Kapitel 9

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Den restlichen Tag durfte ich frei herumlaufen. Das mir zwar immer und überall hin der Bursche folgte, ignorierte ich wissentlich.

Die meiste Zeit verbachte ich mit rumsitzen und auf das Meer schauen. Ich ließ meine Gedanken freien Lauf und versuchte mich so weit zu entspannen, wie es mir eben möglich war.

Der Wind peitschte mir um die Ohren. Er wirbelte meine Haare auf, sodass sie mir immer wieder ins Gesicht geflogen kamen. Auch meine neuen Klamotten konnten dem Wind nicht trotzen.

Irgendwann wurde mir so kalt, dass ich mich mit verschränkten Armen auf eine Treppe gesetzt habe. Meine Beine habe ich eng zu mir gezogen und das lange Gewand über meine Knie gezogen.

Ich bin so in Gedanken versunken und mit frieren beschäftigt das zusammenzucke als plötzlich etwas Weiches gegen meinen Kopf fliegt. Ich schrecke auf und schaue hinter mich.

Breit grinsend steht Jesper am Treppenabsatz und starrt zu mir runter. Noch halb auf mir, liegt schwarzer Stoff. Wütend funkle ich ihn an und hebe den schwarzen, schweren Stoff von mir. "Was soll das werden?" frage ich nach und verrenke mir den Kopf nur um ihn anzuschauen.

Jesper geht ein paar Schritte nach unten, bis er auf der gleichen Stufe verharrt wie ich es tue. Da er jetzt noch größer wirkt, muss ich den Kopf in den Nacken legen und mir eine Hand vor die Augen schirmen, um ihn zu erkennen.

"Das ist ein Mantel. Den solltest du tragen, außer du willst lieber erfrieren." Er zuckt mit den Schultern als sei es ihm gleichgültig. Skeptisch hebe ich den Mantel hoch und sehe ihn mir an. Er ist aus schwerem Leder und riecht leicht modrig. Aber es scheint dicker und guter Stoff zu sein.

Als ich immer noch nichts erwidere redet Jesper weiter. "Zieh ihn an oder lass es. Es ist mir egal. Obwohl..." Er macht eine kurze Pause. "Nein, zieh ich nicht an, dann hätte ich ein Problem weniger zu lösen."

Empört über seine Worte schaue ich mit offen Mund zu ihm auf. Doch er schaut mich gar nicht an. Jesper geht die letzten Stufen nach unten auf das Deck. "Wie kann man nur so ein..." Ich stocke. Fieberhaft überlege ich mir eine angemessene Beleidigung, doch mir will beim besten Willen nichts einfallen.

Jesper lacht spöttisch auf. Ich beiße meine Zähne fest zusammen, kralle meine Finger in den Stoff des Mantels und funkle ihn böse an. "Du bist so ein ungehobelter Halunke!" feuere ich ihm entgegen.

Jesper dreht sich langsam zu mir um und hat seine Lippen zusammengepresst, so als müsse er etwas unterdrücken. Ich werde feuerrot im Gesicht. Dann bricht es auf Jesper heraus und er fängt laut an zu lachen. "So verdammt höflich." murmelt er und geht weg.

Ich möchte ihm weiteren Beleidigungen hinterherrufen und ihn wüst beschimpfen, doch mir fallen keine ein, die ihm nicht zum Lachen bringen würden.

"Mistkerl. Arschkröte. Sohn der Hure."

Verwirrt schaue ich erneut hoch zum Treppenabsatz. An der Brüstung gelehnt steht Sebastian und grinst mich teuflisch an. "Bitte?" frage ich verständnislos und ein bisschen beschämt über die Worte, die ich meine verstanden zu haben.

"Beleidige ihn nicht als Halunke. Werde kreativer. Nenn eine schlechte Eigenschaft und setze sie vor eine richtige Beleidigung." Sebastian tritt zu mir runter und setz sich neben mich.

"Ich bin nicht sonderlich gut in einer solchen vulgären Sprache." gestehe ich ihm. "Das sieht man. Aber du kannst es lernen. Es ist manchmal sogar mehr als befreiend einen zu beleidigen." Seb zwinkert mir zu.

Schnaufend lehne ich mich an das Gelände und starre hinaus auf das Wasser. "Er ist..." Ich beiße die Zähne zusammen, kann die Worte nicht aussprechen. "Ja?" fragt Seb neckend nach. Ich schließe die Augen. "Er ist so ein arroganter Mistkerl!" fluche ich und werde gleichzeitig knallrot im Gesicht.

Kiss of RoseWhere stories live. Discover now