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Der Wecker klingelte und als Micha die Augen ein Stück öffnete sah er direkt in die grünen Augen von Maurice, die ihn fassungslos anstarrten. "Was ist denn jetzt wieder los?" "Der Wecker klingelt. Warum klingelt der Wecker? Ich fühle mich beraubt!"

Micha stöhnte. "Genau deswegen, ich hab keinen Bock auf Weihnachtslieder, die nerven mich!" "Nein!" "Doch." "Nein!" "Doch." "~Walking in a winter wonder land!~" "Ach halt die Klappe!" sagte Micha und ging mit Anziehsachen, die er sich gerade zusammengelesen hatte ins Bad.

"Was ist der Plan heute?" fragte Maurice, als er wieder zurück war um seine Sachen zu packen. "Ich habe keine Ahnung." dies war die Wahrheit. Er wusste nicht was er heute machen sollte. In die Schule gehen sicher, aber dann? Dann würde er den Tag wieder allein auf dem Bett verbringen, aber er hatte doch Freunde, warum kam er nie zu ihnen. Tief im Inneren wusste er, dass er lieber auf dem Bett lag und nichts tat, als etwas mit ihnen zu unternehmen.

Das war schon immer so. Seitdem sie befreundet waren. Tatsächlich hätte er sogar lieber Mira um sich herum, die ihn wegen dem Vortrag nervte, aber ihm würde wohl wieder der Mut fehlen sie anzusprechen und erst recht sich zu entschuldigen, für das was er gesagt hatte.

Also stand wohl wieder gar nichts auf dem Plan, was Maurice wohl auch merkte. "Ich würde dich dann ja im Zocken fertig machen, aber ich kann leider keinen Controller halten." meinte er mit entschuldigender Mine.

"Ich denke, ich gehe einfach mal wieder ne Runde joggen heute Nachmittag, jetzt erstmal muss ich zur Englischarbeit." "Hast du denn gelernt?" "Ach die würfelt sowieso." Maurice musste kurz lachen. "Alles klar, na dann."

Nichts passierte großartig an dem Tag. Seine Gruppe und er waren durch die Gänge gezogen, holten sich ihre tägliche Dosis Anerkennung ab und Englisch lief scheiße. Trotzdem war er zuversichtlich, dass er diesmal Würfelglück haben würde.

"Was hast du denn bis jetzt so in Englisch?" fragte Maurice belustigt. "Naja eher so 4... manchmal 5 und einmal, aber nur einmal eine 6." "Hm. Scheint, als hätte der Würfel einen Schwerpunkt." kicherte Maurice.

"Aber im ernst, hast du nicht Angst, dass du durchfliegst? Ich meine das ist dein Abschlussjahr." Micha zuckte mit den Schultern. "Ich hab doch sowieso keine Ahnung, was ich danach machen will." "Ein weiterer Grund sich alle Türen offen zu halten." Wieder nur ein Schulterzucken seinerseits.

"Wie auch immer, willst du mit joggen gehen?" fragte er Maurice. "Ich fliege neben dir her." sagte er nüchtern und ging mit ihm wieder aus dem Haus, in welches sie eben erst hineingelaufen waren, nur jetzt ohne Schulsachen und mit Turnschuhen.

Zwar war der Weg matschig, aber tatsächlich nicht so glatt, dass er hinfliegen könnte. Nach einer Weile lehnte er sich für eine kurze Pause an einen Gartenzaun und beobachtete die Menschen, wie sie da so wuselten.

Plötzlich aber erblickte er unter den Menschen zwei ihm bekannte Gesichter. Normalerweise hätte er schnell weg und in eine andere Richtung geguckt, doch irgendwie musste er mit dem Blick auf ihnen bleiben.

Ihm fiel auf, dass es seit Jahren die erste Weihnachtszeit war, die sie nicht jeden Tag zusammen verbrachten. In den letzten Jahren um diese Zeit waren sie auf Weihnachtsmärkten, waren in der Innenstadt und haben aus Spaß alberne Weihnachtspullis angezogen, haben immer mitgegrölt wenn Last Christmas irgendwo kam und sind mit Weihnachtsmützen in die Schule gegangen.

Und was tat er jetzt? Jeden Tag in seinem Bett verbringen. Manuel schaute gerade in seine Richtung und erblickte ihn. Kurz hielten sie Blickkontakt und Manu musste leicht lächeln und schließlich etwas kichern, was er zwar nicht hörte von der anderen Straßenseite aus, aber sah.

Auch Michael hatte unwillentlich ein bisschen schmunzeln müssen, was aber sofort wieder weg war, als Patrick zu ihm sah, dessen Gesicht nicht halb so nett war wie Manuels. Schnell stoß er sich wieder ab vom Zaun und rannte seine Runde weiter, bis er schließlich wieder zu Hase angekommen war.

"Du vermisst sie hab ich recht?" fragte Maurice. "Wen?" "Na Manu und Pat!" Er schnaubte. "Nein auf gar keinen Fall!" "Oh komm schon, so wie du sie angesehen hast." Er antwortete nicht, sondern machte sich lieber daran Wechselsachen aus dem Schrank zu holen.

"Hat es heute wieder was mit ihnen zu tun? Ich hab langsam alles zu dem Thema kapiert." fragte er schließlich doch. "Nein das glaub ich nicht." meinte Maurice noch, da wurde es ruckartig schwarz. Wütend schnaubte er aus. Nicht mal nach dem Sport konnte er in Ruhe Pause machen.

Er fand sich in einem Raum wieder, welchen er in und auswendig kannte. Es handelte sich um Patricks altes Zimmer. Auf dem orangen Kürbisteppich saßen drei Jungs, darunter er. An diese Nachmittage nach der Grundschule konnte er sich noch genau erinnern.

Doch das Bild änderte sich langsam, sie wurde größer. Am Anfang noch auf dem Teppich, dann auf dem Bett, schließlich mit 13 auf Patricks Couch vor der Playstation. So vergingen auch die restlichen Jahre die ihnen zu dritt geblieben waren, entweder vor der Konsole, im Garten oder am aus Scheiß irgendeinen Mist machen.

Wenn sie lachten taten sie es zusammen und wenn nicht, dann gab es auch Momente in denen sie zusammen Trübsal bliesen. Dann schließlich das neunte Schuljahr, Micha war sechzehn, die andeeren beiden fünfzehn gewesen.

Wütend verließ er den Raum und kam nicht wieder und die beiden waren nur noch zu zweit, das war ein Jahr her und seitdem hatte er dieses Zimmer nie mehr betreten.

Was zur Hölle sollte das alles. Er dachte, das Thema wäre abgeschlossen, er hatte es ja verstanden. Viellicht hatte er viele Fehler in der Vergangenheit begangen, aber sie waren nunmal nicht rückgängig zu machen.

Alles hatte er schon gehört, er wollte, dass die ständigen Vorwürfe aufhörten. Vielleicht war er zu wenig tolerant, vielleicht hatte Manu ja Toleranz verdient, vielleicht war er nicht mutig genug gewesen, diese Freundschaft weiter zu führen und vielleicht stellte er sein Ansehen, über das was er wirklich wollte, er hatte ja kapiert.

Was sollte es also heute noch sein, was hatte er denn bitte noch nicht kapiert?

'Verbundenheit'

stand auf der Tür, welche er soeben geöffnet hatte um direkt auf die andere Seite zu gucken. Nicht nur das Wort auf der Tür war neu, so wie eigentlich immer, sondern auch den Gang hatte sich wieder verändert.

Bisher war die einzige Lichtquelle in dem langen Raum immer die Lichtspalte, welche unter den Türen durchkamen gewesen, was den ganzen Flur recht dunkel machte. Jetzt waren Deckenlampen angebracht.

Wie von selbst wurde er wieder in den Wirbel von gezogen, der ihn zurück ins hier und jetzt bringen sollte, ohne den Blick dabei von dem Wort abzulassen, Verbundenheit war es also.

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So da bin ich, ich weiß nicht was ich sonst noch sagen soll, außer, dass Türchen 8 jetzt gleich im Anschluss kommt, viel Spaß damit!

So jetzt seid ihr mich erstmal wieder los, einen wunderschönen Tag euch allen!

Elli

1150 Wörter

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