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11 - Blöder Batman

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Heute kommt mir kein Golfcart auf dem gekiesten Weg entgegen, als ich mit der Ledermappe unter dem Arm durch die vielmehr Parkanlage als simple Zufahrt gehe.

Meine Vermutung vom letzten Mal als ich hier war, dass sich das eigentliche Haus hinter den Bäumen befindet, bestätigt sich. Allerdings ist es etwa doppelt so groß wie in meiner Vorstellung und ich revidiere meine Idee, in London gelandet zu sein.

Das ist das fucking Schloss von Versailles!

Okay, ich habe keine Ahnung, wie das Schloss von Versailles aussieht, aber das da könnte es sein. Auf jeder Seite neben der Haustür des imposanten Gebäudes zähle ich sechs Fenster, darüber befindet noch einmal eine Etage in derselben Größe, die Etage darüber ist etwas schmaler.

Natürlich führt eine riesige, weiße Treppe zu dem riesigen, weißen Haus und ich blicke kurz an mir herab.

Hm, Jeans und ein verwaschenes Shirt sind wohl nicht ganz der Dresscode für eine Audienz. Andererseits habe ich auch nicht vor, lange zu bleiben.

Ich nehme immer zwei Stufen auf einmal, als ich die Treppen nach oben laufe und gerade, als ich den goldenen Türklopfer – natürlich gibt es hier sowas – greifen will, öffnet sich die Tür bereits und der alte Mann, der mir beim letzten Mal im Golfcart entgegenkam, steht mir gegenüber.

„Mr. Gut", begrüßt er mich mit einem milden Lächeln und ich brauche eine Sekunde, bis ich seinen Witz verstanden habe.

Okay, der Typ ist irgendwie cool.

„Alfred", entgegne ich so lässig wie möglich und seine Augenbrauen heben sich einen Millimeter, während ich durch die Tür trete, die er mir aufhält.

„Wir wurden einander zwar noch nicht offiziell vorgestellt, aber es freut mich, dass Sie meinen Namen bereits kennen", erwidert er höflich und schließt die Tür. „Wobei mich die meisten Menschen doch mit Mr. Wellington ansprechen."

Nun glotze ich ihn doch etwas perplex an und seine Augen funkeln amüsiert, obwohl sein Gesicht keine Miene verzieht.

„Welche Ehre beschafft uns Ihr Besuch, Mr. Jones?", erkundigt sich der alte Mann und mir fällt die Ledermappe in meiner Hand wieder ein.

„Ich denke, ich habe etwas, das Ihnen ... oder vielmehr Ihrem Boss gehört", sage ich und halte ihm die Mappe entgegen.

„Ist damit etwas nicht in Ordnung, Mr. Jones?" Er macht keinerlei Anstalten, die Mappe von mir entgegenzunehmen.

„Nein, er ist tadellos. Allerdings verstehe ich nicht, was ich damit soll."

„Nun, ich würde vorschlagen, Sie fahren damit."

„Dann würde ich Mr. de Koning, jr. gern persönlich fragen, was nicht mit ihm stimmt", versuche ich seinen unterkühlten Ton zu imitieren.

„Mr. de Koning, jr. ist aktuell nicht zu sprechen, Sir."

Hat der mich gerade auch gesirt? Und haben die hier wohl eine Abkürzung für den absurd langen Namen vom Boss?

„Ist er gerade mit dem Batmobil unterwegs, oder was?", murmle ich mehr zu mir selbst. „Dann richten Sie ihm aus, dass er sein Auto behalten kann."

„Nun, er hat mich lediglich angewiesen, das Fahrzeug zustellen zu lassen."

„Dann stelle ich es hiermit wieder zurück", entgegne ich und halte ihm die Mappe noch näher hin, was ihn dennoch nicht einmal mit der Wimper zucken lässt.

„Das ist leider nicht möglich, Mr. Jones", gibt der Mann im Anzug höflich zurück.

„Und wie möglich das ist", knurre ich und blicke mich um. Neben der Haustür, unter Fenster Nummer eins steht ein kleiner Tisch und darauf lege ich die Mappe einfach ab.

„Mr. Jones", will mich der Butler, oder was auch immer seine Aufgabe hier ist, zurückhalten, doch ich habe die Haustür bereits geöffnet und trete wieder nach draußen.

„Mr. de Koning, jr. wird das nicht gutheißen", lässt er mich wissen und wie bei unserer letzten Begegnung winke ich ab.

Ist mir herzlich egal, was Batman gutheißt und was nicht.

„Machen Sie es gut, Alfred", rufe ich ihm zu und jogge die gigantische Einfahrt hinunter.

Vor dem Tor blicke ich noch einmal kurz das von mir dort geparkte schwarze Fahrzeug an, ehe ich die Straße entlang der Mauer gehe und mich auf die Suche nach einer Bushaltestelle mache.

Das wird ein langer Heimweg.

•••

Eine Stunde später stehe ich wieder vor meinem stinkenden Polo und öffne die Fahrertür, um zu prüfen, ob der Kaffee und das Waschpulver schon etwas gebracht haben.

Nope. Nun begrüßt mich ein aromatisches Gemisch aus Kotze, Whiskey, Kaffee und Persil.

Verdammte Scheiße!

Mein Handy vibriert in meiner Tasche und ich ziehe es hervor.

„Was gibt's, Matt?", beantworte ich den Anruf.

„Kannst du früher kommen?", verlangt er. „Teammeeting."

„Teammeeting?", frage ich verwundert.

Seit wann macht Matt Teammeetings?

„Yup", ist die Antwort.

„Äh ... kannst du mich abholen? Mein Auto stinkt schlimmer als die Sofas in der Lounge nach dem Junggesellenabschied von gestern."

„Was ist aus der Innenreinigung geworden?", erkundigt sich mein Boss.

„Können wir das später besprechen, Matt?", pampe ich. „Wenn nicht, ist das okay. Dann nehme ich den Bus, damit ich rechtzeitig bei deinem ominösen Teammeeting bin."

„Beruhige dich", mault er. „Ich bin in zwanzig Minuten da."

Augenrollend beende ich das Telefonat und schließe mein stinkendes Auto ab.

Blöder Batman.

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