Part 65

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Um kurz nach 10 wecken mich laute Stimmen.
Verwirrt schaue ich in meinem Zimmer umher.
Niemand zu sehen.
Das hört sich an als wenn die Jungs unten im Wohnzimmer lauthals diskutieren.
Somit mach ich mich neugierig auf den Weg in den Flur und spickel vorsichtig die Treppe runter.

Alex, Phil, Tom und Stephan stehen im Wohnzimmer und diskutieren aufgeregt.
Von irgendwoher kommt noch eine Stimme.
Nach genauerem hinhören, erkenne ich die Stimme meines Vaters und verstehe, das er wohl über den Lautsprecher des Handys mit den Jungs spricht.
Alex ist total aufgewühlt:
"Martin, jetzt versteh doch mal deine Tochter! Du kannst doch nicht mit einer Dampfwalze über sie drüberrollen!"
"Das geht voll nach hinten los, wenn du das tust!" wirft Tom jetzt ein.
"Du musst ihr Zeit geben! Es war in letzter Zeit eh schon alles schwer genug... Du setzt dem Ganzen noch die Kirsche auf, wenn du das durchziehst!" motzt jetzt Stephan.
Mein Vater hält dagegen:
"Sie ist 14 Jahre alt und muss auch verstehen, dass das Leben nicht immer nur Sonnenschein ist und sich nicht alles um sie dreht. Es gibt auch noch anderes im Leben!"
"Das ist jetzt nicht dein Ernst!" Phil wird langsam lauter.

Um was geht es denn da? 
Was hat der Verräter wieder vor?

"Lauschen wir etwa?" Oli erschreckt mich zu Tode, als er aus seinem Zimmer kommt.
"Ich? Nie im Leben! Wollte gerade runter, kommst du mit?" hoffnungsvoll schaue ich ihn an.
"Was ist los?" er sieht mir bestimmt meine Anspannung an.
"Weis nicht!" meine Stimme wird zittrig.

Als ich mit Oli zusammen die Treppe runtergelaufen komme, verstummen alle und schauen mich an.
Nur mein Vater nicht, der kann ja nichts sehen:
"Könnt ihr sie jetzt bitte mal ans Telefon holen?" brummt er genervt.

Meinen Pulsschlag kann ich im ganzen Körper fühlen und mein Gesicht wird heiß.
Ich schaue jedem Einzelnen ins Gesicht und weiß, das da nichts gutes kommen kann.
"Sie ist gerade runtergekommen!" seufzt Alex und läuft im Raum herum.
"Zoey? Bist du da?" will Dad wissen.
Er hört sich etwas gestresst an, aber er gibt sich Mühe, sich zu beherrschen.
"Ja" mehr bekomme ich nicht raus.
"Hör mal, es tut mir leid. Ich wollte dich das letzte Mal nicht so anschreien. Naja, auf jedenfall will ich dir etwas mitteilen: Ich komme schon nächste Woche Freitag zurück"
Ich ziehe fragend meine Augenbrauen nach oben.
"Ich werde noch Jemanden mitbringen......Zoey, bist du noch da?"
Alle starren mich an.
Ich spüre auch Olis Blick, der immer noch hinter mir steht.
"Ja" murmel ich.
"Normal sagt man sowas nicht am Telefon, aber ich habe gedacht, du kannst dich vielleicht besser mit dem Gedanken anfreunden, wenn du es jetzt schon weist....
Herrgott sag doch mal was!"
"Ich höre dir zu" was soll man da mehr sagen.
"Okay gut, also ich hab da eine Frau kennengelernt. Schon vor ein paar Monaten.."

Tieeeeef durchatmen!
Ganz ruhig bleiben!
Es hat dich nicht zu interessieren, ab nächster Woche bist du weg..... nicht heulen!

"Okay"
"Ich habe mit ihr gesprochen und wir möchten, das du sie kennenlernst. Sie wird am Freitag mitkommen."
Ich starre auf das Handy und muss mich wirklich stark beherrschen nicht auszurasten.
Mein Gesicht hat schon Farbe angenommen, das kann ich spüren!
Meine Atmung habe ich noch gut unter Kontrolle, aber mein Körper wird langsam zittrig.
"ZOEY, sag doch mal was." er wird langsam zornig.
"Okay!" wenn ich mehr sage, bemerkt er meine brüchige Stimme.
"Ach Zoey, jetzt sei doch nicht so. Wenn es klappt, kann sie doch bei uns einziehen und dann wäre sie wie eine Mutter immer für dich da"

Jetzt muss ich ganz schwer Schlucken und schließe kurz meine Augen.
Oli legt eine Hand auf meinen Rücken, aber ich schüttle sie sofort wieder ab.

Keine Nähe, nicht jetzt!

"Ich habe keine Mutter und so wird das auch bleiben" das ist mein erster und einzigster Satz!
"Jetzt sei doch nicht so. Deine Mutter ist schon seit 14 Jahren tot und wir brauchen mal wieder frischen Wind in der Bude" seine freudige Stimme lässt mich fast kotzen.
"Hahahhahha, ja klar. Wars das? Ich hab zu tun. Muss lernen. Bis Freitag!"

Ich laufe ins Badezimmer und schmeiß mir kaltes Wasser ins Gesicht.

Hat der eigentlich noch alle Tassen im Schrank?
Hiiiieeeerrr deine neue Mutter. Scheiß auf deine Gefühle, Hauptsache ich hab Spaß in meinem Leben, mein Kind.

Meine Gesichtsfarbe normalisiert sich langsam wieder und ich versuche mich so normal wie möglich zu verhalten, obwohl ich explodieren könnte.
Nachdem ich dreimal tief durchgeatmet habe, laufe ich in die Küche und schnapp mir einen Apfel.
Mit diesem laufe ich durch das Wohnzimmer und werde regelrecht angestarrt.
"Is was?" frage ich in die Runde, bekomme aber keine Antwort. Sind wohl alle schockiert.

Oben, in meinem Zimmer, esse ich meinen Apfel und checke mein Handy.
Eine Nachricht von Sam:

Sam: >>Niemals bist du mir was schuldig! Für dich immer gerne :) <<

Wie süß er ist.
Bald musst du dir auch keinen Stress mehr machen!
Dann habt ihr es alle einfacher!

Ungewollt laufen mir jetzt doch ein paar Tränen über mein Gesicht, die ich sofort wegwische.
Ich schreibe noch kurz Leo eine Nachricht:

>>Hey, alles klar? Was treibst du?<<

Danach stöbere ich die Fahrpläne durch, da ich ja jetzt schon früher los muss.

"Zoey, kannst du kurz kommen?" ruft mir Alex vor der Türe zu.
"Komme sofort" gebe ich Rückmeldung und verstaue mein Handy.
Unten angekommen, fühle ich mich wieder wie im Zoo.
"Was gibt's Alex?"
"Wir sollten dich mal wiegen..." er ist ziemlich vorsichtig.
"Ja okay" sofort mach ich mich auf den Weg ins Bad.
Alex kommt auch rein und eröffnet mir, das ich mich in Unterwäsche wiegen muss.
Normal habe ich damit kein Problem, aber normal hab ich auch keinen Monster-Knutschfleck an meinem Bauch.
"Kann ich das nicht alleine machen?" frage ich vorsichtig.
"Braucht dir doch nicht peinlich sein!" will mich Alex beruhigen.
"Ne, ja...hmmm"
Langsam ziehe ich meinen Schlafanzug aus und versuche so gut wie Möglich meine Hand vor den Knutschfleck zu halten.
Alex konzentriert sich zum Glück auf die Waage und er ist stolz, das ich ein halbes Kilo zugenommen hab.
Nachdem er das Ergebnis notiert hat, lobt er mich, während ich mein Schlafanzug Oberteil anziehe.
"Zoey, das ist super! Mach we....."
Er stockt mitten im Satz.
Meine Arme sind durch das Oberteil durch und als mein Kopf ebenso durch ist, kann ich an seinem Blick erkennen, warum er stockt.
Ob er jetzt schockiert ist, weiß ich nicht.
Er hat gefühlt tausend Gesichtszüge in einem.
Leicht vor sich hingrinsend spricht er weiter:
"Mach weiter so! Da sind wir auf einem guten Weg!"
Als ich meine Hose auch anhab, verschwinde ich wie Roadrunner in meinem Zimmer.

Na Klasse! Danke Leo.... Hahahahaha sein Blick war schon geil.... aber jetzt kann ich mir bestimmt wieder was anhören...

Leben verbocken für Fortgeschrittene  (ASDS)Where stories live. Discover now