Kapitel 60

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Der erste Schlag lässt meinen ganzen Körper erzittern. Carl hält mit seinem Schwert fest gegen meins, während er mich verhöhnt anschaut.

"Ich kämpfe eigentlich nicht gegen Weiber, das ist verhältnismäßig ungerecht." spottet Carl und zieht mit einem Ruck sein Schwert weg, sodass ich nach vorne Stolpere und Carl mich an meinem Schwertarm streift.

Zischend richte ich mich auf und hebe das Schwer erneut in die Verteidigungspose. "Aber ich verspreche dir, dass ich deiner Schwester einen guten Ehemann sein werde, solange sie mir gehorcht. Wenn du das hier nicht überleben solltest" Carl holt erneut aus und ich weiche der Klinge nur knapp aus.

Meine Kräfte schwinden langsam, meine Ausdauer neigt sich dem Ende und ich spüre, wie mir die tiefe Wunde in meinem Arm zusetzt. Immer wieder werde ich von kleinem Schwindel heimgesucht und mir verschwimmt für eine Sekunde die Sicht.

Zwar sehe ich, dass auch Carl nicht mehr so viel Kraft hinter seinen Schlägen hat wie zu Anfang, aber er ist dennoch viel trainierter und stärker als ich. Mich treibt allein der Wille nach Freiheit an. Ihn der Spaß am Kämpfen und der verletzte Stolz.

"Luisa war schon immer eine die gehorcht hat, wenn es drauf ankam." murmelt Carl weiter und prescht vor. „Emma ist eine herrische Ziege, die nie gelernt hat still zu sein. Aber auch das kann man ihr lernen." Redet Carl weiter. "Scheiße!" fluche ich. Er hat mich schon wieder getroffen. Diesmal trifft er mich an den Bauch und zerreißt das Kleid. Mein ganzer Körper brennt und protestiert. Carl kämpft nicht auf den Tod hin, er macht sich lustig über mich. Zieht mich auf. Verhöhnt mich, indem er mich immer nur streift und mich so langsam zum Ende meiner Kräfte treibt.

"Bleib zurück! Das ist ihr Kampf." Höre ich wie durch dichten Nebel Hunters feste Stimme. "Aber..." "Nichts. Sie schafft das. Wir haben sie trainiert, Jesper. Vertraue deiner Frau."

Die Antwort von Jesper geht unter, weil ich mich erneut umdrehe und endlich einen Schlag gegen Carl lande. Er ist zwar nicht fest, aber er lässt Carl kurz zurückzucken. Die Worte von Hunter geben mir Mut. Wenn Hunter an mich glaubt, muss ich es auch. Ich kann das hier schaffen. Für mich aber auch für meine Schwestern und der Crew.

Ich brülle auf, nehme mein Schwert hoch und gehe in den aktiven Angriff über. Ich dränge Carl immer weiter zurück. Nutze meine Schnelligkeit, um immer wieder neu zuzustechen und anzugreifen. Ich bleibe nicht stehen. Dränge immer weiter. Ich ignoriere Carls höhnische Worte. Ich bin gefangen in einem Tunnel. Ich sehe nur das Ziel und sonst nichts.

Ich schwinge das Schwert, weichen Schlägen aus, kassiere Schläge, bleibe aber immer am Ball. Ich treffe Carl jetzt häufiger, sehe wie auch er mit den Folgen des Kampfes zu kämpfen hat.

"Miststück, ergib dich!" brüllt er mir entgegen, aber ich lächle ihn nur kalt an. Ich ducke mich unter dem fliegenden Schwert hinweg, wirble herum und trete ihm in die Beine. Carl strauchelt und sofort schlage ich ihm das Schwert aus der Hand und trete Carl zu Boden.

Mit dem Fuß kicke ich sein Schwert weg und stelle mich über hin.

So wie er auf dem Boden liegt. Auf dem Rücken gedreht sieht er fast bemitleidenswert aus. Nur wäre da nicht noch immer dieser verkniffene Gesichtsausdruck. Ich hebe mein Schwert und lege es ihm provokant an den Hals. So wie er es vorhin bei Jesper getan hat.

"Hast du noch was zu sagen?" frage ich mit keuchendem Atem. Carl legt den Kopf zurück und seine Augen fliegen von dem Schwert hinauf zu mir. Wie ich über ihn stehe. Mit zerrissenem und blutbeflecktem Hochzeitskleid und zerzausten Haaren. Ich halte das Schwert wie eine Kriegerin vor mich.

"Fahr zur Hölle!" knurrt Carl dann sagt er nichts mehr, sondern gurgelt nur noch. Das Schwert gleitet problemlos in seinen Hals hinein und erspart ihn so einen qualvollen Tod. Ich schaue dabei zu wie das Licht aus Carls Augen zerfließt und wie sein Körper Muskel für Muskel lockerlässt. Wie seine Brust aufhört sich zu bewegen und seine Augen starr werden.

Ich empfinde keine Befriedigung. Denn schließlich habe ich gerade einen Menschen getötet. Ich spüre keine Freude über seinen Tod, der durch meine Hand geschehen ist. Aber ich empfinde Erleichterung darüber das nun meine Familie und auch ich selbst das Leben, leben können ohne ihn.

Ich muss mich immer noch in meinem Tunnel befinden, denn ich bekomme nichts mit was um mich herum geschieht. Nur als sich plötzlich feste Arme von hinten um mich legen werde ich aus dem Tunnel gerissen und mit dem Licht kommen auch die Geräusche um mich herum wieder heraus.

"Du sahst aus wie eine Rachegöttin." murmelt Jesper und dreht mich zu sich herum. Seine Augen funkeln vor Stolz als er mich ansieht. Noch immer fühlt sich alles wie dichter Nebel an. Ich höre und sehe alles, was vor mir geschieht, aber ich kann es noch nicht greifen.

"Rosalie?" fragt Jesper besorgt und legt mir eine Hand an die Wange. Ich spüre seine wärme. "Hey alles gut?" besorgt wandern Jespers Augen über mein Gesicht. Ich kann nichts tun als ihn weiter anblinzeln. Dann senkt sich mein Blick und ich schaue auf meine blutverschmierten Hände. Das Blut an meinen Händen ist zu größter Wahrscheinlichkeit mein eignes. Trotzdem löst das Blut, das Schwert und der Geruch bei mir ein leicht panisches Gefühl aus.

"Ich nehme dir jetzt das Schwert ab." sagt Jesper, bevor er behutsam meine Finger von dem Griff löst und das Messer an jemand anderen weitergibt. Als ich es schließlich nicht mehr in der Hand halte hebe ich den Blick zu Jesper. "Ich...ich habe ihn umgebracht." stelle ich sachlich fest. Mein Gehirn kann das Ganze noch nicht richtig verstehen.

"Es war richtig so." redet er auf mich ein und sucht mit seinen blauen Augen die meine. Jesper öffnet erneut den Mund, um etwas zu sagen, aber er wird unterbrochen. "Ich will euch Turteltauben nicht unterbrechen, aber wir sollten uns jetzt wirklich auf den Weg machen. Wir haben hier eine ziemliche Sauerei hinterlassen." Seb nickt hinter uns, um uns die Sauerei zu seigen.

Ich will es gar nicht sehen. Jesper nickt. Er nimmt meine Hand und führt mich, ohne einen Blick zurückzuwerfen, zu den Booten.

Mit jedem Meter, den wir uns vom Ufer entfernen und mit jedem Meter den wir näher an das Schiff kommen beruhigt sich mein Herzschlag und ich atme zum ersten Mal einmal tief durch und drehe mich zu Jesper um.

Dieser sitzt angespannt neben mir. Hat den Blick auf mich gerichtet und mustert mich besorgt. Erst als ich ihn zaghaft anlächle entspannt er sich ein bisschen und erwidert das Lächeln kurz. Er drückt meine Hand, als Zeichen, das er für mich da ist. Ich drücke sie zurück und lehne mich gegen ihn.

Jesper küsst mich auf den Kopf und murmelt Worte in mein Haar. Da ich sie nicht verstehe drehe ich mein Ohr zu ihm hin. Jesper gluckst und senkt dann den Kopf erneut.

"Ich liebe dich." flüstert er und küsst mich auf die Schläfe. Wohlige Wärme breitet sich in mir aus.

Zufrieden lehne ich mich gegen ihn und schaue gerade aus. Vor uns erstreckt sich das weite Meer und das Schiff. Vorfreude auf das, was kommt erfüllt mich mit Zuversicht. 

Kiss of RoseTempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang