Körper schien vor Entsetzen wie gelähmt.

Obwohl er wusste, dass das da unverkennbar Jimin war, jagte ihm allein sein Anblick einen eiskalten Schauer über den Rücken.

Er trug einen dunklen Anzug und einen breitkrempigen Hexenhut auf dem blonden Haarschopf, seine freigelegten Arme waren mit fast schwarzen Striemen überzogen.

Selbst seine Augen glänzten pechschwarz, war aus ihnen jeglicher Lebensfunke gewichen und hatte einer unsäglichen Wut Platz gemacht, die jede noch so willensstarke Manyeo an ihre Grenzen trieb.

Der Schwarze Schwan schien sich zumindest prächtig zu amüsieren...

"Raus aus Jimins Körper, du ekelhaftes Federvieh!", rief Jin mit zittriger Stimme, der Dämon auf seiner Schulter krächzte lachend.

Ach ja? Und warum sollte ich das tun?, ertönte die Stimme des blutrünstigen Raben in Jins Kopf, machte ihn ganz schläfrig.

Er ist der perfekte Wirt für mich, seit Jahren hatte ich keinen passenden mehr...und jetzt kommt so eine vielversprechende kleine Hexe, da konnte ich einfach nicht widerstehen...Park Jimin ist ohne mich ein verzweifelter Nichtsnutz, er kann froh sein, dass ich ihn gefunden habe -

"Jimin ist alles andere als ein Nichtsnutz!", brüllte Jin, starrte dem Dämon mit hasserfüllten Augen entgegen.

"Er ist nur deshalb so verzweifelt geworden, weil du ihm diese Albträume beschert hast...du liebst es, ihm weh zu tun und in ihm Zweifel zu säen, bis er Dinge tut, die er gar nicht möchte - kein Mensch sollte so leben müssen, wissend, dass sein eigener Wille langsam aber sicher in den Wahnsinn getrieben wird..."

Der Schwarze Schwan zischte:

Er hat mich darum gebeten, ihn zu besetzen. Park Jimin will Gerechtigkeit für seinen toten Mischlingsfreund und die soll er bekommen...wenn er Joon - Sha im Gegenzug den Knochengral besorgt, den du rein zufällig in deinem Besitz hast...na los, her mit dem Buch!

Jimin streckte die Hand aus und dichte Ranken wanden sich um seine Arme, schlossen sich um das Zauberbuch in Jins Hand.

Er war nun nichts mehr als eine Marionette, die von einem Dämon gesteuert und gelenkt wurde - ein Dämon, der ihn mit jeder Minute etwas mehr in den Tod trieb.

"Oh Nein, den bekommst du nicht!", knurrte Jin und flüsterte einen Spruch, der den Knochengral in einen undurchdringbaren Hexenring einsperrte.

Der Dämon schnaubte und hieb mit Jimins Ranken weiterhin auf das schwarzmagische Buch ein, doch die durchsichtige Seifenblase verfehlte ihre Wirkung nicht.

"Tja, da kannst du so viel toben, wie du willst...es nützt dir eh nichts!"

Jin lächelte gehässig, der Schwarze Schwan hatte jedoch einen neuen Plan, wie er doch an das Buch kommen und es seinem Gebieter aushändigen konnte.

Wild mit den Flügeln schlagend sauste der Rabe von Jimins Schulter und schlug seine ausgefahrenen Krallen in Jins ausgestreckten Arm, der schrie vor Schmerz auf.

Kaum hatte sich der Schwarze Schwan aus seinem Körper entfernt, übernahm Jimin selbst wieder die Kontrolle und blickte sich verwirrt um.

Jin kämpfte fieberhaft gegen die finstere Macht an, die nun seinen Willen zu zerstören drohte, griff nach einem herumliegenden Lampenschirm und zog ihn dem Dämon über den Schädel.

Ob Herrscher der Unterwelt oder nicht - er schien trotzdem immer noch sehr verwundbar.

Überrascht von der Wucht dieses Schlags löste sich der Schwarze Schwan von Jins Arm, stieß ein weiteres, niedergeschlagenes Krächzen aus und stob durch das offene Fenster hinaus in die Dunkelheit.

Jimin atmete erleichtert auf, fiel im selben Moment erschöpft zu Boden und direkt in Jins Arme.

Stunden später erwachte die junge Hexe, neben sich eine dampfende Tasse Tee und ein Teller mit Keksen, den Sugas Vater extra für ihn hergezaubert hatte.

Eine flauschige Decke war um Jimins stark unterkühlten Körper geschlungen und auf seiner Stirn glänzten immer noch einige Schweißperlen, ansonsten hatte der glücklicherweise kurzweilige Einfluss des Schwarzen Schwans keine bleibenden Spuren hinterlassen.

Die schwarzen Striemen auf seiner Haut waren ebenfalls verschwunden, glichen verblassten Narben.

Jimin nahm den Tee und trank einen großen Schluck, biss in einen Keks mit rosa Zuckerglasur.

Während er genüsslich kaute, kam Jin aus der Küche und setzte sich zu der jungen Hexe auf das Sofa.

"Wie fühlst du dich?", fragte er, wartete, bis Jimin zu Ende gegessen hatte.

Jimin schluckte, Tränen liefen ihm über die Wangen.

"Ich fühle mich schrecklich, Jin...", wisperte er, Sugas Vater zog ihn in eine Umarmung und hielt ihn so lange fest, bis er sich beruhigt hatte.

Nach einer ganzen Weile holte Jimin tief Luft und sagte:

"Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich meine Hexenprüfung verhauen habe - und jetzt liegt Taehyung im Sterben und das alles nur wegen Zuko...ich habe sie getötet, Jin - ich habe ihren Besen kaputt gemacht und sie ist in die Tiefe gestürzt...das war ich, Jin..."

Jimin spulte die Worte ab wie ein Wasserfall, war zu schockiert über die Dinge, zu denen ihn der Schwarze Schwan verleitet hatte.

Nur die wenigsten Manyeos konnten sich an die Dinge erinnern, die sie als willenlose Marionette getan hatten - und wenn sie es taten, waren sie oft zu Tode verängstigt.

Jin ergriff seine Hand und drückte sie fest, entgegnete:

"Du trägst keine Schuld an diesen Dingen, Jimin. Red dir das bitte nicht ein, je schwächer du gerade bist, desto mehr wird sich der Schwarze Schwan erneut an dich klammern können...ruh dich erstmal aus, dann sehen wir weiter!"

"Und ich glaube zu wissen, dass es Taehyung ganz gut geht..."

Er strich Jimin noch einmal über das weiche Haar, sprach einen Schlafzauber und die junge Hexe sank gemächlich in die Kissen.

Wenige Minuten später war Jimin ins Land der Träume unterwegs, lächelte beim Gedanken daran, dass sein Hyung wohlauf und in guten Händen war.

Wenn Taehyung dieses Dilemma überlebte, würde Jimin es ebenfalls überleben.

Witch Hunt - Die Prüfung ✔حيث تعيش القصص. اكتشف الآن