40. Kimi Räikkönen x Mick Schumacher

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A/N: kleiner Disclaimer im Vorfeld - ich habe keine Ahnung, wie es derzeit um Michael Schumacher wirklich steht und ob es Sinn ergibt, was ich geschrieben habe bzw. ob es tatsächlich so passiert ist. Dies habe ich im Sinne der Handlung angepasst und von meiner Autorenfreiheit Gebrauch gemacht.

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Heute war wieder einer dieser Tage. Einer der Tage, an denen er sich lustlos und erschöpft fühlte. Eine Leere durchzog seinen Körper, wie er sie bereits aus der Vergangenheit kannte. Seit diesem einen verhängnisvollen Tag, welcher sein und das gesamte Leben seiner Familie grundlegend verändern sollte. Mick lag im Bett, er hatte noch nicht die Kraft gefunden um aufzustehen. Dieses hatte er dennoch für eine Weile verlassen müssen um seinen körperlichen Bedürfnissen nachzugehen. Nachdem er sich erleichtert hatte, krabbelte er zurück unter die warme Bettdecke und vergrub seinen Kopf in dem Kopfkissen.

„Papa.", rief sein jüngeres Ich und lief auf ihn zu, doch sein Papa bewegte sich nicht. Er blieb regungslos im Schnee liegen, der Kopf lag noch immer auf dem Felsen und nahm nichts mehr um sich herum war. „Mick, komm von Papa weg. Komm zu Mama.", wies Corinna ihn an und zog ihn beiseite, damit die Rettungskräfte seinem Vater helfen konnten. Er klammerte sich an seine Mutter, vergrub seinen Kopf in ihrer Schulter und weinte ununterbrochen. „Mama, was ist mit Papa?", fragte er nach, als er sah, wie sein Vater weggetragen wurde, nachdem man ihn weitestgehend stabilisiert hatte. Corinna beugte sich zu ihrem Sohn hinunter, Mick konnte die Tränen und die panische Angst in ihren Augen, doch sie versuchte stark zu bleiben. „Papa hat sich ganz doll verletzt und braucht jetzt Hilfe.", erklärte sie und sprach, als wäre er noch ein Kleinkind. Doch das war ihm egal, er machte sich zu große Sorgen um seinen Vater als sich darüber aufzuregen.

Drei Tage ließ man ihn nicht zu seinem Vater, bis Corinna den Ärzten erklärte, dass es in Ordnung sei. Mick war zu seinem Vater gelaufen, welcher noch immer so regungslos wie auf der Ski-Strecke in dem Krankenhausbett lag und keine Anzeichen gab, dass er Mick's Anwesenheit spürte. Dieser griff nach der Hand seines Vaters, welche nicht mehr diese vertraute Wärme ausstrahlte. Sie war eiskalt und aus dem Reflex heraus hätte er sie fast wieder losgelassen, doch diesen unterdrückte er gekonnt. Es war ihm egal, dass der Körper seines Vater eine Kälte ausstrahlte, Mick wollte einfach nur wissen, dass sein Vater noch immer bei ihm war. Er wollte dessen Nähe spüren und für ihn da sein. Die gesamte Besuchszeit über löste er sich nicht von der Seite seines Vaters, er wollte da sein. Ein irrationaler, kleiner Teil von ihm hoffte, dass sein Vater erwachen würde, weil er da war.

„Wir können Ihnen nicht garantieren, dass Ihr Mann aus seinem Koma erwacht, Frau Schumacher. Bei seinem Sturz hat er sich ernsthafte Verletzungen zugezogen, die seinen Gesundheitszustand als kritisch einstufen. Wir können noch nicht sagen, welche Auswirkungen sie haben werden und wie sich der Zustand Ihres Mannes in den kommenden Wochen und Monaten verändern wird.", belauschte Mick heimlich das Gespräch zwischen dem Arzt und seiner Mutter. „Unter Umständen müssen wir erst einmal vom schlimmsten Fall ausgehen, was bedeuten würde, dass die Verletzungen zu verheerend waren und er an ihnen versterben wird. Wir werden unser Bestes geben, damit dieser Fall nicht eintreten wird, dennoch können wir für nichts garantieren. Die nächste Zeit werden wir ihn weiter auf der Intensivstation rund um die Uhr beobachten und auf Regungen seinerseits achten, welche uns Aufschluss darüber geben werden, von welcher Tendenz wir ausgehen müssen. Sollte sich sein Zustand als stabil herausstellen, kann man darüber nachdenken Ihren Mann in ein anderes Krankenhaus zu verlegen, welches für Sie leichter zu erreichen ist."

Mick hatte sich die Hand vor den Mund gepresst und war auf die Besuchertoilette verschwunden, wo er sich in eine der Kabinen eingeschlossen und hemmungslos geweint hatte. Seine Mutter sollte auf keinen Fall erfahren, dass er dieses Gespräch mitgehört hatte. Die Sorge um seinen geliebten Vater war zu groß gewesen, als das er sich mit den Ausflüchten seiner Mutter zufrieden geben könnte. Als keine weiteren Tränen mehr folgten, verließ er die Toilette und ging zurück in das Zimmer seines Vaters. Er war alleine mit ihm, seine Mutter unterhielt sich vermutlich noch immer mit dem Arzt. Seine Schwester war einmal hier gewesen, doch konnte diesen Anblick nicht weiter ertragen und mied seitdem das Krankenhaus so gut es nur ging. „Bitte, Papa. Bitte wach auf. Ich kann nicht ohne dich, ich brauche dich an meiner Seite. Wer soll mit mir zu den Rennen gehen und mit wem kann ich mich darüber unterhalten? Papa, ich brauche dich bei mir. Komm bitte zurück zu mir.", flüsterte er in die geballte Hand seines Vaters, welche er mit seinen umschlossenen hatte und weinte erneut.

Ein Klopfen an der Tür holte ihn zurück in die Realität, holte ihn aus seinen dunklen Erinnerungen zurück. Er schaffte es irgendwie aufzustehen und zog sich etwas über, bevor er die Tür öffnete. Vor dieser stand Kimi und musterte ihn regungslos. Zu gut wusste Mick, dass der Finne wenig Reaktion auf etwas zeigte, was jedoch nicht bedeutete, dass er keine Emotionen hatte. Abseits der Medien und dem Rummel war der Alfa Romeo Pilot ein unglaublich sanfter, liebevoller und umsorgender Mensch. Seitdem er dem Rennsport beigetreten war, war Kimi an seiner Seite und unterstützte ihn, wo es nur ging. Seb war ein Mentor für ihn, ein vertrauter und enger Freund seines Vaters, den er unglaublich schätzte und für ihn mehr als nur dankbar war. Mick wusste, dass er sich zu jeder Zeit auf Seb verlassen konnte, ebenso wie auf Kimi, welcher ebenfalls gegen seinen Vater gefahren ist.

Stumm schob der Finne ihn zurück in sein Zimmer und schloss die Tür hinter ihnen. Mick setzte sich auf das Bett und kroch wieder unter die Bettdecke, während Kimi sich an die Seite setzte und ihn fast väterlich anschaute, seine Hand über seinen Kopf strich. „Was ist los, Kleiner. So kenne ich dich ja gar nicht.", fragte Kimi ihn, dabei sprach er ungewohnt sanft und klar. „Ich vermisse ihn.", flüsterte er und versuchte gegen seine Tränen anzukämpfen, doch waren sie stärker als er. So brach er in Tränen aus und wurde schon im nächsten Moment an die Brust des Finnen gezogen, welcher ihm stillen Trost spendete. Kimi sagte kein Wort, wofür er ihm wahnsinnig dankbar war und hielt ihn einfach fest, ließ ihn weinen und war da.

„Wen vermisst du?", fragte der Finne, nachdem seine Tränen gestoppt waren und Stille eingekehrt war. Mick seufzte und wischte sich die restlichen Tränen aus dem Gesicht. „Papa.", flüsterte er. Kimi nahm ihn ein weiteres Mal in die Arme und schloss diese fest um ihn. „Ich weiß das er noch da ist, aber eben nicht so wie andere Väter. Er kann mich nicht zu meinen Rennen begleiten, kann mir nicht helfen und mich nicht einfach in den Arm nehmen, wenn das Rennen wieder einmal doof war. Ich kann überhaupt von Glück reden, dass Papa verstanden hat, dass ich in seine Fußstapfen getreten bin und jetzt auch Formel eins fahre.", redete er sich seinen Kummer von der Seele und wusste genau, dass der Alfa Romeo-Pilot ihn verstand. „Ich wünsche mir so sehr, dass der Unfall damals nicht passiert wäre und wir ganz normal hätten weiterleben können."

„Ich weiß, dass es schmerzhaft ist. Aber so ist nun einmal das Leben, es läuft nicht immer alles so wie man es sich wünscht oder erhofft. Michael ist stark und ich weiß, dass er alles dafür geben wird damit es ihm besser geht und er dir vielleicht eines Tages Ratschläge geben kann. Es wird weh tun, so richtig weh tun und eines Tages vergeht dieser Schmerz.", erwiederte Kimi und machte ihm damit neue Hoffnung. „Bitte mach mir keine Hoffnung, Kimi. Dort wo Hoffnung ist, ist die Enttäuschung nicht weit weg.", sagte Mick, wobei seine Stimme vollkommen matt klang. In diesem Moment hatte seine Erscheinung nichts mit dem Mann zu tun, der er normalerweise war. „Ich kann nicht mehr schlafen, Kimi. Ich kann nicht schlafen weil ich noch immer Papa's Unfall sehe. Es gibt Tage, da tut es nicht so doll weh und ich kann ganz normal weiterleben. Aber es gibt aber auch solche Tage wie heute, wo ich nicht einmal die Kraft finde aufzustehen, weil die Trauer mir die letzte Kraft raubt.", beichtete er dem Finnen, was unglaublich befreiend war.

„Ich bin mir ganz sicher, dass es eines Tages besser wird, Kleiner.", rutschte Kimi ein Kosename erneut heraus, welchen er normalerweise nie verwendete, erst recht nicht für Mick. „Es fühlt sich jetzt so an, als würde alles den Bach runter gehen, aber es wird auch wieder bergauf gehen. Das Leben macht dich jetzt stark, danach wird es dich glücklich machen.", sagte der Finne weiter, die Worte wirkten wie Balsam auf seiner gebrochenen Seele. „Und jetzt solltest du versuchen zu schlafen, damit du morgen nicht das Auto gegen die Wand fährst.", murmelte Kimi, doch Mick war schon fast eingeschlafen. Ein schmales Lächeln zierte seine Lippen, während er aufstand und den Deutschen schlafen ließ. So leise wie nur möglich verließ er das Zimmer und fühlte sich gut. Er fühlte sich gut, weil er helfen konnte und man ihm vertraut hatte. Die Fassade des "Ice-Man" entsprach nunmal nicht seinem Inneren.

Ende

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